Unterstützer von Internet Archive reichen Amicus-Curiae- Schriftsätze beim Second Circuit Court of Appeals ein
Unterstützer von Internet Archive reichen Amicus-Curiae- Schriftsätze beim Second Circuit Court of Appeals ein
Bildquelle: belchonock, Lizenz

Internet Archive: digitale Bibliothek findet Unterstützer

Vergangene Woche reichten gleich mehrere Parteien beim Second Circuit Amicus-Curiae- Schriftsätze zur Unterstützung von Internet Archive ein.

Im Rechtsstreit Hachette vs. Internet Archive (IA) zeigen sich zahlreiche Gleichgesinnte mit Internet Archive solidarisch. Sowohl Autoren der Authors Alliance, als auch Public Knowledge, das Center for Democracy and Technology und das Library Freedom Project reichten u.a. einen Amicus-Curiae- Schriftsatz beim Second Circuit Court of Appeals ein.

Mittels Amicus-Curiae- Schriftsatz vertreten Fürsprecher von Internet Archive ihre Position beim Second Circuit Court of Appeals. Dort legte Internet Archive am 15. Dezember 2023 Berufung gegen das Urteil vom März 2023 des New Yorker Bundesrichters John G. Koeltl ein. Dieser entschied damals, dass Internet Archive nicht berechtigt sei, Bücher zu scannen und wie eine Bibliothek zu verleihen. In der Berufung argumentiert Internet Archive nun, dass es „großen Verlagen nicht gestattet werden sollte, die Ausleihe von Bibliotheken zur fairen Nutzung zu kriminalisieren“.

Bereits am 1. Juni 2020 reichte die Association of American Publishers (AAP) im Namen von vier Verlagen (Hachette, HarperCollins, Penguin Random House und Wiley) eine Urheberrechtsklage gegen Internet Archive (IA) ein. Dabei stellen diese Buchverlage aus urheberrechtlichen Gründen die kontrollierte digitale Ausleihe (Controlled Digital Lending, CDL) durch Bibliotheken infrage. Bibliotheken erstellen in dem Rahmen eine digitale Version ihrer physischen Bücher. Infolge verleihen sie dann diese digitalen Kopien anstelle des physischen Buchs an Benutzer.

Internet Archive als Paradebeispiel für faire Nutzung

Internet Archive hält auch in der Berufung an ihrem Fair-Use-Argument fest. Sie verweisen darauf, dass sie nur Kopien von Büchern verleihen, die sie auch physisch besitzen. Zudem behalten sie ein Eins-zu-Eins-Verhältnis von „Besitz zu Leihe“ bei. Gemäß TorrentFreak vertritt die Authors Alliance die Meinung, die digitale E-Book-Bibliothek von IA sei ein:

„Paradebeispiel für einen Dienst, der als faire Nutzung zugelassen werden sollte, da er sowohl Autoren als auch Lesern zugutekommt“.

Die Autoren befürchten, mit einem Verbot der digitalen Ausleihe von Internet Archive gehe einher, dass ihre Bücher dann weniger Leser finden. Großen Verlagen ermögliche dies zugleich, „ihre Macht und Kontrolle zu erhöhen“. Die Autoren der Authors Alliance weisen in dem Schriftsatz darauf hin

„das Bundesgericht habe die Position der Autoren nicht berücksichtigt und sich stattdessen stark auf die Verlage konzentriert. Allerdings stimmen die Interessen dieser Gruppen nicht immer überein“.

„Viele Autoren lehnen das Vorgehen der Verlage bei dieser Klage entschieden ab, weil sie Bibliotheken und ihre Innovationsfähigkeit unterstützen. Autoren verlassen sich auf Bibliotheken, um Leser zu erreichen, und viele sind stolz darauf, dass ihre Werke im Dienste der Öffentlichkeit in Bibliotheken aufbewahrt und verfügbar gemacht werden.
Da diese Verlage über eine so konzentrierte Marktmacht verfügen […], haben Autoren, die ein breites Publikum erreichen wollen, selten die Verhandlungsmacht, um eine ausreichende Kontrolle der Verlage zu behalten, um den öffentlichen Zugang wie den hier in Rede stehenden unabhängig zu genehmigen.“

Autoren forderten Einstellung der Lizensierung und machten Recht auf Zugang zu E-Books geltend

Bereits im Oktober letztes Jahres unterzeichneten Hunderte von Autoren einen offenen Brief. In diesem sprachen sie sich gegen die Klage großer Verlage vs. Internet Archive aus. Mehr als 300 Autoren, darunter „Coraline“-Autor Neil Gaiman, Naomi Klein und Cory Doctorow, hatten sich bei der Aktion mit der Interessengruppe Fight for the Future zusammengeschlossen.

In einem offenen Brief forderten sie damals Verlage und Verbände der Buchindustrie auf, „die Bemühungen einzustellen, die traditionellen Rechte von Bibliotheken, Bücher zu besitzen und zu bewahren, zu untergraben, Bibliotheken mit Klagen einzuschüchtern und Bibliothekare zu verleumden“. Zudem veranlassten sie die Verlage, ihre Richtlinien zu aktualisieren, damit Bibliotheken Kopien von E-Books kaufen können.

Weitere Unterstützer zeigen sich konform

In einem weiteren, separaten Schriftsatz äußerten sich zudem prominente Rechtswissenschaftler vor dem Second Circuit Court of Appeals mit ähnlichen Argumenten. Sie verweisen darauf, dass sich das Leihsystem von IA nicht wesentlich von den physischen Bibliotheken unterscheidet, die ein integraler Bestandteil der Kultur sind.

„Bibliotheken hatten nach dem Urheberrecht schon immer die Freiheit, Materialien, die ihnen gehören, nach eigenem Ermessen auszuleihen. Das ist ein Merkmal des Urheberrechts, kein Fehler. […] Die großen Verlage weigern sich, digitale Bücher an Bibliotheken zu verkaufen, was sie dazu zwingt, sich mit restriktiven Lizenzen für digitale Inhalte statt mit echtem Eigentum zufriedenzugeben. Darüber hinaus bestehen Verlage darauf, dass sie Bibliotheken daran hindern können, ihre rechtmäßig erworbenen physischen Bücher zu scannen und die resultierenden digitalen Kopien auszuleihen.“

Gleichfalls reichten noch gemeinsam das Center for Democracy & Technology, das Library Freedom Project und Public Knowledge einen weiteren Amicus-Schriftsatz ein. Darin kommt zur Sprache, dass die:

„kontrollierte digitale Ausleihe das Ziel des Urheberrechtsgesetzes durch den Schutz der Privatsphäre der Leser fördert“.

Eine vierte Stellungnahme kommt von Informationswissenschaftler und Historiker Kevin L. Smith sowie Will Cross, Direktor, Open Knowledge Center und Leiter der Informationspolitik. Sie argumentieren:

„Hier ist Marktversagen offensichtlich: Eine Seite (die Verlage) hat eine so beherrschende Stellung, dass sie alle Verkaufsbedingungen kontrolliert, ohne dass es Gegenkräfte gibt, die den Markt ausgleichen könnten. […] Fair Use wurde entwickelt, um genau dieser Art von Marktversagen entgegenzuwirken. Daher sollte CDL unter fairer Verwendung gewahrt bleiben. Andernfalls würde eine Entscheidung gegen CDL den öffentlichen Auftrag von Bibliotheken beeinträchtigen und das bestehende Marktversagen verewigen“.

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Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.