EncroChat: Polizei knackt Kriminellen-Chat-Netzwerk

Mittels Entschlüsselung von EncroChat ist Ermittlern aus mehreren Ländern ein Schlag gegen die Organisierte Kriminalität in Europa gelungen.

In einer groß angelegten Aktion, die Hunderte von Festnahmen mit sich brachte, ist Ermittlern aus mehreren Ländern ein Schlag gegen die Organisierte Kriminalität (OK) in Europa gelungen. Durch das Entschlüsseln von Verbrecher-Chats namens EncroChat konnten Geld, Drogen und Waffen sichergestellt werden, wie Eurojust in einer Pressemitteilung verkündet.

EncroChat trotz Anonymitätszusagen von Ermittlern geknackt

EncroChat Handys wurden den Kunden als Garant für perfekte Anonymität angepriesen. Anfang 2020 war EncroChat einer der größten Anbieter von verschlüsselter digitaler Kommunikation mit einem sehr hohen Anteil an Benutzern, die vermutlich an kriminellen Aktivitäten, wie dem Handel mit Kokain und Cannabis sowie an Geldwäsche, beteiligt sind. Allerdings stellten französische Ermittler fest, dass Encrochat auch über einige Server in der Stadt Lille verfügte. Entgegen der Zusagen von Seiten des Herstellers, gelang es Spezialisten infolgedessen, das Chatnetzwerk zu knacken.

Abhöraktion lief über knappe drei Monate

So waren die Strafverfolgungsbehörden seit April 2020 live dabei, wenn es um Drogen- und Waffengeschäfte und einen Auftragsmord ging. Das Abfangen der EncroChat-Nachrichten wurde allerdings am 13. Juni 2020 eingestellt. Das Unternehmen stellte fest, dass eine Behörde in die Plattform eingedrungen war und diese dadurch kompromittiert war. EncroChat schickte daraufhin eine Warnmeldung an alle Benutzer.

eurojust europol etc.

Maßnahmen mündeten in Razzien

Zahlreiche Razzien in mehreren europäischen Ländern erfolgten unmittelbar auf die Nutzer-Warnung des EncroChat-Betreibers. In Großbritannien kam es in Folge zu 746 Festnahmen. Die Behörden stellten hier 54 Millionen Pfund (umgerechnet knapp 60 Millionen Euro), 77 Schusswaffen und mehr als zwei Tonnen Drogen sicher. In Frankreich waren mehr als 60 Sonderermittler unter dem Codenamen «Emma 95» in die Aktion involviert. In den Niederlanden waren in die Operation «Lemont» mehrere Hundert Ermittler im Einsatz gewesen. Hier hat man 100 Personen verhaftet, 19 Chemielabore enttarnt und 20 Millionen Euro Bargeld sichergestellt.

Massiver Durchbruch im Kampf gegen schwere und organisierte Kriminalität

Gemäß Eurojust zeigte diese komplexe Operation das globale Ausmaß der schweren und organisierten Kriminalität und die Konnektivität krimineller Netzwerke, die fortschrittliche Technologien einsetzen, um auf nationaler und internationaler Ebene zusammenzuarbeiten. Die Erkenntnisse der knapp dreimonatigen Abhörzeit halfen, viele Verbrechen zu unterbinden, darunter Mordversuche und Drogentransporte. Für britische Behörden galt die Operation „Venetic“ laut der National Crime Agency als «massiver Durchbruch im Kampf gegen schwere und organisierte Kriminalität» und als „die größte und bedeutendste Operation ihrer Art in Großbritannien“. Das Eindringen in die technische Infrastruktur von EncroChat habe „Schockwellen durch organisierte Verbrecherbanden quer durch Europa geschickt„, gab Eurojust an.

EncroChat-Dienste wurden eingestellt

Encrochat

Die EncroChat-Server haben die Behörden heruntergefahren. Es gab 60.000 Benutzer weltweit, davon rund 10.000 Benutzer allein in Großbritannien. Die Behörden nehmen an, ausschließlich Kriminelle nutzten EncroChat. Sie organisierten darüber Straftaten wie Drogenhandel, Geldwäsche oder Morde. Vielfach ging es um den Mord an Angehörigen rivalisierender Banden.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.