Die Leiterin des Interessenverbands Audiovisual Anti-Piracy Alliance (AAPA) möchte am liebsten jegliche Technik verbieten.
Das Portal der Fachmesse IBC hat ein Interview mit der schottischen Geschäftsführerin der AAPA, Sheila Cassells, durchgeführt. Vor der AAPA-Gründung war sie eine leitende Angestellte von Sky und dort für ein breites Spektrum von EU-Politikfragen zuständig, darunter Technologie, Urheberrecht, Inhalte, Piraterie, Umwelt und vieles mehr. Cassells ist seit Gründung der Audiovisual Anti-Piracy Alliance im Jahr 2012 dabei.
Jegliche Hardware, die zur Piraterie geeignet ist, soll verboten werden
Im Interview sagte die Geschäftsführerin, die AAPA würde es begrüßen, wenn man die Herstellung, das Marketing und den Vertrieb von technischen Geräten, die zur Verletzung von geistigem Eigentum verwendet werden können, ausnahmslos als illegal einstufen würde. In der EU gebe es mit der Richtlinie über die Zugangskontrolle bereits einen Präzedenzfall dafür. Die Branche stehe bei der Verfolgung vor einer besonderen Herausforderung, da viele dieser Geräte aus China stammen. Somit sei es nicht einfach, dagegen effektive Maßnahmen zu ergreifen.
AAPA: Internationale Piraterie auf dem Vormarsch
Ferner sagte Cassells, laut einem aktuellen Bericht von Park Associates wird sich der kumulative Verlust durch Piraterie für US-Streaming-Anbieter, die US-Kunden bedienen, im Jahr 2027 auf 113 Milliarden Dollar erhöhen. Außerdem sollen dann weitere 700 Millionen Dollar durch betrügerische Werbung verloren gehen.
Laut einer Studie der Universität Bournemouth haben legale IPTV-Anbieter im Jahr 2021 3,21 Milliarden Euro an Online-Piraten verloren, wobei die Piraten 1,06 Milliarden Euro verdient haben. Geldgeber der Studie ist aber die AAPA, was sich mit Sicherheit auf die Ergebnisse ausgewirkt hat. Andere Schätzungen gehen davon aus, etwa 17 Millionen europäische Bürger nutzten dieses Jahr illegale IPTV-Dienste. Das ist ein wenig mehr als Menschen in den Niederlanden leben.
AAPA unterstützt gleich mehrere Ermittlungsbehörden
Im audiovisuellen Sektor füge die Online-Piraterie trotz der globalen Antipiraterie-Maßnahmen der Kreativwirtschaft einen erheblichen Schaden zu. Der Konsum von Werken daheim habe seit der Corona-Pandemie noch erheblich zugenommen, was auch die Piraterie beflügelt hat.
Deswegen kooperiere die AAPA nun vermehrt mit international aktiven Strafermittlungsbehörden wie Europol, Eurojust und Interpol. Neben der Unterstützung der Ausbildung der dortigen Mitarbeiter habe man deren Teams vermehrt bei Einsätzen mit eigenen Experten unterstützt. Außerdem gibt es eine Kooperation mit der EUIPO, dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
Unverständliche Forderung
Wie Sheila Cassells auf die Idee gekommen ist, alles an Technik zu verbieten, mit dem Thema Piraterie auch nur ansatzweise zu tun hat, führt das Interview leider nicht aus. Weil dann müsste man logischerweise auch alle TV-Geräte, Set-Top-Boxen, Smartphones, Festplatten, USB-Sticks, Computer und vieles mehr verbieten. Mit einer derart kruden Forderung kann man grundsätzlich keine Piraten bekämpfen, dafür ist sie viel zu praxisfern. Vielleicht ist ein Wechsel an der Spitze der AAPA angebracht, Cassells will ihren Job sowieso zum Jahreswechsel abgeben. Die Organisation sucht bereits nach einem Nachfolger.