Der Einsatz des Kennzeichenscanners Kesy zwischen 2017 und Ende Juni 2021 war unzulässig, wie das Frankfurter Landgericht nun feststellte.
Zwischen 2017 und Ende Juni 2021 erfasste das Land Brandenburg durch den Kennzeichenscanner Kesy Fahrzeugbewegungen auf deutschen Autobahnen. Ohne jegliche Rechtsgrundlage, wie das Frankfurter Landgericht nun entschied.
Piratenpartei-Mitglied klagt gegen Kennzeichenscanner
Nach einem neuen Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), war die Aufzeichnung sämtlicher Fahrzeugbewegungen auf den Autobahnen des Landes Brandenburg unzulässig. Das Gericht stellte nach einer Klage des Piratenpartei-Mitglieds Marko Tittel heraus, dass es keinerlei Rechtsgrundlage für den Einsatz der KFZ-Kennzeichenscanner gab.
Dabei hat das Land Brandenburg zwischen 2017 und Ende Juni 2021 rückwärtige Nummernschilder digitalisiert und zusammen mit der Fahrtrichtung, einer Aufnahme der Heckansicht des Fahrzeugs, sowie Ort, Datum und Uhrzeit in einer Datenbank gespeichert. Laut dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 22. Juli, handelte es sich jedoch dabei um einen „gewichtigen Grundrechtseingriff„.
Die Richter kritisierten dabei die zeitlich unbegrenzte Vorhaltung der erfassten Daten durch die Behörden. Zumindest solange es laufende Ermittlungen gegen eine beliebige Person gab, der eines der durch den Kennzeichenscanner erfassten Fahrzeuge zuzuordnen war. Dadurch ließ sich das Bewegungsverhalten vieler Bürger des Landes über mehrere Jahre hinweg „ohne transparente Begrenzungen“ nachvollziehen.
Hinzu kommt, dass die Erfassung ohne jegliche Benachrichtigung stattfand. Sie erfolgte anlasslos und somit ohne, dass den betroffenen Autofahrern zuvor irgendein Fehlverhalten angelastet werden konnte. Wie das Gericht argumentiert, greife das System „in erheblicher Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein„.
Anlasslose Erfassung birgt erhebliches Missbrauchspotenzial
Eine „flächendeckende Erfassung von Fahrzeugen“ durch Kennzeichenscanner ist laut Ansicht der Richter grundsätzlich unzulässig. Es ergebe sich außerdem die Möglichkeit, auf Basis des umfangreichen Vorrats an gespeicherten Daten, Bewegungsprofile zu erstellen. Das berge erhebliche Missbrauchsgefahren, die eingegrenzt werden müssen.
Der Kläger zeigte sich erfreut über die Entscheidung. Nach eigenen Angaben wolle er nicht in einem Land leben, „in dem jede Bewegung erfasst und gegen mich verwendet werden kann„. Doch die ständige Überwachung und „eine wahllose Vorratsspeicherung jeder Fahrt auf der Autobahn“ schaffe gläserne Autofahrer und berge das „Risiko eines falschen Verdachts oder missbräuchlicher Nachverfolgung der persönlichen Lebensführung durch Unbefugte.„
Die Kosten für das Verfahren trägt die Staatskasse.
Einheitliche Rechtsbasis auf Bundesebene
Zwischenzeitlich hat der Bundestag eine einheitliche Rechtsbasis für den Einsatz der Kennzeichenscanner geschaffen. Im so genannten „Fahndungsmodus“ prüft das System automatisch, ob ein erfasstes Kennzeichen in einer Datenbank mit gemeldeten Fahrzeugen auftaucht. Ist dies nicht der Fall, so wird die Aufnahme automatisch und unmittelbar gelöscht.
Aufgrund der auf Bundesebene geschaffenen Rechtsbasis, entschied sich das Land Brandenburg Mitte 2021 dafür, die eigene anlasslose Kennzeichenerfassung einzustellen.