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Bildquelle: George Pagan III, Lizenz

Das reine Liken kann strafbar sein

Das bloße Liken von fremden Beiträgen bei Facebook & Co. kann unter bestimmten Voraussetzungen strafbar sein, hält das LG Meiningen fest.

Ob der Like strafbar ist, hängt davon ab, ob der gelikte Beitrag selbst strafbare Inhalte enthielt. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Meiningen (LG Meiningen, Beschl. v. 05.08.2022, 6 Qs 146/22) hervor.

Zur Vorgeschichte: Ein Facebook-Nutzer aus Thüringen hatte den Beitrag eines anderen Nutzers gelikt. Es geht um den Polizistenmord im Landkreis Kusel am 31. Januar 2022. Der Autor schrieb als Titel „Keine einzige Sekunde Schweigen für diese Kreaturen“.

Die Staatsanwaltschaft Meiningen erwirkte dann die Durchsuchung der Wohnung, des Pkw und der Person, die den Beitrag gelikt hatte. Durch das Liken des Beitrages habe sich der Facebook-Nutzer sowohl der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB als auch der Belohnung und Billigung von Straftaten nach § 140 StGB strafbar gemacht, hieß es im Antrag.

Die Polizei hoffte damit Beweismittel wie Smartphones oder PCs zu finden, um die Speichermedien auswerten zu können. Auch die Online-Speicher des Durchsuchten in der Cloud durften durchsucht werden.

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Die Straftat eines Dritten mit Like gebilligt?

Nach der Razzia beauftragte der Beschuldigte den Berliner Straf- und Medienanwalt Ehssan Khazaeli. Khazaeli legte gegen den Durchsuchungsbeschluss Beschwerde ein. Er kritisierte die Entscheidung scharf: „Durch das Liken eines Beitrages, bleibt weiterhin deutlich, dass es der Beitrag einer anderen Person ist – von einem „Zu-eigen-machen“ kann keine Rede sein“, teilte er gestern mit. Eine eigene gedankliche Erklärung könne man mit dem reinen Like nicht verbinden.

Auch habe der Mandant damit keine Straftat gebilligt. Natürlich sei es geschmacklos, die Trauerfeier des ermordeten Polizisten derart zu kommentieren. Doch strafrechtlich gesehen hält Khazaeli die Aktion seines Mandanten nicht für strafrechtlich relevant.

Ehssan Khazaeli: Klick auf „Gefällt-mir-Button“ ist keine Erklärung

Gegen beide Entscheidungen soll kommenden Monat Verfassungsbeschwerde erhoben werden. „Es geht nicht um den Einzelfall, sondern um die grundsätzliche Frage, ob das bloße Liken auf sozialen Medien strafbar sein kann“, sagte Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli. Das Vorgehen ist kein Einzelfall. Wir hatten ja schon einmal über eine Durchsuchung aufgrund eines Likes bei Twitter berichtet.

Die Auffassung des Amtsgerichts Meiningen wurde jedoch durch das Landgericht Meiningen gestützt. Der ursprüngliche Beitrag des Nutzers sei als Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB anzusehen, hieß es im Urteil. Die Richter sehen den Like als eine Kundgabe der Befürwortung der Äußerungen des Autors bei Facebook an. Damit habe der Durchsuchte öffentlich gezeigt, dass er die Meinung der Person teilt, die die Beerdigung der getöteten Polizisten verunglimpft hat.

Die Medien würden zudem besonders öffentlichkeitswirksame Postings dahingehend bewerten, wie viele Likes sie erhalten haben. Umso mehr Beachtung einem Posting geschenkt wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in den Medien behandelt werden.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.