Frankreich
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Bildquelle: Jonathan Marchal, Lizenz

Frankreich: Piraten verdienen 63 € pro Jahr und Person trotz der Website-Sperren

Frankreich. Einer aktuellen Studie zufolge verdienen Online-Piraten trotz der DNS-Sperren jährlich an jedem Einwohner stolze 63 Euro.

Die Nutzung von illegalen Online-Quellen spielt trotz der ganzen Sperren weiterhin eine große Rolle. Laut einem Bericht des französischen Verbandes der Themenkanäle (ACCES) aus November 2023 übertraf die Piraterierate unabhängiger Fernsehsender in Frankreich im Jahr 2022 den europäischen Durchschnitt, wobei die Einnahmeverluste 500 Millionen Euro pro Jahr erreichten.

In Frankreich greifen nur 5,1 % der Nutzer auf illegale Quellen zu

Rechnet man kulturelle Programme wie Konzerte, Theateraufführungen und Spielshows hinzu, so belaufen sich die Schätzungen allein in Frankreich auf mehr als 1 Milliarde Euro pro Jahr. Die Studie schätzt, dass 5,1 % der französischen Verbraucher auf illegale Quellen zugreifen. Das entspricht einem illegalen Einkommen von 63 € pro Jahr und Person.

In der gesamten Europäischen Union hat die Piraterie von Live-Sportveranstaltungen weiter zugenommen. Und zwar von durchschnittlich 0,42 Zugriffen pro Nutzer und Monat im Jahr 2021 auf 0,55 Zugriffe im Jahr 2022, was nach den in diesem Bericht zitierten Daten des EUIPO einem Anstieg von 30 % innerhalb eines Jahres entspricht. Nur das Vereinigte Königreich hat eine höhere Piraterierate. Doch auch dort sperrt man fleißig die Websites von Online-Piraten.

Website-Sperren zu umständlich und wenig effektiv

ACCES, Logo

Dass die Sperrung von Websites in Frankreich funktioniert, ist unbestritten. Der Bericht stellt fest, dass die Sperrung von Websites den illegalen Konsum zwischen Oktober 2022 und März 2023 um 23 % reduziert hat, was auf den von der französischen Regulierungsbehörde ARCOM im Jahr 2022 gemeldeten Erfolgen aufbaut. ARCOM hatte 51 Verweise auf Piraterie für 481 illegale Domains erhalten, was zur Sperrung von 835 illegalen Websites von Januar bis September desselben Jahres führte.

Aber auch wenn das Verfahren funktioniert, müssen die Anträge auf Sperrung über die ARCOM an die Internetanbieter weitergeleitet werden. Die Sperren verhindern nicht, dass die Release Groups die Warez im Internet verbreiten. Außerdem kann man argumentieren, dass die niedrige Konversionsrate zu kostenpflichtigen Diensten nur ein Indiz dafür ist, dass Sperren kein vollständiges Mittel gegen die Piraterie darstellt. Nur 7 % der Personen, die auf eine gesperrte illegale Website stießen, wechselten zu einer legalen Website.

Netflix

Wie Verbraucher auf gesperrte Piratenseiten reagieren

Im Mai 2023 forderte die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten auf, weiterhin „wirksame, geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Weiterübertragungen von Sportereignissen oder anderen Ereignissen“ zu ergreifen. Damit soll ein Eingreifen geschehen, bevor die französische Live-Sendung zu Ende ist.

Pirate

Um die volle Wirksamkeit der Aufdeckungsmaßnahmen zu gewährleisten und die Eingriffsmöglichkeiten zu optimieren, fordert die EU-Kommission „die Verwendung angepasster und skalierbarer Methoden„. Gemeint ist die Identifizierung über einen Domainnamen, eine IP-Adresse, eine URL usw. Die EU-Kommission empfahl auch die Anerkennung eines Status namens „Trusted Flagger“ für „Akteure, die Meldungen über illegal ausgestrahlte Sportinhalte machen„. Damit sollen die Internetdienstanbietern die Gewissheit haben, dass die Blockierungsanfragen von legitimen Parteien stammen.

EU-Kommission verlangt härtere Maßnahmen

Man empfahl den Videoanbietern in Frankreich und der Rest der EU auch, neuere Dienstleistungsmodelle zu erkennen und zu verstehen. Also sowohl legale als auch illegale. Zum Beispiel sollten sie Aggregatoren wie Amazon Channels und YouTube PrimeTime erkennen und mit ihnen zusammenarbeiten. Man soll verstehen, wie „Piraterie-als-Service“-Modelle die Bedrohung durch die illegale Konkurrenz vergrößert haben.

Es wurden zwar ermutigende Hinweise gegeben, aber keine auf Parametern basierenden Vorschriften erlassen. Dies steht im Gegensatz zu Italien, das beispielsweise eine 30-minütige Bearbeitungszeit für einen Sperrungsantrag vorschreibt.

Frankreich verfügt über eine robuste Industrie

Es gibt ein berechtigtes Interesse am Schutz. In Frankreich erreichen unabhängige Themenkanäle mehr als 80 % der Haushalte. Das sind 24 Millionen Haushalte mit 37 Millionen Einzelverbrauchern) und erwirtschaften 1,2 Milliarden Euro (fast 2,8 Milliarden Euro einschließlich Canal+) an Einnahmen.

disney, pirate

Die französischen Programmveranstalter haben sich gut auf die digitale Entwicklung eingestellt, indem sie einen hybriden On-Demand-/Linear-Vertrieb, kostenlose und kostenpflichtige Geschäftsmodelle und sowohl einen vom Betreiber verwalteten als auch einen offenen Internet-Vertrieb anbieten, einschließlich des mobilen 5G-Breitbandzugangs.

Von den 126 in der Studie untersuchten Themenkanälen bieten zwei Drittel der französischen Programmveranstalter mindestens eine App an, die Connected-TV-Umgebungen unterstützt. Die Hälfte von ihnen bietet einen SVOD-Dienst mit Abos an und fast zwei Drittel entwickeln werbegestützte Angebote. Viele dieser Kanäle sind in ganz Europa und weltweit verfügbar.

OTT hat die weltweite Verbreitung nur beschleunigt. Die Abkürzung OTT steht für Over the Top. Damit ist die Bereitstellung von Filmen, Shows, Musikstücken und anderen digitalen Inhalten über eine bestehende Internetverbindung gemeint. In der Vergangenheit hat man dafür primär Rundfunkwellen oder Kabelboxen verwendet.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.