megaupload, kim dotcom
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Megaupload: Mathias Ortmann & Bram van der Kolk verurteilt

Die beiden Mitgründer und Mitbetreiber von Megaupload, Mathias Ortmann und Bram van der Kolk, wurden heute zu Haftstrafen verurteilt.

Mathias Ortmann und Bram van der Kolk haben vor fast einem Jahr in der Causa Megaupload die Beteiligung an einer organisierten kriminellen Vereinigung, die Verursachung eines Schadens durch Täuschung und die unredliche Beschaffung von Dokumenten gestanden.

Sie taten dies, um ihre Auslieferung in die USA abzuwenden. Der bekannteste Kopf der Vereinigung, Kim Dotcom, hat in der Vergangenheit kein Geständnis abgelegt.

Die beiden Mitbetreiber hatten sich ein Jahrzehnt lang gegen ihre Auslieferung an die USA gewehrt, doch mit ihrem Schuldeingeständnis war dies vom Tisch. Richterin Sally Fitzgerald sprach am heutigen Donnerstag vor dem High Court in Auckland ihr Urteil. Abschließend verurteilte Fitzgerald Ortmann zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft, während van der Kolk zwei Jahre und sechs Monate im Gefängnis verbringen wird.

Schuldeingeständnis führte zu Strafmilderungen

Die Richterin gewährte den Angeklagten Strafmilderungen u.a. für das frühe Schuldeingeständnis, die Reue und das Einverständnis der beiden, 10 Millionen Dollar auf Überseekonten als Wiedergutmachung zu hinterlegen. Richterin Fitzgerald sagte, viele der Opfer seien wohlhabende multinationale Film- und Musikunternehmen gewesen.

Es habe aber auch noch andere Auswirkungen der Tätigkeit des Sharehosters Megaupload gegeben. Als Beispiel nannte man eine kleine Softwarefirma aus Timaru auf der Südinsel Neuseelands. Der Geschäftsführer des Unternehmens musste einen zweiten Job annehmen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, da seine Verkäufe aufgrund der Verfügbarkeit seiner Software auf Megaupload zurückgingen. Die Löschaufforderungen des Unternehmers blieben ohne dauerhaften Erfolg.

„Megaupload stellt jeden anderen Betrugsfall in der Geschichte Neuseelands in den Schatten.“

Staatsanwalt David Boldt gab zu Protokoll, der Fall stelle jeden anderen Betrugsfall in der Geschichte Neuseelands in den Schatten. Den Namen von Kim Schmitz aka Kim Dotcom nahm er vor Gericht nicht in den Mund. Dennoch sagte Boldt, dass die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von 16 Jahren gefordert hätte, wenn der „Kopf“ der Organisation vor Gericht gestanden hätte.

Laut Gerichtsdokumenten, die dem News-Portal Stuff vorliegen, wussten die beiden Verurteilten, dass Dotcoms Megaupload Millionen damit verdiente, dass Nutzer Filme, Musik, Software und Pornografie auf die Server des Sharehosters hochluden, um sie mit möglichst vielen Dritten zu teilten.

Während sie nach außen hin vorgaben, das Urheberrecht durchzusetzen, indem sie Links zu Filmen und Musik entfernten, ließen sie die Dateien auf den Servern und boten Wiederholungstätern sogar Anreize, ihre Straftaten fortzusetzen.

Sharehoster hat riesige Schäden verursacht

Staatsanwalt Boldt sagte, die Summer der so erzeugten Schäden könnte in die Milliarden gehen. Nach Schätzungen des US-Justizministeriums fügte die Megaupload-Gruppe den Recheinhabern in den sieben Jahren seit der Gründung von Megaupload im Jahr 2005 Verluste in Höhe von über 800 Millionen Dollar zu. Die Website von Megaupload und andere schloss das US-Justizministerium 2012 im Zuge der Razzien.

Der Ankläger ist davon überzeugt, dass dies „von Anfang an ein kriminelles Unternehmen“ war. Man habe bewusst den Eindruck erweckt, als wenn man rechtsverletzende Inhalte entfernen würde. In Wirklichkeit hatte man laut Anklage lediglich den Zugang zu den Dateien verändert, sie aber nicht gelöscht. Gegen einen Uploader gingen über 300.000 Beschwerden ein, was trotzdem nicht zur Löschung des Kontos geführt hat.

Megaupload Meme. Quelle FindThatMeme.com, thx!

Die Medienbranche hat sich dadurch nachhaltig geändert

Der Rechtsanwalt der Angeklagten, Grant Illingwoth KC, zog derartige Summen in Zweifel. Für derartige Schadenssummen würden die Beweise fehlen. „Die Schließung von Megaupload war eine Lektion für alle“, argumentierte der Anwalt. Seit dem Aus von Megaupload böten Unternehmen wie Netflix und Spotify Zugang zu urheberrechtlich geschütztem Material zu vernünftigen Abonnementpreisen an. Durch die Existenz von Megaupload habe sich die Branche gewaltig verändert. Außerdem betreiben die beiden Personen nun ein legales Unternehmen, das 200 Menschen beschäftige.

Aus den Gerichtsunterlagen geht hervor, dass Dotcom Megaupload ohne die technische Unterstützung von Mathias Ortmann und Bram van der Kolk nicht hätte gründen können. Ortmann gilt als genialer Softwareprogrammierer. Er war außerdem mit 25 % an Megaupload beteiligt und erhielt im Laufe der Jahre schätzungsweise über 30 Millionen Dollar. Bram van der Kolk war für die Programmierung zuständig und besaß einen Anteil von 2,5 %.

Nur 10 % legale Inhalte bei Megaupload?

Bereits im Januar 2008 schickte van der Kolk eine Nachricht an Mathias Ortmann. „Wir profitieren von mehr als 90 % rechtsverletzenden Dateien“. Es sei kontraproduktiv, Uploader von Zahlungen auszuschließen, „weil das Wachstum hauptsächlich auf Rechtsverletzungen beruht“, so van der Kolk weiter. Trotz der enormen Gewinne zahlte man den Uploadern nach Schätzungen der US-Ermittler nur 3 Millionen Dollar aus. Als Ausweg schlug Mathias Ortmann Dotcom vor, er solle Versprechungen mit „irgendeinen technischen Filter-Mist“ machen, die man dann einfach nicht umsetzt.

Mathias Ortmann & Bram van der Kolk des Kämpfens müde

Als die beiden aus dem Gerichtssaal kamen, wollten sie sich nicht äußern. Kim Dotcom macht ihnen auf Twitter keine Vorwürfe. Sie waren lediglich des Kämpfens müde. Die beiden „gaben im Austausch für einen Nachlass von 98,5 % auf die 185 Jahre, die uns zur Last gelegt wurden, auf. Ich mache ihnen keinen Vorwurf. Sie sind durch die Hölle gegangen“, schrieb Dotcom vor neun Stunden.

Er findet, man dürfe sie trotz des Urteils nicht als Kriminelle betrachten. Der frühere Geschäftsführer kämpft hingegen weiter mit allen ihm zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln gegen seine Auslieferung in die USA. Wann und ob Dotcom ausgeliefert wird, steht weiterhin nicht fest.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.