Meta schlägt den EU-Behörden vor, ihre Bürger müssen die Gebühr bezahlen oder personalisierter Werbung bei Facebook bzw. Instagram zustimmen.
Wer die Dienste Facebook oder Instagram mit der Smartphone-App nutzen will, müsste dann sogar noch 6 Euro monatlich zusätzlich bezahlen, wenn man dem Konzern keine personalisierte Werbung gestatten will. Ansonsten sollen die Dienste jeweils pro Monat 10 Euro kosten. Doch wer bitte wird das bezahlen wollen?
Betreiber von Facebook trickst die EU aus
Der Vorschlag ist ein Versuch der Betreibergesellschaft Meta, die Vorschriften der Europäischen Union zu umgehen, die die Möglichkeit des Unternehmens einschränken, Nutzern personalisierte Werbung zu zeigen, ohne vorher die Zustimmung der Nutzer einzuholen – und damit die Haupteinnahmequelle des Unternehmens zu gefährden.
Meta-Mitarbeiter erläuterten ihren Plan bei einem Treffen im September mit den Datenschutzbehörden in Irland und den Regulierungsbehörden für den digitalen Wettbewerb in Brüssel. Der Plan wurde auch an andere EU-Datenschutzbehörden weitergeleitet, damit diese ihren Input einreichen können.
Meta hat den Aufsichtsbehörden mitgeteilt, dass es hofft, den Plan – den es SNA (Abos ohne Werbung – subscriptions with no ads) nennt – in den kommenden Monaten für europäische Nutzer einzuführen. Der Plan würde den Nutzern die Wahl lassen, ob sie Instagram und Facebook weiterhin kostenlos mit personalisierter Werbung nutzen wollen oder ob sie für werbefreie Versionen der Dienste bezahlen. Über die Pläne berichtete exklusiv das Wall Street Journal hinter einer knackbaren Paywall.
Meta vor einer Strategiewende?
Die geplante Einführung einer Abo-Option für die Kerndienste von Meta ist eine wichtige Strategiewende für das Unternehmen. Meta-Chef Mark Zuckerberg hat lange darauf bestanden, dass seine Kerndienste kostenlos und werbefinanziert bleiben sollen, damit sie für Menschen aller Einkommensschichten zugänglich sind. „Man braucht nicht Tausende von Dollars, um sich mit Menschen zu verbinden, die unsere Dienste (Facebook, Instagram oder WhatsApp) nutzen“, sagte Zuckerberg im Jahr 2018 auf einer Konferenz. Für die US-Kunden wird die Bezahloption übrigens nicht zur Verfügung stehen. Es geht schließlich nur darum, damit die Datenschutz-Vorgaben der EU zu unterlaufen.
Offen für kostenpflichtige Dienste
Laut Zuckerberg wäre er aber grundsätzlich offen für kostenpflichtige Dienste, um der verschärften Kontrolle der Privatsphäre auf seinen Plattformen gerecht zu werden. Und Anfang dieses Jahres, inmitten einer allgemeinen Tech-Flaute und einem wachsenden Trend zu Abonnements bei Apps wie Snapchat und X, ehemals Twitter, führte Meta einen kostenpflichtigen Dienst zur Nutzerüberprüfung ein.
Es bleibt abzuwarten, ob die EU-Behörden den Vorschlag als gesetzeskonform ansehen werden. Es könnte auch sein, dass sie darauf bestehen, dass Meta eine billigere oder sogar kostenlose Nutzung von Facebook und Instagram inklusive Werbung anbieten muss, die man nicht auf der Grundlage der digitalen Aktivitäten eines Nutzers personalisieren darf. Bisher ist strittig, ob das „Angebot“ nicht schlichtweg zu teuer ist, sollte man der Auswertung der eigenen Aktivitäten nicht zustimmen.
Kein Kommentar
Die Behörden waren bisher für keine Stellungnahme erreichbar. Ausschlaggebend für Metas Vorschlag waren die Forderungen der irischen Datenschutzbehörden, dass Meta die Zustimmung der Nutzer einholen soll, bevor es so genannte verhaltensorientierte Werbung einblendet, die auf der Grundlage von Nutzerdaten gesteuert wird. Als Reaktion darauf hatte Meta angeboten, diese Zustimmung bereits Ende Oktober einzuholen, wie das Wall Street Journal zuvor berichtete.
Unabhängig davon erklärte die EU-Exekutive letzten Monat, dass Instagram, Facebook und Metas Werbenetzwerk in den Geltungsbereich des neuen EU-Gesetzes zum digitalen Wettbewerb, dem Digital Markets Act, fallen würden. Dieses Gesetz verlangt die Zustimmung der Nutzer, bevor sie ihre Daten mit anderen Diensten vermischen oder mit Daten anderer Unternehmen kombinieren. Das war bisher nicht der Fall.
Norwegen macht seit Urteil des Obersten Gerichtshofs Druck
Ein Urteil des obersten Gerichtshofs der EU vom Juli entschied, dass Meta für bestimmte Arten von gezielter Werbung, die auf den Online-Aktivitäten der Nutzer basiert, eine Zustimmung benötigt. Dies veranlasste die irischen Datenschutzbehörden, Meta aufzufordern, seine Praktiken zu ändern.
Die norwegische Datenschutzbehörde forderte eine schnellere Lösung und ordnete im Juli an, dass Meta die gezielte Werbung auf der Grundlage von Nutzeraktivitäten in Norwegen einstellt. Letzte Woche bat die norwegische Aufsichtsbehörde ein Gremium aller EU-Aufsichtsbehörden um eine Ausweitung des Verbots auf die gesamte EU. Eine solche Anordnung, sollte sie genehmigt werden, würde die Betreibergesellschaft von Facebook wahrscheinlich vor Gericht anfechten.
Spotify & YouTube als Vorbilder
Meta hat bei der Durchsetzung seines Plans auf frühere Beispiele verwiesen, wie einige andere Unternehmen, z. B. der Musikstreamingdienst Spotify, ihren Nutzern die Wahl zwischen einem kostenlosen werbegestützten Dienst und einem werbefreien Abonnementdienst bieten. Die von Meta vorgeschlagene Preisgestaltung für Mobiltelefone entspricht in etwa dem, was YouTube für seinen werbefreien Premium-Dienst in Europa verlangt.
Die Betreibergesellschaft von Facebook und Instagram wies auch auf einen Absatz in dem EU-Gerichtsurteil vom Juli hin, der besagt, dass Social-Media-Unternehmen von Nutzern, die die Verwendung ihrer Daten für bestimmte Werbezwecke ablehnen, eine „angemessene Gebühr“ verlangen dürfen. Man glaubt, dass dies die Tür zu einem Abonnementdienst öffnet.