JuicyFields: Cannabis-Betrug zog erneut Razzien nach sich
JuicyFields: Cannabis-Betrug zog erneut Razzien nach sich

JuicyFields: Cannabis-Investitionsbetrug mündet in 9 Festnahmen

Im Rahmen des millionenschweren Betrugsfalls bezüglich JuicyFields führten Hunderte Einsatzkräfte in vielen Ländern Hausdurchsuchungen durch.

Die europäischen Strafverfolgungsbehörden mit Unterstützung von Europol und Eurojust gingen gegen die Website-Betreiber von JuicyFields vor. Dabei nahmen die Beamten neun Verdächtige fest. Gegen einen 55-Jährigen und einen 60-Jährigen hat man Haftbefehle erlassen. Die Polizei beschlagnahmte Bankkonten und Kryptowährungen in Millionenhöhe.

Ermittlungen führen auch zu Hauptverantwortlichen

Zu Durchsuchungen kam es dabei auch in Deutschland bei 17 Wohnanschriften, zehn davon in Berlin. Laut Bericht der Polizei Berlin haben Einsatzkräfte einen 60 Jahre alter Tatverdächtigen verhaftet. Er sei wirtschaftlich Berechtigter und Entscheidungsträger der JuicyFields AG gewesen. Zudem hat man in Baden-Württemberg einen 55-jährigen Tatverdächtigen festgenommen.

Der aktuellen Aktion vorausgegangen war bereits eine Razzia im August 2022. Gemäß Informationen der Generalstaatsanwaltschaft Berlin hatte das LKA damals 12 Verdächtige im Visier. Bei vorgenommenen Durchsuchungen von deren Wohnungen und Geschäftsräumen von fünf Firmen an zwei Standorten stellten die Beamten zahlreiche Unterlagen sicher. Die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen und Daten erweiterte den Kreis der Beschuldigten auf 31 Personen.

Dazu teilte Europol am Freitag mit, dass am Aktionstag, dem 11. April 2024 über 400 Polizeibeamte in 11 Ländern 9 Haftbefehle vollstreckten. Zudem führten die Beamten 38 Hausdurchsuchungen durch. Dabei gelang es, „Bankkonten in Höhe von 4.700.000 EUR, Kryptowährungen in Höhe von 1.515.000 EUR, Bargeld in Höhe von 106.000 EUR und Immobilienvermögen in Höhe von 2.600.000 EUR“ zu beschlagnahmen bzw. einzufrieren.

Die Polizei stellte außerdem „mehrere Luxusfahrzeuge, Kunstwerke, Bargeld und verschiedene Luxusartikel sowie eine große Anzahl elektronischer Geräte und Dokumente“ sicher. Zu den Verdächtigen zählten Beteiligte „überwiegend russische, aber auch niederländische, deutsche, italienische, lettische, maltesischer, polnische, jordanische, amerikanische und venezolanische Nationalität“.

Im Rahmen der Ermittlungen gelang es, einen mutmaßlichen Hauptorganisatoren mit Wohnsitz in der Dominikanische Republik zu identifizieren. Auch dieser wurde festgenommen.

Hohe Renditeversprechen ködern Investoren

Von Anfang 2020 bis 2022 waren mehr als 550.000 Personen aus vielen Ländern auf den Websites von JuicyFields (juicyfields.io) registriert. Gemäß Europol „überwiesen tatsächlich rund 186.000 Teilnehmer Gelder in das ausgeklügelte Schneeballsystem, das von Anfang 2020 bis Juli 2022 aktiv war“. Vielversprechende Crowdsourcing-Investitionsmöglichkeiten für den Anbau, die Ernte und den Vertrieb von medizinischem Cannabis lockten Anleger letztlich in die Falle.

JuicyFields galt als Crowd-Growing-Plattform. Das Unternehmen reihte sich damit in eine ganze Reihe anderer Plattformen ein, die einer ähnlichen Geschäftsidee folgen. Der wesentliche Unterschied bestand allerdings darin, dass sie sich in erster Linie an Kleinanleger wandten. Im Gegensatz zu anderen Crowd-Growing-Plattformen konnten hier potenzielle Investoren schon ab 50 EUR pro Anlage einsteigen. Sie warben damit, Menschen mit Unternehmen für medizinisches Cannabis zu verbinden, die nach einer Finanzierung suchen.

Laut Projektangaben verwendeten die Betreiber das Geld jedes Investors, um Cannabis für Einrichtungen anzubauen, die über eine gesetzliche Genehmigung verfügen. Demgemäß konnten sich Investoren über virtuelle Gewächshäuser an Anbau, Ernte und Verkauf der medizinischen Cannabis-Pflanzen beteiligen. Gemäß den Betreibern würden die Pflanzen nach 108 Tagen geerntet, verkauft und die Anfangsinvestition mit Zinsen zwischen 33 und 66 % zurückgezahlt, was mindestens 130 % an Rendite pro Jahr bedeutet.

„Unsere Plattform bietet Ihnen die Möglichkeit, Geld zu verdienen, indem Sie kleinen Unternehmen in der Cannabisindustrie helfen, zu expandieren und sich zu verbessern. Das Ziel unseres Projekts ist es, eine globale Marke für die Herstellung von medizinischen Cannabisprodukten (Vapes und Öle) zu schaffen.“

Mit dieser vielversprechenden Geschäftsidee lockten die Betreiber der Plattform entsprechend zahlreiche Investoren an. In nur drei Monaten garantierten sie ihren Kunden Renditen von bis zu 66 Prozent, wie die spanische Zeitung ElDiario berichtete. Mit aggressiven Werbekampagnen in sozialen Netzwerken und auf Cannabis-Events, die JuicyFields in ganz Europa durchführte, machten sie auf sich aufmerksam. Seinen Sitz hatte das Unternehmen in den Niederlanden und zudem Büros in sieben Städten.

JuicyFields stellte einfache Handhabe in Aussicht

Die Betreiber sagten seit dem Start der Plattform, im Jahr 2020, zu, mit ein paar Klicks und ohne auch nur ein einziges Ausweisdokument anzufordern (geben Sie einfach eine E-Mail an), vermag man bei ihnen bis zu 180.000 Euro zu investieren. Das Geld könne man per Banküberweisung oder in Kryptowährungen begleichen. Investoren müssen nur die Anzahl der zu finanzierenden Pflanzen auswählen und schon kommt ein Zahlungsauftrag. „Ohne Komplikationen, ohne Papierkram, völlig legal“, gab das Unternehmen an. Sie stellten sicher, dass die Investition „zu 99 %“ garantiert wäre. Ziel des Geldes war dabei eine Bank im Steuerparadies Zypern.

JuicyFields entpuppte sich als Cannabis-Investitionspyramiden-Betrug

Das böse Erwachen kam für die Investoren frühestens Mitte Juli, als JuicyFields ihren Investoren zunächst bekannt gab, dass sich ein Teil der Arbeiter im Streik befinden würden. Bargeldabhebungen wurden infolge eingefroren. Es hieß, dass die Sperrung ca. 48 Stunden dauern würde. Nur zwei Tage später waren alle JuicyFields-Accounts aus den sozialen Netzwerken entfernt. Desgleichen verschwunden waren die von Mitarbeitern des Unternehmens moderierten Telegram-Gruppen, in denen sich alle Investoren befanden.

Die Geschäftsidee erwies sich somit in Nachhinein als Schneeballsystem, eine Form des Betrugs, die Anlegern große Gewinne bei minimalem Risiko verspricht. Anstatt Renditen durch legitime Geschäfte zu erzielen, verwenden Betrüger Geld von neuen Investoren, um frühere Investoren zu bezahlen, und schaffen so die Illusion eines profitablen Unternehmens.

Anleger fühlten sich um ihr Geld betrogen und klagten

Kurz danach erhielten die Anleger schon keinen Zugriff mehr auf ihr persönliches JuicyFields-Konto im Internet. Darüber war es den Investoren möglich, ihr Guthaben und den Status ihrer Anlagen einzusehen. Die Kunden befürchteten daraufhin einen Exit-Scam. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin spricht davon, dass ihnen bisher Anzeigen von 230 Anlegern vorliegen würden. ElDiario vermeldete diesbezüglich, dass Investoren sich in einer neu gegründeten Telegram-Gruppe zusammengefunden hätten. Darin befänden sich bereits mehr als 6.000 Betroffene. Auch davon hätten einige Anzeige bei der Polizei erstattet.

Von dem vermeintlichen Betrug Betroffene, kommen dabei aus vielen Ländern wie Spanien, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, den Vereinigten Staaten, Frankreich, Kolumbien, Venezuela und Mexiko. ElDiario gegenüber äußerte ein Investor in einem Telefongespräch, dass er mehr als 50.000 Euro eingezahlt habe.

Die große Zahl von Anzeigen in ganz Europa führte zur Einrichtung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe bei Eurojust, die von spanischen, deutschen und französischen Behörden geleitet und von Europol, der NCA und Polizeipartnern aus mehreren Mitgliedstaaten unterstützt wurde.

Geleerte Wallets legten Exit Scam nahe

Wie ElDiario weiter berichtete, hätten sich die Verantwortlichen von JuicyFields (nicht alle Angeklagten sind Teil derselben Unternehmen) gegenseitig vorgeworfen, alle Gelder der Investoren behalten zu haben. Gleichzeitig verzeichneten die Kryptowährungs-Wallets, mit denen das Unternehmen operierte, seit Tagen ein hohes Aktivitätsvolumen. Zig Millionen Euro seien abgehoben worden, die eigentlich den Kunden von JuicyFields gehörten.

Ebenso hätten sich eingegangene Handelsbeziehungen als falsch herausgestellt. ElDiario führte aus, dass JuicyFields im Jahr 2020 angab, sie hätten Kooperationsvereinbarungen mit Canopy Growth und Aurora. Jedoch hätten beide Unternehmen elDiario.es versichert, dass sie zu keinem Zeitpunkt eine solche Vereinbarung mit JuicFields geschlossen haben.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.