Die EU-Datenschützer haben heute eine Stellungnahme zum verbreiteten Pay or Okay Modell veröffentlicht. Das hat massive Folgen für Autoren.
Meta sieht sich in einem aktuellen Rechtsstreit um die Frage, ob „Zahlen oder Zustimmen“ datenschutzrechtlich akzeptabel ist, mit einem Problem konfrontiert: Die EU Datenschutzkonferenz findet das Modell nicht so knorke.
120 € für Grundrechte
Meta sind die Daten seiner Nutzer viel wert. Wie viel? 10 € im Monat für den ersten Account, und danach 6 € für jeden weiteren. Das ist eine ganze Stange Geld. Und wer das nicht zahlen kann oder will, wird „freiwillig“ getrackt. Dieses sehr individuelle Verständnis von freiwillig wird allerdings nicht von den europäischen Datenschutzbehörden geteilt. Diese haben auf Anfrage der Niederlande, Norwegen und Hamburg entschieden, dass dieses Modell nicht mit dem Datenschutzverständnis der DSGVO kompatibel ist. Der Vorsitzende Anu Talus sagte dazu:
Online-Plattformen sollten ihren Nutzern eine echte Wahl geben, wenn sie ‚Consent or Pay‘-Modelle verwenden. Die aktuellen Modelle verlangen in der Regel, dass Individuen entweder alle Daten offenlegen oder zahlen. Daraus folgt, dass die meisten Nutzer der Verarbeitung zustimmen, um einen Dienst zu nutzen, ohne die Implikationen dieser Entscheidung vollständig zu verstehen.
Anu Talus
Mögliche Auswirkungen auch abseits großer Anbieter
Besonders im Internet, ist Tracking ein weitverbreitetes Problem. Das Pay-or-Okay-Modell wird auch hierzulande von diversen Nachrichtenseiten eingesetzt, um so ihren Journalismus zu finanzieren. Ich als Autor habe selbst schon vor Jahren beim Berliner Datenschutzbeauftragten eine Bitte um Prüfung dieses Modells (konkret bei Golem.de) ersucht und wurde mit dem Äquivalent von „Nee, dit passt schon so, Meesta“ wieder weggeschickt. Während ich die Notwendigkeit eines langfristig funktionierenden Finanzierungsmodells sehe, halte ich diesen Ansatz für rechtswidrig und es freut mich, dass die obersten Datenschützer da zumindest grundlegend zustimmen.
Die Auswirkungen, die ein solches Verbot besonders auf kleine Online-Portale wie Tarnkappe.info haben kann, sind massiv und würde zu einer Steigerung fragwürdiger Werbebeiträge führen. Hier sind jetzt also alle Seiten nach kreativen Ideen gefragt. Autoren und Technik bezahlen sich nicht mit guten Worten und die meisten Vermieter nehmen leider auch keine Referenzen als Gegenleistung für Wohnraum. Während mittelgroße Seiten wie heise und LWN hier mit einem Mitglieder-Programm und Artikeln hinter einer Paywall die Finanzierung weitestgehend sicherstellen können, ist das für kleine Seiten wie unsere nicht der Fall.
Und jetzt?
Wir als Nutzer, denn ich nehme mich hier keinesfalls heraus, haben uns über die Jahre daran gewöhnt, alles „kostenlos“ zu bekommen. Bezahlt hat man dann nur auf andere Weise. Von Gmail, das eure Mails mitliest, bis hin zu facebook, das auf immer wieder neue Varianten versuchen euch zu monetarisieren, ist das allgemeine Bewusstsein für Datenschutz quasi nicht-existent. Es gibt de-facto keine allgemein verfügbare Werbeplattformen, die nicht in irgendeiner Form Nutzer trackt. Diese Gratismentalität, um mich einfach mal an den FDP-Brandsätzen zu bedienen, ist etwas, das nicht nur Firmen mit einem ausgesprochen instabilen Einkommen zurücklässt, sondern auch Nutzer mit der Wahl zwischen teuren Lösungen oder Datenschutzalptraum hängen lässt.
Was können wir als einfache Plebs also tun? Bezahlen. Hier geht es nicht um Unsummen. Schon für den Preis einer Packung Milch die Woche wäret ihr für die meisten Seiten profitabler als der Großteil aller anderen Nutzer. Nutzt das und leistet einen kleinen Beitrag für Inhalte, die ihr konsumiert. Ähnlich wie auch im Gesundheitssystem kann hier eine große Menge kleiner Beträge viel bewirken. Du kannst es dir nicht leisten? Das ist auch okay. Getreu dem Motto „jeder wie er kann, jedem wie er es braucht“, kann hier die Gemeinschaft zusammenarbeiten, wenn sie es denn will. Sponsert Open-Source Projekte, die ihr nutzt, gebt Lars ’nen Kaffee aus, oder verbreitet nur den Gedanken.
„Das Grundrecht auf Datenschutz, sollte nichts sein, für das man zahlen muss“, sagt Anu Talus. Ich sage: Das geht nur, wenn zumindest ein paar bezahlen.