Der EuGH hat heute ein Grundsatzurteil zum Thema Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten gefällt. Dies ist ein Teilerfolg.
Das Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofes zum Thema Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten dürfte als teilweiser Erfolg zu werten sein. Zumindest hat der EuGH die Praxis der jahrelangen Speicherung der Fluggastdaten aller Bürger als grundrechtswidrig verworfen. Berechtigte Stellen dürfen die Daten von außereuropäischen Flügen künftig nur noch maximal sechs Monate lang speichern.
Innereuropäische Flüge werden wiederum anders behandelt. Hier dürfen die Fluggastdaten nur dann gespeichert werden, wenn konkrete Anschlagsgefahr besteht. Zusätzlich erlauben auch „besondere Umstände“ eine Speicherung. Der EuGH erteilte zudem „selbst lernenden“ Algorithmen eine Abfuhr. Dies betrifft auch die berüchtigten Video-Lügendetektoren.
„Ständige Beobachtung und Verdächtigung schützt nicht vor Anschlägen“
Der Europaabgeordnete der Piratenpartei, Dr. Patrick Breyer, kommentiert das Urteil zu der Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten wie folgt:
Die EU-Überwachungsfanatiker haben erneut unsere Grundrechte missachtet. Das heutige Urteil schützt Reisende besser vor Generalverdacht und Falschverdächtigung mit Fehlerquoten von bis zu 99,9 %. Ständige Beobachtung und Verdächtigung schützt nicht vor Anschlägen, sondern zerstört unsere freie und offene Gesellschaft. Dass intransparente Black-Box-Bewertungssysteme verboten wurden, ist ein besonderer Erfolg gegen dystopische KI-Techologien allgemein wie z.B. „Video-Lügendetektoren“.
Dass eine sechsmonatige Vorratsspeicherung der Informationen aller Reisender aus und nach Nicht-EU-Staaten zugelassen wurde, bedauere ich. Es mag schwierig sein, Ausreisen zu erfassen und dann einzeln zu löschen. Auf keinen Fall ist diese Entscheidung ein Präzedenzfall für das weiter geltende Verbot flächendeckender Vorratsdatenspeicherung von Anruf- und Handy-Bewegungsdaten, die viel sensibler sind als Flugreiseinformationen.
Dr. Patrick Breyer, EU-Abgeordneter der Piratenpartei
Liga für Menschenrechte reichte Klage gegen Speicherung von Fluggastdaten ein
Das Urteil, welches hier als PDF verfügbar ist und als Antwort auf die Klage der Ligue des droits humains (Liga für Menschenrechte) folgte, ist als Rechtssache C-817/19 verzeichnet. Die Klage reichte die Liga für Menschenrechte bereits 2017 beim belgischen Verfassungsgerichtshof ein. Die Liga bezog sich in ihrer Klage auf die Richtlinie 2016/681 über die Verwendung von Fluggastdaten. Sie führte als Klagegrund an, dass die betroffene Richtlinie das im belgischen und im Unionsrecht garantierte Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten gefährde.
Im Detail rügte die LDH den sehr breiten Charakter der Richtlinie und den allgemeinen Charakter der Erhebung, Übermittlung und Verarbeitung von Fluggastdaten.
Tarnkappe.info