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Freifunk: Das Ende der Störerhaftung und mögliche Folgen

Mit dem Inkrafttreten des „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes“ soll für den Freifunk die Störerhaftung wegfallen.

Am 26. Juli 2016 wurde das „Zweite Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Mit dem Inkrafttreten am heutigen Tag (27.07.2016) sollen Betreiber von öffentlichen Funknetzen von der Haftung an Rechtsverstößen (Störerhaftung) durch die Nutzer der Netze freigestellt werden.

Betreiber offener WLANs sollen also in Zukunft für mögliche Gesetzesverstöße von Nutzern weder juristisch noch finanziell belangt werden können. Das bisher aufgrund der sog. „Störerhaftung“ bestehende enorme Haftungs- bzw. Abmahnungsrisiko für Betreiber offener WLAN-Netze hat man so deutlich reduziert. Oder nicht?

Fällt die Störerhaftung wirklich weg?

Nach der Unterzeichnung durch Bundespräsident Joachim Gauck und der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt tritt eine entsprechende Änderung des Telemediengesetzes am heutigen 27.07.2016 in Kraft. Die Große Koalition hatte sich nach monatelangen Diskussionen im Frühjahr auf einen Gesetzestext geeinigt. Der Bundesrat hat die Abschaffung der Störerhaftung im Juni gebilligt. Von der Gesetzesänderung zur WLAN-Haftung erhofft sich die Koalition nun eine größere Verbreitung der offenen WLANs. Doch tatsächlich ist auch zukünftig zu großer Vorsicht geraten. Verbraucherschützer warnen besonders Privatpersonen weiterhin davor, ihr Netz zu öffnen. Nach Ansicht von Kritikern verhindert das neue Gesetz keineswegs, dass die Anbieter auch nun noch abgemahnt werden können, wenn über ihr offenes WLAN beispielsweise Urheberrechtsverletzungen begangen werden.

Die Große Koalition hat nicht im Gesetz selbst, sondern lediglich in dessen Begründung festgehalten, dass WLAN-Anbieter keine Abmahnkosten und gerichtlichen Kosten „im Zusammenhang mit der von einem Dritten durch die Übermittlung von Informationen begangenen Rechtsverletzung“ tragen sollen. Im Falle eines Gerichtsprozesses sind die Gerichte allerdings nur an den tatsächlichen Gesetzestext und nicht an die Begründung gebunden, so dass das Gericht nicht zwingend für den Netzbetreiber entscheiden muss. Also müssten zunächst die Gerichte die Frage klären, welche Bedeutung der Gesetzesbegründung bei der Auslegung des Gesetzes beigemessen werde. Ein Restrisiko für Betreiber offener WLAN-Netze bleibt daher bestehen.

Abmahnungen unmöglich?

Wird also über eine bestimmte IP-Adresse eine Urheberrechtsverletzung begangen, so werden Rechteinhaber auch künftig gegen die einzelnen Nutzer hinter dieser IP-Adresse vorgehen. Laut Bundesgerichtshof spricht zunächst eine „tatsächliche Vermutung“ dafür, dass der Anschlussinhaber – wie bisher auch schon – für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich bei der Störerhaftung eine „sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers“. Der muss nachweisen, dass ein anderer die Urheberrechtsverletzung begangen hat. So muss der private Hotspot-Anbieter vorlegen, dass er ein offenes WLAN betreibt und nicht selbst die Verantwortung für Urheberrechtsverletzungen trägt. Momentan ist noch völlig unklar, welche Anforderungen die Gerichte an einen solchen Nachweis stellen. Im Klartext heißt das. Bevor ein privater Anbieter überhaupt in den Genuss kommen könnte, von Providerprivilegien zu profitieren, könnte er schon reichlich juristischen Ärger hinter sich haben.

Fazit

Das Thema Störerhaftung ist noch nicht vom Tisch. In Anbetracht der vielen noch offenen und somit zu klärenden juristischen Fragen, bei deren Beantwortung es hauptsächlich auf die zukünftige Auslegung der spezifischen Sachverhalte vor Gericht ankommen wird, wird sich konkret erst zeigen müssen, inwieweit das Gesetz tatsächlich für einen Boom offener WLANs sorgen wird. Ob es also nun die von der Koalition erhoffte größere Verbreitung der offenen WLANs geben wird, bleibt vorerst weiterhin abzuwarten.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.