In einem neuen Blogbeitrag beschreibt der DNS-Resolver Quad9, wie sehr ihre Existenz durch die vielen Klagen der Rechteinhaber bedroht wird.
Weltweit gestatten Gerichte den Rechteinhabern geistigen Eigentums zunehmend, die Kosten und die Last der Durchsetzung ihrer Rechte auf neutrale Dritte zu verlagern – darunter auch die Organisationen, die das Internet am Laufen halten. So auch Quad9.
Warum tragen die Rechteinhaber nicht die Kosten ihrer Klagen?
Wäre es nicht fair, wenn die Parteien, die finanziell vom Schutz der Rechte profitieren, auch die Kosten tragen müssten? In der Praxis jedoch nehmen große Rechteinhaber Zwischenanbieter von Infrastruktur – wie DNS-Resolver – ins Visier, da ihnen die Verfolgung der tatsächlichen Rechtsverletzer offenbar zu komplex, zeitaufwendig und kostspielig erscheint.
Dieser rechtliche Trend beeinträchtigt seit Jahren die Grundlagen der Funktionsweise des Internets. Dazu gehören auch die kleinen DNS-Resolver wie Quad9, die jede Webadresse in die digitalen Pfade übersetzen, die wir täglich nutzen. Die Kosten bezahlen am Ende aber nicht die Rechteinhaber, obwohl sie von den Urteilen profitieren.
Klagen bringen Quad9 in die Bredouille
Für große kommerzielle Akteure wie Google, Cloudflare oder Cisco fallen diese Kosten für die Rechtsberatung, Lobbyarbeit oder Technik nicht so sehr ins Gewicht. Sie setzen sie einfach als einen Teil ihrer Betriebskosten ab. Doch für kleine, gemeinnützige Organisationen wie Quad9 stellen die Klagen der Rechteinhaber eine existenzielle Bedrohung dar. Dies wirft einige wichtige Fragen auf.
- Sollte man die Betreiber von neutraler, technischer Infrastrukturen für die Handlungen Dritter verantwortlich machen?
- Wie weit sollten Gerichte über Zuständigkeiten hinweg gehen, um nationale Gesetze auf globale Netzwerke anzuwenden?
- Wer profitiert letztendlich von einem Internet, das eher durch private Rechtsstreitigkeiten als durch öffentliche politische Debatten geregelt wird?
Quad9: Ist die Netzneutralität am Ende?
- Untergraben wir das Prinzip der Netzneutralität, indem wir Vermittler zu Schiedsrichtern der Legalität machen?
- Was passiert mit Datenschutz und Widerstandsfähigkeit, wenn sich nur ganz wenige große Unternehmen die Einhaltung dieser Vorschriften leisten kann?
- Birgt die Verlagerung der Durchsetzung auf Infrastrukturanbieter (wie Quad9) die Gefahr einer Fragmentierung des Internets in national kontrollierte Netzwerke?
- Welchen Präzedenzfall schafft dies für andere Formen digitaler Infrastruktur, wie Cloud-Speicher oder Content-Delivery-Netzwerke? Im Visier geraten mittlerweile auch Domain-Registrare, obwohl auch sie mit den Urheberrechtsverletzungen nichts gemein haben.
Ab welchem Punkt wird das Ganze zu einer Zensur des WWW?
- Ab wann wird die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zu einer faktischen Zensur?
- Wie sollte das Völkerrecht das Gleichgewicht zwischen Rechten des geistigen Eigentums und dem Recht auf Zugang zu Informationen herstellen?
- Sind Kollateralschäden für offene, datenschutzkonforme Dienste ein akzeptabler Preis für die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums?
Diese Fragen gehen zum Kern der Frage, wie das Internet funktionieren sollte – offen, fair und für alle zugänglich. Aber wie genau kann man unter diesen Voraussetzungen dafür sorgen, dass niemand zu kurz kommt, auch nicht die Plattenlabels, Filmstudios und Softwarehäuser?
Kein Zweifel, Quad9 stellt im Blogbeitrag viele sinnvolle Fragen. Was aber kann man darauf antworten?



















