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EncroChat-Prozess mündet für 34-Jährigen in mehrjähriger Haftstrafe

Abgefangene Daten aus dem EncroChat-Hack enden für einen 34-jährigen Beschuldigten in 6,5 Jahren Gefängnis und einer Drogengewinn-Abgabe.

Das Landgericht Konstanz befasste sich von Februar bis Mitte März dieses Jahres an insgesamt drei Verhandlungstagen erneut mit einem EncroChat-Prozess. Dem Beschuldigten, einem 34-jährigen Familienvater aus einer Umlandgemeinde im Raum Villingen-Schwenningen, warf man vier Fälle das Handeln mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge vor.

Konkret soll er in einem Zeitraum von März bis Mai 2020 insgesamt 55 kg Marihuana sowie 1 kg Kokain an seine Kunden vertrieben haben. Neben einer mehrjährigen Haftstrafe von 6,5 Jahren muss der Angeklagte zudem, gemäß dem Urteil, alle erzielten Gewinne aus seinem Drogenhandel, immerhin stattliche 302.500 Euro, an die Staatskasse abgeben. Darüber berichtete der Schwarzwälder Bote.

Schwunghafter Betäubungsmittel-Handel soll stattliche Gewinne eingefahren haben

In der Verhandlung führte Staatsanwalt Pankratz von der Staatsanwaltschaft Konstanz auf, dass sein schwunghafter Betäubungsmittel-Handel dem Beschuldigten immerhin beträchtliche Gewinne einbrachte. Dabei belasteten den Angeklagten keineswegs nur die gewonnenen Protokolle aus seinem EncroChat-Handy. Indizien und Notizbücher sowie die Ermittlungsergebnisse deuteten ferner auf eine Schuld des Angeklagten hin wegen eindeutigen Übereinstimmungen.

Strafmildernd sollte sich jedoch auswirken, dass der 34-Jährige bisher noch nicht mit dem Gesetz in Konflikt kam. Somit forderte Pankratz abschließend eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren. Des Weiteren beantragte er eine Vermögenseinziehung in Höhe des angenommenen Gewinns aus dem Drogenhandel.

Verteidigung fordert Freispruch und beantragt Beweisverwertungsverbot der EncroChat-Daten

Gleich zwei Rechtsanwälte standen dem Angeklagten bei der Verteidigung zur Seite. Von vornherein zweifelten sie die Echtheit der Encro-Chat-Prorokolle an. Diese hätten die Beamten ihrer Meinung nach wegen der fehlenden richterlichen Beschlüsse gar nicht erst auswerten dürfen. Darauf aufbauend stellte die Verteidigung an die Kammer mehrere Beweisanträge mit dem Ziel eines Beweisverwertungsverbots. Demgemäß forderten sie Einblicke in verschiedene Aktenbestandteile. Zudem sollten weitere Zeugen vorgeladen werden von der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft und des Bundeskriminalamtes. Auch eine Ermittlerin aus London solle angehört werden.

Insgesamt sei ihr Mandant bisher unbescholten und wäre ohne eine EncroChat-Datenverwertung gar nicht erst in die Mühlen der Justiz geraten. Er sei dabei also völlig unberechtigt ins Visier der Ermittler geraten, führt Rechtsanwalt Frank aus. Ihm gemäß hätten „die deutschen Behörden für die Einleitung der Ermittlungen frühzeitig entsprechende, richterliche Beschlüsse einholen müssen“. Rechtsanwalt Raich fügt ergänzend hinzu: „Unserer Ansicht nach ist es unterblieben, dass das Gericht den noch offenen und entscheidenden Fragen nachgegangen ist“. Folglich forderte die Verteidigung für ihren Mandanten einen Freispruch.

Der EncroChat-Hack ließ Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Daten-Verwertung aufkommen. Entsprechend sprach sich das Landgericht Berlin noch im Juli vergangenen Jahres gegen eine Daten-Verwendung des EncroChat-Hacks aus. Das Gericht ging in seiner Argumentation von der Tatsache aus, dass die erfolgte Handy-Spionage ohne einen „erforderlichen konkreten Tatverdacht“ durchgeführt worden sei. Somit wäre infolge auch eine auf dieser Basis durchgeführte Überwachung nicht gerechtfertigt. Dieser Rechtssprechung schlossen sich die Verteidiger auch für diesen Fall offenbar an.

EncroChat-Datenauswertungen unterliegen für Landgericht Konstanz keinem Verwertungsgebot

Der Vorsitzende Richter, Arno Hornstein, wies jedoch die Beweisanträge der Verteidigung zurück. Er war der Meinung, sie seien zur Amtsaufklärung nicht notwendig. Ihm zufolge hätte die Kammer „ausreichend Geduld entgegengebracht“. Die Kammer wertete im Urteil, dass hier die Inhalte der Beweisaufnahme gegen den Angeklagten sprechen. Richter Hornstein betonte:

„Die Vorgehensweise des 34-Jährigen zeigt ein gut organisiertes, konspiratives Vorgehen mit entsprechender, krimineller Energie. Aus den zur Last gelegten Mengen an Rauschgift konnten letztlich tausende von Konsumeinheiten gewonnen werden.“

In der Urteilsbegründung führte Richter Hornstein aus:

„Wir sind uns einig, dass der BGH hier das letzte Wort haben wird“

Ergänzend wies er auf einen jüngsten Entscheid des BGH hin. Erstmals äußerte sich der BGH am 8. Februar 2022 bezüglich der Verwertbarkeit von Beweisergebnissen, die Ermittler aus der Überwachung der Kommunikation mittels EncroChat gewonnen hatten. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die durch französische Behörden gewonnenen Erkenntnisse per EncroChat im Ergebnis verwertbar sind. Der Vorsitzende Richter sieht diesen BGH-Entscheid bereits als richtungsweisend an. Entsprechend hatte die Kammer in diesem Verfahren auch keine Verwertungsproblematik gesehen. Dennoch dürfte eine endgültige Klärung der Debatte offensichtlich noch ausstehen.

Verteitigung kündigt Revision an

Die Schwurgerichtskammer verurteilte den 34-Jährigen infolge zu 6,5 Jahren Haft und der Einziehung der errechnete Gewinn aus dem illegalen Drogenhandel, immerhin beachtliche 302 500 Euro. Rechtsanwalt Frank kündigte daraufhin allerdings an, in Revision gehen zu wollen.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.