Ein 53-Jähriger erpresste von der dm-Drogeriemarkt-Kette mehrere Hunderttausend Euro in Bitcoin. Dafür soll er nun für sieben Jahre in Haft.
Am Freitag urteilte das Landgericht Karlsruhe (LG) in einem Fall (Az. 3 KLs 630 Js 46841/21) besonders schwerer räuberischer Erpressung, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und Sachbeschädigung.
Dabei sah es das Gericht als erwiesen an, dass der 53-jährige Tatverdächtige, ein in der Schweiz wohnhafter Deutscher, von der Drogeriemarktkette im September 2019 umgerechnet rund eine halbe Million Euro in Bitcoin erpresste. Das LG Karlsruhe verurteilte den Mann deswegen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
Zudem muss der 53-Jährige rund eine halbe Million Euro an die geschädigte dm-Drogeriemarkt-Kette zahlen. Die Staatsanwaltschaft forderte eine neunjährige Freiheitsstrafe. Allerdings verzichtete der Angeklagte nach Einschätzung der Richter auf alle Vermögenswerte, die er nach Erhalt der erpressten Summe zurückgelegt hatte.
Immerhin habe man bereits 350.000 Euro von den Bitcoin-Konten des 53-Jährigen eingezogen. Zudem könne man noch verschiedene Fahrzeuge und eine Yacht zu Geld machen. In dem Zusammenhang stellte der Richter fest, dass der Angeklagte vergleichsweise sparsam war: „Er hat das Geld nicht verprasst“.
Auch aus diesem Grund fiel das zugeteilte Strafmaß des Gerichts niedriger aus. Aber ebenso wirkte sich das Schuldeingeständnis gleich zu Beginn des Prozesses positiv auf das Urteil aus. Der Vorsitzende Richter bescheinigte dem Angeklagten dennoch eine „hohe kriminelle Energie“.
Da nach Ansicht des Gerichts Fluchtgefahr besteht, bleibt der Verurteilte weiter in Untersuchungshaft. Zum Strafantritt wird er direkt ins Gefängnis überführt. Gegen das Urteil können die Parteien noch beim Bundesgerichtshof Revision einlegen. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die dm-Anwältin zeigten sich jedoch mit dem Urteil zufrieden.
Der 53-jährige Angeklagte hat gestanden, von der Drogeriemarktkette dm im September 2019 rund eine halbe Million Euro in der Kryptowährung Bitcoin erpresst zu haben. Zur Bekräftigung zündete er infolge in einer Freiburger dm-Filiale einen Sprengsatz. Dies geschah außerhalb der Öffnungszeiten, sodass niemand verletzt wurde. Allerdings entstand dabei ein Sachschaden von rund 30.000 Euro.
Tatmotiv der Bitcoin-Erpressung: soziale Notlage
Vor Gericht führte er an, dass er in seinem Beruf als Pfleger nach einem wiederholten Burnout durch zahlreiche Nachtdienste nicht mehr arbeiten konnte. Somit wollte er sich durch die Erpressung bis hin zur Rente ein Auskommen sichern. Er beteuerte:
„Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte. […] Ich wollte keinen Menschen schädigen.“
Den Sprengstoff besorgte sich der Beschuldigte in der Schweiz ohne Schwierigkeiten. Er kannte sich mit Bitcoins und Feuerwerkskörpern aus und nutzte dieses Wissen in Kombination für sein Vorhaben.
Mit dem erpressten Geld erfüllte er sich einen Traum. Er erwarb einen Bootsführerschein und kaufte sich ein Motorboot, das ihn bis nach Frankreich führte. Durch ein möglichst unauffälliges Leben fühlte er sich in Sicherheit. Dennoch klickten nach knapp drei Jahren doch noch die Handschellen.
Akribische Ermittlungsarbeit zahlte sich aus
Während des Prozesses hob der Richter hervor: „Es ist ein großer Erfolg der Polizei und der Staatsanwaltschaft Karlsruhe“. Wie Legal Tribune Online (LTO) berichtete, verfolgten die Fahnder zum einen „mithilfe eines Experten für Kryptowährungen Transaktionsketten, sie werteten Flugrouten aus und setzten die Mosaiksteinchen Stück für Stück zusammen“.
Zum anderen kam den Ermittlern der „Zufall zu Hilfe: Nach einer „Aktenzeichen XY“-Fernsehsendung, bei dem eine Überwachungskamera den Erpresser in bizarrer Aufmachung mit Brille und Perücke zeigte, meldete sich ein Zuschauer: Die Perücke kam ihm bekannt vor – die gebe es bei Amazon. Unter den 200 Personen, die dort in der fraglichen Zeit eine solche Perücke bestellten, war der Angeklagte“.
Gemäß LTO äußerte der Angeklagte im letzten Wort den Wunsch:
„Er würde gerne in der Haft eine Elektro-Ausbildung machen. Das sei es, was er könne und was ihn interessiere. In den Pflegeberuf, der ihn nach seiner Ansicht zur Tat getrieben hat, will er nicht mehr zurück.“