Muplagma, LouCipher, Rookie und Erkman77 haben wohl Besuch vom LKA Sachsen-Anhalt erhalten. Man munkelt, gebusted wurde der Dienst cccam.to.
In einem Verfahren wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs ist das LKA Sachsen-Anhalt gegen ein Cardsharing- und IPTV-Netzwerk vorgegangen. Am Dienstag durchsuchten Ermittler zeitgleich private Räumlichkeiten und Objekte in ErkaWittenberg, Magdeburg und Delitzsch in Sachsen sowie in Heldenstein in Bayern. Vier Männer im Alter zwischen 41 und 51 Jahren stehen in dringendem Tatverdacht. Ihnen wird vorgeworfen, ihren Kunden gegen Bezahlung sogenanntes Cardsharing und illegal beschafftes Internetfernsehen bereitgestellt zu haben.
LKA Sachsen-Anhalt nahm offenbar CCCAM.to vom Netz
In der Szene munkelt man, es soll sich dabei um cccam.to handeln, der offline ist. Betroffen sollen die Personen mit den Pseudonymen Muplagma, LouCipher, Rookie und Erkman77 sein, die alle nicht mehr online erreichbar sind. Erkman77 ist zudem der Betreiber des IPTV- und Cardsharing-Forums TV-Lounge, mit dem wir nach dessen Gründung ein Interview durchgeführt haben. Bestätigt ist dies aber bislang nicht.
Die vier Täter sollen über Jahre hinweg vielen Personen die Dienste eines großen Pay-TV-Anbieters unbefugt zur Verfügung gestellt haben. Polizei und Staatsanwaltschaft schätzen den Schaden für die Rechteinhaber auf einen mittleren bis hohen sechsstelligen Betrag.
Ein Sprecher des LKA erklärte gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung”, dass die Verdächtigen nicht in Untersuchungshaft säßen. Gleichzeitig stellte er aber auch klar, dass neben den mutmaßlichen Betreibern auch Nutzer der Dienste künftig mit strafrechtlichen Folgen rechnen müssen. Welche das sein könnten und wie man sich im Fall einer Vorladung oder eines Strafbefehls verhalten sollte, haben wir hier ausführlich erläutert. Dazu kommen dann wahrscheinlich noch die zivilrechtlichen Ansprüche der kostenpflichten Pay-TV-Anbieter.
Cardsharing-Netz statt Hobbyserver
Der Hauptvorwurf ist Cardsharing in Kombination mit illegal bereitgestelltem IPTV. Nach Angaben der ermittelnden Behörden sollen Pay-TV-Zugänge eines großen Anbieters über Jahre hinweg genutzt worden sein, um die entschlüsselten Inhalte oder die nötigen Zugangsdaten gegen Bezahlung an eine Vielzahl von Kunden zu verteilen.
Diese Struktur ist aus anderen Verfahren bekannt. Im Hintergrund läuft ein reguläres Abo, während im Vordergrund Zugänge, Boxen oder App-Logins verkauft werden, die den Abnehmern ein komplettes Rundum-Sorglos-Paket versprechen. Wer unsere Auswertung zu illegalen IPTV-Anbietern 2025 gelesen hat, erkennt die gleichen Strukturen sofort wieder. Daraus kann man auch entnehmen, dass die illegale Nutzung für sehr viele Befragten völlig „normal“ geworden ist. Zahlreiche Nutzer haben offenbar aufgrund der hohen Preise von DAZN, Sky & Co. ihre moralischen Bedenken über Bord geworfen.
Wie sich diese Szene in Deutschland entwickelt hat, welche Rolle Reseller spielen und warum aus Bastelprojekten ausgewachsene Schattennetze wurden, haben wir euch in dem Zusammenhang bereits ausführlich erläutert.
LKA Sachsen-Anhalt führte Live-Forensik bei der Razzia durch
Neben der üblichen Beschlagnahme jeglicher Hardware setzten die Ermittler in diesem Verfahren auch auf Werkzeuge, die man eher aus größeren, internationalen Aktionen kennt. Laut dem LKA Sachsen-Anhalt wurden umfangreiche Beweismittel sichergestellt, darunter Computersysteme, Satellitenreceiver, IPTV-Boxen, Server, weitere Datenträger und Smartphones.
Dazu kam Live-Forensik. Flüchtige Speicherdaten wurden auf externe Server gesichert und die illegalen Cardsharing-Server wurden direkt während des Einsatzes deaktiviert.
Solche Einsätze und Methoden erinnern an die Verfahren, in denen wir über MagisTV, FlujoTV und andere internationale IPTV-Netze berichtet haben. Damals klinkten sich die Ermittler in laufende Systeme ein, um Konfigurationen, Kundendatenbanken und Zahlungswege zu sichern.
Da das LKA Sachsen-Anhalt aber mit an Bord war, kann man davon ausgehen, dass man mit stärkeren Geschützen geschossen hat, als unbedingt nötig. Offenbar möchte man das Schmuddelimage der inkompetenten Polizei endlich abzuschütteln. Schließlich sind Shiny Flakes, Bockwurst.dl.am und Kino.to, der Vorläufer von Kinox.to, auch aus sächsischer „Kreativität“ hervorgegangen.
Ausschnitt einer größeren Entwicklung
Der Fall aus Sachsen-Anhalt muss man im Vergleich mit weitaus größeren Aktionen betrachten. In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder über Verfahren berichtet, bei denen IPTV-Betreiber mit Millionenforderungen und entsprechend hohen Vergleichszahlungen konfrontiert wurden. Am Ende haben sie natürlich ihr komplettes Geschäftsmodell verloren.
Betroffen sind nicht nur die Betreiber, sondern auch immer öfter die Kunden der IPTV-Anbieter. In Griechenland und Italien laufen Verfahren, in denen Tausende Nutzer mit Bußgeldern rechnen müssen, weil ihre Daten in Unterlagen von IPTV-Diensten auftauchten.
Vor diesem Hintergrund wirkt der Schlag des LKA Sachsen-Anhalt wie ein regionaler Ausflug in den Osten, der aus einer Entwicklung resultiert, die seit Jahren an Schnelligkeit und Schlagkraft gewinnt. Es geht nicht mehr nur um internationale Großnetze mit Millionenumsätzen, sondern auch um kleinere Cardsharing- bzw. IPTV-Strukturen, die am Arsch der Welt sitzen, aber deutschlandweit ihre Kundschaft mit illegalem IPTV bedienen. In diversen deutschsprachigen Warez-Foren schalten die IPTV-Dienstleister Werbebanner, um bekannter zu werden.
Was auf Betreiber und Nutzer zukommen kann
Den vier Verdächtigen wirft man den gewerbs- und bandenmäßiger Computerbetrug vor. Hinzu kommen mögliche urheberrechtliche Verstöße sowie das Umgehen technischer Schutzmaßnahmen von Sky & Co. Ob aus den Ermittlungsverfahren am Ende Anklagen werden, ist offen. Die Spuren, die die Ermittler gesichert haben, deuten aber nicht mehr auf ein Hobbyprojekt hin. Dies war ein über die Jahre organisierter professioneller Betrieb.
Für deren Nutzer bleibt der Hinweis des LKA-Sprechers hängen. Wer auf solche Angebote setzt, bewegt sich nicht in einer bequemen Grauzone von der Couch aus. Das ist ein Bereich, der inzwischen regelmäßig zu Strafanzeigen, Hausdurchsuchungen, Vorladungen und Geldstrafen führt. Was nach einer Durchsuchung passiert, wie man sich im Fall einer Vorladung verhalten sollte und welche Strafen bei Cardsharing oder IPTV tatsächlich im Raum stehen, haben wir in mehreren Beiträgen gemeinsam mit Juristen aufgearbeitet.
Der aktuelle Einsatz in Wittenberg, Magdeburg, Delitzsch und Hildenstein zeigt, es braucht keine internationale Marke und keinen über Ländergrenzen bekannten Dienstnamen, damit ein Pay-TV-Ring ins Visier unserer lokalen Behörden gerät. Ein paar nicht ausreichend anonymisierte Server und ausreichend Kundschaft reichen inzwischen aus, damit das LKA Sachsen-Anhalt und die Staatsanwaltschaft vor der Tür stehen.
Unter vorgehaltener Hand liegt zudem der Verdacht sehr nahe, dass einer der Ex-Betreiber ein Admin des Forums TV-Lounge sein soll. Seit der Durchsuchung steht das Forum andauernd im Wartungsmodus. Man darf annehmen, dass die Polizei dabei ihre Finger im Spiel hat.





















