Ein EncroChat-Leader wurde aktuell auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft von Lille aus der Dominikanischen Republik an Frankreich ausgeliefert.
Einen Initiator des Unternehmens EncroChat haben Beamte bereits im Mai 2022 in der Dominikanischen Republik festgenommen. Seither stand er unter Hausarrest. In der vergangenen Woche stand seine Auslieferung aus der Dominikanischen Republik an Frankreich an. Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Mann am 2. Februar Anklage erhoben.
Eurojust informierte in einer Pressemitteilung darüber, dass mit ihrer aktiven Unterstützung „einer der wichtigsten Führungskräfte des Unternehmens hinter dem verschlüsselten Kommunikationstool EncroChat aus der Dominikanischen Republik an Frankreich ausgeliefert“ wurde. Im Juli 2021 hat man gegen den Verdächtigen einen internationalen Haftbefehl erlassen.
EncroChat-Mitarbeit zog Palette an Vorwürfen nach sich
Bereits im Juni 2023 gab die Staatsanwaltschaft von Lille die Möglichkeit bekannt, potenzielle Verdächtige, die außerhalb der Europäischen Union lebten, auszuliefern. Die aktuell ausgelieferte EncroChat-Führungskraft muss sich vor Gericht wegen der Beteiligung an einer kriminellen Verschwörung zur illegalen Einfuhr und zum Erwerb illegaler Drogen verantworten.
Des Weiteren wirft man ihm Beihilfe zu deren illegalem Besitz, Lieferung und Weitergabe vor. Zudem steht die Verdächtigung der Beteiligung an einer kriminellen Verschwörung, der schweren Geldwäsche und des illegalen Waffenbesitzes im Raum. Er soll dabei die „Bereitstellung oder Weitergabe eines kryptologischen Geräts ohne Integritätskontrolle oder vorherige Erklärung gegenüber den Behörden“ ermöglicht haben.
EncroChat, ein europäisches Kommunikationsunternehmen mit Sitz in Frankreich, entwickelte und verkaufte Messaging-Handys. Zur Verbesserung der Sicherheit haben die Entwickler verschiedene Funktionen (z. B. GPS) entfernt. Diese Maßnahmen führten dazu, dass EncroChat-Handys hauptsächlich von Kriminellen genutzt wurden.
EncroChat trotz Anonymitätszusagen von Ermittlern geknackt
EncroChat Handys wurden den Kunden als Garant für perfekte Anonymität angepriesen. Anfang 2020 war EncroChat einer der größten Anbieter von verschlüsselter digitaler Kommunikation, mit einem sehr hohen Anteil an Benutzern, die vermutlich an kriminellen Aktivitäten, wie dem Handel mit Kokain und Cannabis sowie an Geldwäsche, beteiligt sind. Allerdings stellten französische Ermittler fest, dass EncroChat auch über einige Server in der Stadt Lille verfügte. Entgegen der Zusagen vonseiten des Herstellers, gelang es Spezialisten infolgedessen, das Chatnetzwerk zu knacken.
Abhöraktion lief über knappe drei Monate
Mittels aufgespielter Trojanersoftware waren die Strafverfolgungsbehörden seit April 2020 live dabei, wenn es um Drogen- und Waffengeschäfte und einen Auftragsmord ging. Ermittler bekamen durch das Infiltrieren Zugriff auf Tausende Chatnachrichten zwischen den Nutzern und damit einen „genauen Einblick in die verschwiegene Welt der organisierten Kriminalität“.
Die Aktion zog zahlreiche Razzien, Verfahren und Verurteilungen nach sich. Das Abfangen der EncroChat-Nachrichten wurde allerdings im Juni 2020 eingestellt. Das Unternehmen stellte fest, dass eine Behörde in die Plattform eingedrungen und diese dadurch kompromittiert war. EncroChat schickte daraufhin eine Warnmeldung an alle Benutzer.
Wie Eurojust informierte, nahmen Behörden zwischen 2020 und 2023 über 6.500 Verdächtige fest. Sie beschlagnahmten Vermögenswerte im Wert von mindestens 900 Millionen Euro.