Regisseurin Coralie Fargeat glaubt, die vorzeitige Veröffentlichung ihres Horrorfilms "The Substance" trug zu dessen Erfolg bei.
Gegenüber dem spanischen Online-Portal Kinótico äußerte sich Coralie Fargeat, die Regisseurin des Body-Horrorfilms „The Substance“. Dieser wurde dieses Jahr dankenswerterweise fünf Mal für den Oscar nominiert und erhielt immerhin einen. Wenn auch nur den für das beste Make up und die Frisuren. Ein Kommentar.
Bemerkenswert ist zweifellos, dass Fargeat auf die Forderung von Universal nicht einging, sich ein weniger blutiges Ende einfallen zu lassen. Den weltweiten Vertrieb übernahm dann stattdessen unter anderem Mubi, eine zuvor unbekannte Streaming-Plattform für anspruchsvolle Independent-Filme.
The Substance Leak: die vielen Memes weckten großes Interesse
Der Film ist einfach großartig, seine Wirkung hätte er aber ohne das abgefahrene Finale nicht entfalten können. Damit wäre auch der tiefere Sinn verloren gegangen. Das verspritze Kunstblut (21.000 Liter!) wollte Universal Pictures dem Mainstream-Publikum nicht zumuten. Doch statt sich ein anderes Ende auszudenken, weigerte sich Coralie Fargeat standhaft, ihr Werk massentauglich zu machen. Mubi sprang neben anderen Kooperationspartnern für zahlreiche Länder als Vertriebspartner ein, der Film war gerettet.
Zwischen der Veröffentlichung in den Kinos der USA und Deutschland erschien der Horrorfilm im Internet, plötzlich war eine hochauflösende Version verfügbar. Regisseurin Fargeat hatte Glück im Unglück. Ihre unmissverständliche Kritik am Jugendwahn Hollywoods gefällt vielen Zuschauern. Aufgrund des hochwertigen geleakten Materials in HD Ready-Qualität und wenige Tage später in Full HD, entstanden unzählige Memes vom Film, die das öffentliche Interesse kräftig angeheizt haben.
Filmproduzenten können sich kaum gegen Online-Piraterie zur Wehr setzen
Coralie Fargeat räumt im Interview mit Kinótico ein, sie habe sich alle Memes angeschaut. Die Piraten waren diesmal entgegen aller Wahrscheinlichkeit die überraschenden Verbündeten des Teams von „The Substance“. „Es war verrückt, was in den sozialen Medien passierte. Ich habe das überhaupt nicht erwartet„, sagte Fargeat im Interview. Natürlich gefiel es der Frau nicht, dass ihr Film, wie andere Werke zuvor, plötzlich vorzeitig illegal im Internet verfügbar war und bis heute ist. Regisseure wollen, dass man sich ihre Werk im Kino ansieht. Ehrlich gesagt, da gehört „The Substance“ auch hin, obwohl auf der großen Filmleinwand so manche Szenen noch verstörender wirken, als auf dem Monitor* eines Computers. Fargeat sagte, heutzutage sei es sehr schwierig, der Online-Piraterie zu entkommen, egal wie sehr man versucht, sie zu vermeiden.
Doch in diesem Fall stellt die Schwarzkopie ausnahmsweise ein regelrechtes Marketinginstrument und kein Hindernis dar. Die Memes, die die Menschen im Netz gesehen haben, brachten viele dazu, ins Kino zu gehen, um den Film zu entdecken. Fargeat weiter: „Sie wollten sich das Erlebnis nicht entgehen lassen, den Film gemeinsam mit anderen zu sehen.„
TorrentFreak rechnet vor, es gab ein Produktionsbudget von 18 Millionen Dollar. Und dann haben Mubi und die anderen Verleiher am Ende schätzungsweise 82 Millionen Dollar an den Kinokassen eingenommen. Nicht schlecht für einen Film, der abseits der Lichtspielhäuser viel zu früh das Licht der Welt erblickte. Erst recht in Anbetracht der Tatsache, da es sich bei diesem Streifen um keine einfach zu verdauende Ware handelt. Coralie Fargeat kommentierte, man könne manche Dinge nicht kontrollieren. Aber die Resonanz auf die im Internet verbreiteten Memes beim The Substance Leak war nach ihrer Ansicht „einfach unglaublich„.
The Substance Leak: Das Beispiel ist leider nur auf wenige Filme übertragbar
Überaus fraglich ist hingegen, ob die vorzeitige Verbreitung eines Filmmitschnitts stets eine derart positive Wirkung entfaltet. Warum? Ganz einfach: Die meisten Zuschauer sehen sich jeden Film exakt ein Mal an. Haben sie ihn schon daheim gesehen, werden wohl nur noch die wenigsten anschließend eine Kinokarte kaufen.
Doch bei diesem Horrorfilm kamen gleich mehrere Faktoren zusammen, die eher zufällig zum Glücksfall wurden. Demi Moore spielte ohne Übertreibung die Rolle ihres Lebens, ihr Comeback hat sie sich hart erarbeitet. Nur zum Vergleich: Ihr deutlich jüngeres Pendant Margaret Qualley ist mal eben satte 31 Jahre jünger!
Es ist kein Geheimnis: Männer dürfen in Hollywood als Schauspieler in Würde altern. Man zeigt sie selbst dann noch, wenn die Haare grau und der Lack ab ist. Frauen haben dieses Glück nicht. Zeigen ihre Körper trotz Diät und Fitnesstraining, dass sie nicht mehr jung sind, erlahmt schlagartig die Chance, eine neue Rolle zu bekommen. Dabei spielt es keine Rolle, was sie können oder schon geleistet haben.
Plötzlich gibt es eine junge und eine alte Version des gleichen Menschen
Demi Moore gibt im Film alles und verhält sich absolut uneitel. Moore spielt die Aerobic-Ikone Elizabeth Sparkle, die nach Ende ihrer Karriere immerhin noch im Fernsehen vorturnen darf. Und dann eines schönen Tages eröffnete ihr der TV-Produzent, gespielt von Dennis Quaid, dass sie von gestern ist. Man benötige jetzt Frischfleisch, damit die Investoren und alle anderen männlichen Zuschauer endlich wieder etwas Appetitliches zu sehen bekommen. Für die Schauspielerin geht die Welt unter. Ein Leben ganz ohne öffentliche Aufmerksamkeit und ohne ihre schier unbezahlbare Wohnung mit der traumhaften Aussicht kann sie sich nicht vorstellen.
Plötzlich erkennt sie eine neue Chance. Nach einem Autounfall geht sie auf das Angebot eines anonymen Herstellers ein, der „The Substance“ vertreibt. Schon eine Injektion soll ausreichend sein, um ihr besseres ich zum Vorschein zu bringen. Jünger, hübscher, begehrenswerter. Doch für die Anwendung gibt es klare Regeln. Wer dagegen verstößt, muss mit eklatanten Konsequenzen rechnen. Dass das nicht so gut klappt mit den strikten Regeln, dürfte ja jetzt schon klar sein.
Akzeptiere einfach, wie du jetzt aussiehst. Niemand kann seinen Alterungsprozess rückgängig machen!
Kurz gesagt steckt dahinter die Philosophie, dass egal was man tut, nichts daran ändern kann, das man altert. Das Einzige, was man tun kann, ist, die innere Einstellung dazu zu ändern. Doch das will die aussortierte Aerobic-Ikone nicht. Sie will die ewige Jugend und natürlich am liebsten für immer. Um nicht vergessen zu werden, würde sie alles tun.
Wie schon angedeutet, endet das Ganze in einer waschechten Katastrophe mit 21.000 Litern Blut. Der Film ist trotz seiner kleinen Hänger wirklich sehenswert. Schaut euch The Substance als Leak nicht auf dem heimischen PC* an. Ehrlich, es wäre schade drum. Der Film läuft derzeit noch in ein paar ausgewählten Kinos in ganz Deutschland. Die Investition in den Kauf einer Kinokarte lohnt sich – und das nicht nur für Horrorfans.
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