Parler: soziales Netzwerk erlitt Schlappe vor Gericht
Bildquelle: parler.com

Parler: soziales Netzwerk erlitt Schlappe vor Gericht

Amazon hatte die bei Trump-Anhängern beliebte Plattform von seinem Server verbannt. Dagegen hat Parler bislang ohne Erfolg geklagt.

Am frühen Morgen des 11. Januar ging die Social-Media-Plattform Parler offline, nachdem Amazon das Webhosting für den Onlinedienst eingestellt hatte. Parler verklagte Amazon als Antwort. Aktuell kassierte Parler im Rechtsstreit allerdings eine Niederlage. Eine US-Bundesrichterin wies am Donnerstag einen Antrag von Parler auf Aufhebung der Sperre zurück, berichtet Reuters.

Das soziale Netzwerk Parler gründeten die Software-Entwickler John Matze und Jared Thomson sowie die Investorin Rebekah Mercerin Henderson. Ihr Portal sollte eine„Redefreiheit“-Alternative zu Twitter und Facebook darstellen. Der Name leitet sich von dem französischen Wort „parler“ („reden“) ab. Die gewählte Bezeichnung soll für uneingeschränkte Meinungsfreiheit stehen.

Amazons Cloud-Tochter AWS kündigte Parler nach Sturm auf das Kapitol

Parler Logo

Die Betreibergesellschaft hat die Amazon Web Services für Parler eingestellt, weil eine Woche zuvor Trump-Anhänger den Dienst dafür nutzten, um den Sturm auf das US-Kapitol zu organisieren. Laut Amazon ignorierte Parler zudem wiederholte Warnungen, um das Wachstum gewalttätiger Inhalte auf seiner Website wirksam zu mildern. Dazu gehörten Aufrufe zur Ermordung prominenter demokratischer Politiker, führender Wirtschaftsführer und Medienvertreter. Zudem wollte Donald Trump das Portal ebenfalls zu seinen Zwecken nutzen, was Amazon unterbunden hat. Parler verklagte AWS als Reaktion auf die Einstellung seiner Dienste. Parler meint, abgesehen von den „Anekdoten in der Presse“ gebe es keine Beweise dafür, dass sie eine Rolle bei der Auslösung der Unruhen spielten. Es sei infolge unfair, Millionen gesetzestreuer Amerikaner eine Plattform für freie Meinungsäußerung zu entziehen.

Demgemäß strebte Parler eine einstweilige Verfügung gegen den Hosting-Dienst Amazons an, um schnellstmöglich wieder online gehen zu können. Sie warfen Amazon Kartellverstoß und Vertragsverletzungen vor. Mit russischen Anbietern brachte Parler inzwischen eine statische Version ihrer Website erneut online. Seine Dienste sind jedoch immer noch nicht wiederhergestellt. Weder funktioniere die App, noch das soziale Netwerk. Die US-Richterin Barbara Rothstein vom Bezirksgericht in Seattle lehnte allerdings am Donnerstag die Forderung von Parler an Amazon ab.

US-Gericht sieht keine Gründe für einstweilige Verfügung

„Für eine einstweilige Verfügung muss ein Kläger in den USA unter anderem zeigen, dass er Aussichten auf einen Erfolg in der Sache habe, ihm ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen könne und eine solche Entscheidung im öffentlichen Interesse sei.

Die Richterin räumte zwar ein, dass dem Onlinedienst durch Amazons Vorgehen das Aus drohe. Das allein reiche aber nicht für eine einstweilige Verfügung aus.“ So heißt es in einer dpa-Meldung bei Onvista. Den Forderungen wurde Parler demnach nicht gerecht.

Richterin Rothstein hält einen Nachweis von Parler für unwahrscheinlich, dass Amazon gegen seinen Vertrag oder gegen das Kartellrecht verstoßen habe. Sie lehnte zudem den Vorschlag mit Nachdruck ab, dem öffentlichen Interesse durch eine einstweilige Verfügung zu dienen, wonach Amazon Web Services „die in diesem Fall in Rede stehenden missbräuchlichen, gewalttätigen Inhalte hosten muss, insbesondere angesichts der jüngsten Unruhen im US- Kapitol“. „Dieses Ereignis“, fügte sie hinzu, „war eine tragische Erinnerung daran, dass zündende Rhetorik, schneller und einfacher als viele von uns gehofft hätten, einen rechtmäßigen Protest in einen gewalttätigen Aufstand verwandeln kann.“

Gemäß Reuters äußerte sich bezüglich der Entscheidung eine Unternehmenssprecherin von Amazon.

„Wir begrüßen die sorgfältige Entscheidung des Gerichts. Hier ging es nicht um Redefreiheit. Es ging um einen Kunden, der unsere Nutzungsbedingungen konsequent verletzt hat.“

crimenetwork.co, Werdermann/von Rüden

Der Onlinedienst hingegen behauptet in der Klage, Amazon habe unter Verstoß gegen das Kartellrecht mit Twitter zusammengearbeitet, um „Parler einen Todeststoß zu versezten – genau zu dem Zeitpunkt, an dem es ein schnelles Wachstum verzeichnete“. Das Gericht schloss sich letztlich der Meinung Amazons an.

Allerdings verwies Bundesrichterin Barbara Rothstein darauf, dass Parler die Option weiterhin offenstehe, seine Klage gegen Amazon weiter zu verfolgen. Demgemäß hat ihre Entscheidung nur vorläufigen Charakter.

Tarnkappe.info

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Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.