Die Zwei-Faktor-Authentifizierung der REWE Bonus-App hält nicht, was sie verspricht: Sicherheit. Sie lässt Kriminellen Hintertüre offen.
Am 29. Dezember 2024 hat sich die Lebensmitteleinzelhandelskette REWE von Payback getrennt. Das Unternehmen brachte ein eigenes System namens „REWE Bonus“ auf den Markt. Wahrscheinlich geschah dies, um selbst Marketing und Kundenanalysen durchführen zu können, ohne von Dritten abhängig zu sein. Payback war zudem durch gleich mehrere Skandale in Verruf geraten. Nicht nur konnten sich Fremde über gephishte Zugangsdaten Geld auf ein beliebiges Bankkonto auszahlen lassen oder die Punkte einlösen. Nein, auch das Aufbuchen auf Miles & More war lange Zeit mit illegal erworbenen Konten und Payback-Punkten möglich.
Durch die Partnerschaft mit dem Werbe- und Kundenbindungsprogramm Payback, das American Express gehört, scheint man doch nicht so gute Erfahrungen gemacht zu haben, wie gehofft. Oder Payback war REWE möglicherweise schlichtweg zu teuer. Ab dem 01. Januar führte man deswegen die REWE Bonus-App ein.
Alles wurde besser mit dem REWE Bonus?
Als REWE-Kunde hatte ich die Hoffnung, dass sich durch das neue Programm Vieles zum Besseren ändert. Insbesondere, dass mein angesammeltes Guthaben vor Betrügern geschützt ist und ich beim Einkauf attraktivere Konditionen bekomme.
Nach einem guten Start kam die Ernüchterung, als REWE Anfang April die Möglichkeiten, prozentuale Rabatte für einen Großeinkauf zu erhalten, massiv eindämmte. Für so manche Kunden hat das Bonusprogramm dadurch erheblich an Attraktivität eingebüßt. Für einen Rabatt-Coupon in Höhe von zehn Prozent musste man plötzlich Waren im Wert von 500 Euro einkaufen, statt wie vorher für €400.
Aber nicht nur das. Jedes Guthaben-System lockt naturgemäß Kriminelle an, die dadurch einfach und schnell an fremdes Geld kommen wollen. Während der Login bei der REWE Bonus-App „glücklicherweise“ (man könnte auch sagen nervigerweise) durch Cloudflare geschützt wird, war das System in der Vergangenheit anfällig für Phishing-Kampagnen. Zumindest sind bei den einschlägig bekannten Foren etc. gleich mehrere Phishing-Datenbanken aufgetaucht, die auch REWE-Kunden betreffen. Cyberkriminelle müssen im Prinzip nichts weiter tun, als gezielt nach den Bons von REWE zu suchen, die sie nach dem Einkauf per E-Mail zugeschickt bekommen.
Noch keine entsprechenden Angebote im Graubereich
Es ist verwunderlich, dass ich im Graubereich bis jetzt noch auf keine Angebote gestoßen bin, die sich auf einen zielgerichteten Markt für Zugangsdaten für die REWE Bonus-App spezialisiert haben. Verfügbar sind nur die üblichen Mail-Pass-Listen (Erläuterung: Datenbanken mit E-Mail-Adressen der Kunden in Kombination mit ihrem Passwort). Und wie gesagt, wer sucht, stößt mit einfachen REWE-spezifischen Suchbegriffen sofort auf die per E-Mail zugesendeten Kassenzettel. Da es genügend Tools gibt, die E-Mail-Adressen nach bestimmten Keywords durchsuchen und nach einer vordefinierten Anzahl von Checks die IP-Adresse ändern, ist es auch für E-Mail-Anbieter nicht so einfach zu erkennen, dass gerade ein Tool für einen Cyberkriminellen eine E-Mail-Passwort-Liste auf ihre Gültigkeit prüft.
Nach erfolgreicher Suche innerhalb der mittels Phishing erhaltenen Datenbank und dem Finden der Accounts kann man sich ohne zusätzlichen 2FA-Schutz in der App über die „Passwort vergessen“-Funktion eine E-Mail zusenden lassen. Schon ist der Kriminelle im Account drin. Dann kann er das im Account hinterlegte Bonusguthaben im nächsten REWE-Markt für einen illegalen Shoppingtrip nutzen. Oder aber er greift auf einen Läufer (Erklärung: bezahlten Boten) zurück, der für ihn das Risiko übernimmt und dafür etwas vom Einkauf abgeben muss. Üblicherweise behalten Läufer etwa die Hälfte des Warenwertes.
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Verantwortungsdiffusion nach Machart eines Einzelhandelskonzerns
Der Haken an der Sache liegt wie üblich im Detail. Nach mehrmaliger E-Mail-Korrespondenz mit der Presseabteilung der REWE Group teilte man uns mit, dass verkürzt ausgedrückt, die komplette Verantwortung für die Sicherheit beim Kunden liegt. Damit wäre man selbst fein raus. Okay, das war jetzt vielleicht doch etwas zu kurz gefasst.
Die Communication Managerin teilte uns mit, dass der REWE Bonus sicher sei. Wir äußerten unsere Bedenken, weil wir unter einem sicheren 2FA-Verfahren etwas anderes verstehen. Nämlich das Generieren eines Codes mit einer externen App, um sich erfolgreich einzuloggen. Die Marketing-Expertin schrieb uns zurück die „E-Mailkonten der Nutzer:innen (…) betrifft Systeme außerhalb unseres Verantwortungsbereichs.“ Aha. Da sich die Sicherheits-Problematik außerhalb ihres Einflussbereichs befindet, nämlich bei den E-Mail-Anbietern, trägt man für mögliche Betrugsfälle keine Verantwortung mehr? Oder wie sollen wir das jetzt bitteschön verstehen!?
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REWEs neues Antifraud-System macht es den Cyberkriminellen nicht viel schwerer, als zuvor!
Der Hintergrund ist schnell erklärt. REWE führt ab dem 27.08.2025 ein zusätzliches „Antifraud-System“ ein, was auf 2FA per E-Mail basieren soll. Wenn Cyberkriminelle aber auf Basis der Phishing-Datenbanken ohnehin Zugriff auf die E-Mail-Accounts haben, können sie ihre falsche Identität darüber problemlos bestätigen. Der Cyberkriminelle hätte nur dann ein Problem, sofern ein Kunde seine Daten innerhalb der Phishing-Datenbanken entdecken und deswegen das Passwort ändern oder beim E-Mail-Anbieter 2FA aktivieren sollte. Ganz ehrlich: So stellen wir uns Sicherheit nicht vor, liebes REWE-Team! Warum nutzt man dafür keine geprüfte App, die den Code bei jedem Login aufs Neue generiert? Wollte man sich etwa die Kosten für SMS-2FA mit einem Anbieter wie Twilio sparen? Oder geht es vielmehr darum, dass der Login nicht zu unbequem sein darf, weil ihnen dann die Kunden davonlaufen?
Heutzutage ist ein 2FA-Verfahren, besonders wenn es um finanzielle Vorteile geht, über einen Authenticator oder aber mindestens eine SMS zwingend erforderlich. Ist es denn wirklich zu viel verlangt, wenn Kunden einen per SMS erhaltenen Code für den Login in die App eintragen? Oder sie dafür alternativ eine zusätzliche App benutzen?
REWE reagierte ausweichend auf unsere Anfragen
Am Ende des Beitrags bringen wir die Presseanfrage und Rückfrage plus alle Antworten als vollständiges Zitat. Wir finden, REWE hat bei unseren spezifischen Nachfragen sehr ausweichend reagiert. Da die Kunden beim geplanten System weiterhin ein hohes Risiko eingehen, sollte man sich ernsthaft überlegen, ob man das REWE Bonus-Programm fortsetzen will. Vielleicht wäre es besser, das angesammelte Guthaben beim nächsten Einkauf einzulösen. Dann könnte man entspannt darauf warten, ob der REWE Konzern vielleicht doch noch seine Sicherheitsstrategie zum Besseren ändert.
Unter den gegebenen Umständen besteht die Gefahr, dass man den Phishern ein viel zu leichtes Spiel ermöglicht. Wer weiß schon, ob die eigenen Daten bereits Teil einer illegal erlangten Datenbank sind!? REWE sollte die Sicherheit ihrer Kunden jedes Geld der Welt wert sein. Oder aber sie sollten das Risiko eingehen, dass sich vielleicht ein paar Konsumenten von der Bonus-App abwenden, weil sie für ihren Login eine zusätzliche Authenticator-App benutzen müssen. Fazit: Bequemlichkeit sollte nicht über allem stehen.
Wir sind sehr gespannt, wie es nach dem 27.08.2025 weitergeht. Der nächste Fehler im System wird womöglich nicht lange auf sich warten lassen.
Anhang: Presseanfrage und Rückfrage inklusive aller Antworten
Presseanfrage wegen 2FA bei REWE App – Gesendet: Freitag, der 15. August 2025 um 08:31 Uhr.
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Lars Sobiraj, ich bin seit fast 20 Jahren als Online-Journalist tätig und führe seit vielen Jahren den Blog Tarnkappe.info mit täglich rund 25.000 Seitenzugriffen und dem Schwerpunkt auf Cyberkriminalität.
Wie ich hörte, führt Ihr Unternehmen ab dem 27.August den Zwang zur mehrfachen Authentifizierung für die REWE App ein. Grundlage bisheriger Missbrauchsfälle war eine durchgesickerte Datenbank mit zahlreichen E-Mail-Adressen und den entsprechenden Zugangsdaten für den Login.
Ab dem 27. August wird es für die Kunden aber weiterhin möglich sein, sich den zusätzlichen Code für den Login über E-Mail-Adresse zu besorgen, mit der sich die Kunden registriert haben. In dem Fall würden die Besitzer der illegalen Datenbank, also die Cyberkriminellen, weiterhin Zugriff auf den Code haben, außer Ihre Kunden haben zwischenzeitlich ihr Passwort geändert, was wahrscheinlich kaum bis gar nicht der Fall sein dürfte.
Meine Presseanfrage: Wie will REWE die Sicherheit der Kunden garantieren, wenn die neue Login-Methode zwar bequem aber weiterhin unsicher ist weil ihre Sicherheit darauf basiert, dass sie ihre Passwörter zwischenzeitlich geändert haben? Über eine zeitnahe Antwort würde ich mich sehr freuen.
Meinen Presseausweis hänge ich Ihnen als Anhang an. MfG!
Antwort vom 2025-08-19 um 14:00 Uhr
Sehr geehrter Herr Sobiraj,
für die Anmeldung in der REWE App benötigt man ein Passwort und für den Zugriff auf den persönlichen E-Mail-Account bei einem Provider braucht man ein Passwort. Bei einem Leak werden üblicherweise Datensätze einer Quelle gehackt. Werden unterschiedliche Passwörter genutzt, was grundsätzlich dringend geboten ist, ist die 2FA eine funktionierende Sicherheitsschwelle, die unberechtigte Zugriffe wirksam erschwert. Verwenden Nutzer:innen für mehrere Apps/Online-Anwendungen ein identisches Kennwort, wodurch Leak-Datensätze auch bei anderen Anwendungen missbräuchlich verwendet werden können, ist das grob fahrlässig und nicht der Verantwortungsbereich von REWE. MfG!
Rückfrage vom 2025-08-18 um 16:23 Uhr
Sehr geehrte Frau **********,
wie kann die REWE Bonus-App sicher sein, wenn Cyberkriminelle mittels der Daten aus dem Leak auch auf die E-Mail-Adresse einiger Kunden zugreifen können, die Sie ja für die Überprüfung nutzen wollen? Die holen sich den Code einfach aus dem Postfach Ihrer Kunden und haben sich somit als echt bestätigt.
Ein 2FA-Verfahren mittels der App Authenticator etc. würde sich doch auch in Ihrem Verantwortungsbereich befinden. Ich kann Ihre Argumentation nicht nachvollziehen. MfG!
Antwort vom 2025-08-19 um 14:00 Uhr
Sehr geehrter Herr Sobiraj,
für die Anmeldung in der REWE App benötigt man ein Passwort und für den Zugriff auf den persönlichen E-Mail-Account bei einem Provider braucht man ein Passwort. Bei einem Leak werden üblicherweise Datensätze einer Quelle gehackt. Werden unterschiedliche Passwörter genutzt, was grundsätzlich dringend geboten ist, ist die 2FA eine funktionierende Sicherheitsschwelle, die unberechtigte Zugriffe wirksam erschwert. Verwenden Nutzer:innen für mehrere Apps/Online-Anwendungen ein identisches Kennwort, wodurch Leak-Datensätze auch bei anderen Anwendungen missbräuchlich verwendet werden können, ist das grob fahrlässig und nicht der Verantwortungsbereich von REWE.
Mit freundlichen Grüßen
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Fazit zum Thema REWE Bonus-App
Danach haben wir es, ehrlich gesagt, aufgegeben weitere Anfragen zu verschicken. Der Marketing-Spezialistin von REWE dürfte klar sein, wie hoch der Anteil der Personen ist, die ihre Passwörter gleich mehrfach benutzen. Dazu kommen die Menschen, die sehr kurze Passwörter verwenden oder schlichtweg nur 123456 etc. Ein Fest für Brute-Force-Angriffe!
Natürlich ist das Verhalten der Kunden grob fahrlässig und dennoch sollte man alles Menschenmögliche tun, um für ein Optimum an Sicherheit zu sorgen. Schließlich geht es darum, dass man mit dem angesparten Guthaben von REWE Bonus einkaufen gehen kann. Die REWE-Mitarbeiter an der Kasse können schließlich nicht erkennen, ob der Kunde echt oder ein Cyberkrimineller ist, der sich lediglich auf Kosten Dritter bereichern will.
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