Die EU-Kommission scheint von einer Welt zu träumen, in der IPTV-Piraterie durch "freiwillige" Kooperationen einfach so verschwindet.
Wie aus einem vorab geleakten Bericht der EU-Kommission hervorgeht, will die Behörde im Kampf gegen IPTV-Piraterie scheinbar vornehmlich auf freiwillige Maßnahmen und Kooperationen setzen. Für Rechteinhaber sind die Aussichten nicht allzu rosig. Überzeugte Raubkopierer hingegen erwartet ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Bericht der EU-Kommission zum Umgang mit IPTV-Piraterie vorab geleakt
Bereits im Oktober 2022 forderten zahlreiche Rechteinhaber von der EU-Kommission ein neues Gesetz, um schneller auf IPTV-Piraterie in Zusammenhang mit Live-Veranstaltungen reagieren zu können. Sie erhofften sich ein Werkzeug, mit dem sich ein illegaler Stream binnen weniger Minuten nach einer Beschwerde vom Netz nehmen ließe.
Nachdem die Europäische Kommission die Forderung abwies, sollten Anfang Mai einige Empfehlungen für den weiteren Umgang mit Live-Piraterie folgen. Laut TorrentFreak geistert der zugehörige Bericht schon jetzt durchs Netz.
Für Rechteinhaber zeichnet sich demnach ein weiterer Rückschlag ab. Vertreter der Live Content Coalition zeigen sich jedoch nicht nur enttäuscht über die Vorschläge der Kommission. Sie müssen mindestens für drei Jahre mit dem Status quo leben, bis die Behörde die Wirksamkeit ihrer durch die EUIPO überwachten Empfehlungen neu bewertet.
IPTV-Piraterie soll vor allem durch “freiwillige” Maßnahmen bekämpft werden
Wie aus dem Bericht hervorgeht, scheint die EU-Kommission vor allem auf “freiwillige” Maßnahmen und Kooperationen zwischen Hosting-Diensten, Vermittlern und Rechteinhabern zu setzen. Das, was die Mitglieder der Live Content Coalition durch eine gesetzliche Basis forcieren wollten, soll nun aus freien Stücken geschehen.
Die Provider sollen demnach scheinbar von sich aus technische Lösungen zur Beschleunigung des Meldeverfahrens einführen. Bisher schützt das Gesetz die sie jedoch vor der Haftung für die Vergehen ihrer Kunden. Folglich dürfte eine freiwillige Kooperation im Sande verlaufen, da es dafür weder rechtliche noch finanzielle Anreize gibt.
Obendrein suchen sich die Betreiber großer IPTV-Piraterie-Dienste ihre Hosting-Provider sicherlich selten per Zufall aus. Hier dürfte die Wahl zumeist eher auf Dienstanbieter fallen, die bekannt dafür sind, nicht mit Rechteinhabern zu kooperieren. Das wiederum führt den Aspekt der Freiwilligkeit ebenfalls ad absurdum.
Irgendjemand in der EU-Kommission hat scheinbar die Ursache erkannt
Doch die EU-Kommission macht noch ein paar weitere Vorschläge, die ebenfalls freiwilliger Natur sind. So empfiehlt sie beispielsweise Werbetreibenden und Zahlungsdienstleistern, sicherzustellen, dass diese nicht zur Finanzierung oder Erleichterung der IPTV-Piraterie beitragen.
Dass es durchaus Unternehmen gibt, die sich freiwillig engagieren, ist am Beispiel von Google ersichtlich. Der Konzern hat in der Vergangenheit schon häufiger Piraterie-Inhalte aktiv aus seinen Suchergebnissen entfernt, wenn die zugehörigen Domains in Gerichtsbeschlüssen auftauchten. Auch wenn der Suchmaschinenbetreiber gar nicht dazu verpflichtet war.
Darüber hinaus empfiehlt die Europäische Kommission noch folgende Maßnahmen:
- Gesperrte Webseiten in Werbeplattformen für juristische Dienstleistungen umwandeln
- Regierungen ermutigen, mehr Ressourcen für die Strafverfolgung bereitzustellen
- Richter schulen
- Rechteinhaber ermutigen, “die Verfügbarkeit, Erschwinglichkeit und Attraktivität ihrer kommerziellen Angebote für Endnutzer in der gesamten Union zu erhöhen”
Die ersten drei Empfehlungen lösen unter überzeugten Raubkopierern sicherlich irgendetwas zwischen Verwirrung und Gelächter aus. Doch der letzte Punkt zeigt vor allem eines: Irgendjemand in der EU-Kommission scheint zumindest ansatzweise verstanden zu haben, wo die tatsächliche Ursache für IPTV-Piraterie liegt.