Der mutmaßliche Entwickler der Ghost-Messaging-App wurde in Gewahrsam genommen.
Der mutmaßliche Entwickler der Ghost-Messaging-App wurde in Gewahrsam genommen.
Bildquelle: AFP

Ghost: Behörden zerschlagen Messaging-App

Strafverfolgungs- und Justizbehörden haben die Messaging-App Ghost zerschlagen. Der Betreiber wurde verhaftet und bereits angeklagt.

Eine internationale Strafverfolgungsoperation führte zur Zerschlagung der verschlüsselten Kommunikationsplattform Ghost. Diese soll Drogenhandel und Geldwäsche im großen Stil ermöglicht haben. Die Ermittlungen führten dabei zur Verhaftung von 51 Verdächtigen aus mehreren Ländern. Weitere Verhaftungen sind noch zu erwarten.

Wie Europol in einer Pressemitteilung bekannt gab, so war Ghost darauf ausgelegt, eine breite Palette krimineller Aktivitäten zu ermöglichen. Darunter Drogenhandel im großen Stil, Geldwäsche, Fälle extremer Gewalt und andere Formen schwerer und organisierter Kriminalität. Die Plattform erfreute sich bei kriminellen Organisationen besonders wegen ihrer fortschrittlichen Sicherheitsmerkmale großer Beliebtheit.

Ihre Zerschlagung bedeutet insofern einen schweren Schlag für die weltweiten Netzwerke des organisierten Verbrechens. Gemäß Europol konnten die User Messaging-App Ghost kaufen, ohne persönliche Daten preiszugeben. Das Tool bot drei Verschlüsselungsstandards nebst der Möglichkeit, „eine Nachricht gefolgt von einem bestimmten Code zu senden, der zur Selbstzerstörung aller Nachrichten auf dem Zieltelefon führte“.

Quelle: Europol

Messaging-App Ghost gewährleistete „Rundum-Sorglos-Paket“ für Kriminelle

Ghost bewirkte nicht nur eine sichere Kommunikation, sondern auch „der Entdeckung zu entgehen, forensischen Maßnahmen entgegenzuwirken und ihre illegalen Operationen grenzüberschreitend zu koordinieren“. Laut Europol nutzten weltweit „mehrere Tausend Menschen das Tool, das über eine eigene Infrastruktur und Anwendungen sowie ein Netzwerk von Resellern in mehreren Ländern verfügt“.

Ermittler haben von Ghost genutzte Server in Frankreich und Island ausgemacht. Die Firmeninhaber waren in Australien ansässig. Finanzielle Vermögenswerte haben die Beamten in den USA lokalisiert. Danach starteten sie eine weltweite Operation gegen die Messaging-App.

Ghost, secured anonymity

51 Festnahmen, umfangreiche Beschlagnahmungen

Im Ergebnis ihrer Ermittlungen nahmen die Strafverfolgungsbehörden aktuell schließlich 51 Verdächtige fest. Darunter 38 in Australien, 11 in Irland, einer in Kanada und einer in Italien, der der italienischen Mafiagruppe Sacra Corona Unita angehört. Europol teilte zudem mit, dass Beamte eine Reihe von Morddrohungen abgewendet und ein Drogenlabor in Australien ausgehoben haben. Außerdem haben sie weltweit Waffen, Drogen und Bargeld im Wert von über 1 Mio. € beschlagnahmt. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen rechnen die Behörden mit weiteren Festnahmen.

Die Exekutivdirektorin von Europol, Catherine De Bolle, führte aus, die Organisation habe „deutlich gemacht, dass kriminelle Netzwerke, egal wie versteckt sie sich zu halten glauben, sich unseren gemeinsamen Bemühungen nicht entziehen können. Strafverfolgungsbehörden aus neun Ländern haben gemeinsam mit Europol ein Instrument zerschlagen, das für die schwere organisierte Kriminalität eine Lebensader darstellte“.

An der Operation haben Behörden aus Australien, Kanada, Frankreich, Island, Irland, Italien, den Niederlanden, Schweden und den Vereinigten Staaten mitgewirkt. Sie ist Teil eines umfassenderen Engagements zur Bekämpfung der weltweiten organisierten Kriminalität.

Operation Kraken: Australische Polizei infiltriert Messaging-Plattform

Ghost

Australien schloss sich im Jahr 2022 der von Europol geleiteten globalen Task Force an. Dabei erhielten die Beamten Informationen über die Messaging-App Ghost. Die australische Bundespolizei, Australian Federal Police (AFP), starteten daraufhin die Operation Kraken. Im Ergebnis ihrer Ermittlungen erfolgten am Dienstagmorgen Razzien auch in Australien. Die AFP führte dabei zahlreiche Festnahmen durch.

In einer Pressemitteilung gab die australische Bundespolizei bekannt, dass sich ihre langwierigen auf Ghost gerichteten Ermittlungen auszahlten. Etwa 700 AFP-Mitglieder vollstreckten Durchsuchungsbefehle. Zudem leisteten die Beamten während der zweitägigen Aktion am 17. und 18. September in vier australischen Bundesstaaten und Territorien Unterstützung. Nahezu gleichzeitig fanden in Irland, Italien, Schweden und Kanada Polizeirazzien statt.

Zu den Ergebnissen der Operation Kraken gehören:

  • 38 Festnahmen;
  • 71 Durchsuchungsbefehle vollstreckt;
  • Eingreifen bei 50 Bedrohungen gegen das Leben/Drohungen mit Körperverletzung;
  • Verhinderung, dass mehr als 200 kg illegaler Drogen der australischen Bevölkerung Schaden zufügen; und
  • Beschlagnahmung von 25 illegalen Schusswaffen/Waffen.

Gegen die mutmaßlichen australischen Straftäter, denen die Nutzung von Ghost vorgeworfen wird, drohen schwere Anklagen, darunter auch lange Gefängnisstrafen. Ferner informierte die AFP über die Zerschlagung gleich mehrerer Verbrechersyndikate. Den australischen Tätern, die Ghost nutzten, wird vorgeworfen, „illegale Drogen zu handeln, Geld zu waschen, Morde anzuordnen oder mit schwerer Gewalt zu drohen. In Australien verhinderte die AFP etwa 50 Mord- bzw. Verletzungsdrohungen“.

Ghost-Entwickler angeklagt

Ghost

Zudem erfolgte gegen den mutmaßlichen Ghost-Entwickler eine Anklage. Die stellvertretende Kommissarin der AFP, Kirsty Schofield, kommentierte, „Unsere taktischen Teams konnten ihn und [einige] Geräte in weniger als 30 Sekunden sicherstellen“.

Ermittler nahmen Jay Je Yoon Jung, einen 32-jährigen australischen Staatsbürger aus Narwee im Süden Sydneys, am Dienstag gegen 4 Uhr morgens fest. Er erhielt eine Anklage. Ihm wird vorgeworfen, eine verschlüsselte Nachrichten-App entwickelt und verwaltet zu haben, die von Verbrecherbanden auf der ganzen Welt zum Drogen- und Waffenhandel, zur Geldwäsche und zur Anordnung von Morden verwendet wird.

Jay Je Yoon Jung erschien am Mittwoch vor einem Gericht in Sydney. Gegen Jung erhob die AFP Anklage in fünf Punkten, unter anderem wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung und Begünstigung von Straftaten. Die australische Bundespolizei informierte, Jung habe modifizierte Smartphones für jeweils 2.350 australische Dollar (1.429 Euro) verkauft, zusammen mit einem sechsmonatigen Abonnement für ein verschlüsseltes Netzwerk und technischen Support.

Der stellvertretende Leiter der australischen Bundespolizei, Ian McCartney, beschrieb Jung gemäß The Guardian als „Computerfreak“ ohne Vorstrafen, der noch bei seinen Eltern lebe. Laut AFP waren am 17. September in Australien 376 Mobiltelefone im Einsatz.

Gemäß AFP nutzte der Administrator ein Netzwerk aus Wiederverkäufern, „um Kriminellen auf der ganzen Welt Spezialhandys anzubieten“. Ghost wurde vor etwa neun Jahren gegründet. Allerdings ergab sich für die Strafverfolgungsbehörden erst 2022 die Möglichkeit, die Plattform ins Visier zu nehmen.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.