Smart Borders Pilot: Welche Daten erhebt das künftige Entry/Exit System (EES) der EU beim Grenzübertritt? Ist es so harmlos, wie angekündigt?
Die Behörden planten, das neue Einreise-/Ausreisesystem (EES) der Europäischen Union am 09. November 2024 zu aktivieren. Doch schon vor mehreren Monaten hat man den Start erneut verschoben. Intern geht man nun von einer schrittweisen Verzögerung von einem Jahr aus, vielleicht auch länger. Dann würde man das neue Entry/Exit System im November 2025 in Betrieb nehmen. Dabei ist die neue Hardware schon länger fertig installiert und einsatzbereit.
Smart Borders Pilot: Worin besteht das neue Europäische Einreise-/Ausreisesystem?
Das EES ist ein automatisches Überwachungs- und Kontrollsystem für Kurzaufenthaltsreisen in Drittländern der EU. Betroffen sind alle EU-Länder außer den Mitgliedsstaaten Südirland und der südliche Teil von Zypern. Nordirland ist Teil Großbritanniens, der nördliche Zipfel Zyperns gehört seit der Teilung der Insel zur Türkei. In Deutschland wird das Europäische Einreise-/Ausreisesystem zunächst nur an den Luft- und Seegrenzen eingesetzt. Als ‘Kurzaufenthalt‘ gilt ein Aufenthalt von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen.
Dieser Zeitraum werden alle europäischen Länder, die das EES nutzen, als Referenz einsetzen. Zur EES-Nutzung geht man zu einem Terminal, auch Kiosk genannt, das ein wenig an die Bestellterminals von McDonald’s erinnert. Dort kann man zwar keine Menüs erhalten. Dafür gibt man seine Daten ein, indem das Gerät den Reisepass einliest, ein biometrisches Foto macht und die Hand scannt.
Man sammelt die Daten, um sie mit verschiedenen dahinter liegenden Datenbanken abzugleichen. Ein Vorgang, der etwa 45 Sekunden dauern soll. Als Gründe für die mehrmalige Verschiebung des endgültigen Starts gibt man an, es war noch nicht alles ausreichend getestet. Außerdem stand die Befürchtung im Raum, dass die EDV & IT-Systeme der zu erwartenden Belastung nicht standhalten würden.
EES verzögert: Kontrollsystem ist Zuckerbrot und Peitsche zugleich
Das System hat man vor allem damit beworben, dass die Passkontrollen reibungsloser und viel schneller ablaufen würden. Auch das Abstempeln der Pässe entfällt. Von Modernisierung und Verbesserung des Reiseerlebnisses ist die Rede. Wer sich sein eigenes Urteil bildet, dem wird schnell klar, wie notwendig effektivere Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen sind, um den Kampf gegen den Terrorismus und die Ergreifung von Straftätern voranzutreiben. Zudem geht es um die Bekämpfung von Identitätsbetrug und Reisedokumentenmissbrauch. Ach ja, ganz nebenbei dreht sich alles auch ein wenig um die Eindämmung illegaler Migration. Alles halb so wild, oder?
Was ändert sich durch das veränderte Entry/Exit System?
Was viele nicht wissen: Dieser Prozess muss bei jeder Aus- und Einreise durchlaufen werden. Eine Selbstverständlichkeit, die gerne verschwiegen wird. Das bedeutet, dass Vielreisende beim veränderten EES ständig hochauflösende Daten abgeben müssen.
Betroffen sind Millionen von Menschen, die aufgrund der Reisedauer eigentlich kein Visum benötigen. Sie füttern damit immer wieder die Datenbanken der datenhungrigen Behörden, denn dort vertritt man nicht selten die Ansicht: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!
Eine unterschätzte Gefahr ist auch, dass Behörden genau diese qualitativ hochwertigen Daten für das Training von maschinellem Lernen verwenden können. Was im Zweifelsfall dazu führt, dass ein einfaches Kamerasystem plötzlich eine lückenlose Verfolgung und Überwachung ermöglicht. Die Werte darf man fünf Jahre lang speichern. Fallen erst mal genügend neue Daten an, wird es keine Rolle spielen, ob das EES verzögert oder pünktlich eingeführt wird.
Smart Borders Pilot: Vorteile für Reisende zweifelhaft
Ob das reformierte Entry/Exit System die erhofften Vorteile bringt, ist ebenfalls stark zu bezweifeln. Bei einzelnen Vorabtests stellte sich heraus, dass Menschen an den EES-Kiosken durchaus länger brauchen, weil sie beispielsweise nicht mit dem Gerät zurechtkommen.
Vor Ort werden aber sowieso, wie sonst schon üblich, Bundespolizisten im Einsatz sein. Das EES kann die Bundespolizei nur ergänzen, da bestimmte Personengruppen wie Kinder unter 12 Jahren, Behinderte oder von der Grenzkontrolle befreite Personen (Diplomaten) das System gar nicht benutzen dürfen.
Wer sich weitergehende Informationen verschaffen möchte: Über die Reform des EES als auch des European Travel Information and Authorisation Systems (ETIAS) gibt folgender Beitrag Auskunft, den die Europäische Union verfasst hat.