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Bildquelle: Peter Däneke

Spaniens Behörde S2CPI kämpft mit Subdomains

Zwar sperrte S2CPI im ersten Quartal 2024 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich weniger Domains, doch das löst nicht ihr Piraterie-Problem!

S2CPI steht für Second Division of the Intellectual Property Commission, eine Behörde Spaniens. Die kürzlich vom S2CPI veröffentlichten Daten zeigen, dass die Zahl der im ersten Quartal 2024 gesperrten Hauptdomäins im Vergleich zum selben Zeitraum in den Jahren 2023 und 2022 deutlich zurückgegangen ist. Insgesamt werden nach wie vor zahlreiche Websites gesperrt. Aber das wirkliche Wachstum der Online-Piraten verzeichnet man nicht bei den Hauptdomains.

Es ist auch die Frage, wie viel das Ganze auf Dauer bringen wird. Mithilfe eines VPN-* oder Proxy-Dienstes kann man die Websperren ohne großen Aufwand umgehen.

S2CPI handelt beinahe geräuschlos

Subdomains können leicht und schnell und fast kostenlos eingerichtet werden, um die Web-Sperren zu umgehen. In Spanien hat man seit der Gründung der Behörde im Jahr 2012 unzählige Seiten gesperrt. Im Netz findet man bis auf ein PDF der WIPO und des spanischen Kultusministeriums auffällig wenige Webseiten oder Dokumente, die über die Aufgaben der S2CPI berichten. In der dortigen Wikipedia existiert noch nicht einmal ein Eintrag.

Die S2CPI wurde 2012 im Rahmen des Ministeriums für Kultur und Sport der spanischen Regierung eingerichtet. Sie ist befugt, die Internetanbieter des Landes anzuweisen, den Zugang zu bestätigten Raubkopiererseiten und -Diensten zu sperren. Die kürzlich veröffentlichten Daten (siehe Grafik unten), die das erste Quartal 2024 abdecken, geben zunächst einen Überblick über die Anzahl der von Rechteinhabern eingereichten Sperranträge seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2012. Auch wenn noch drei Viertel des Jahres verbleiben, scheint es unwahrscheinlich, dass 2024 so viele Anträge gestellt werden wie 2023 oder 2022. Von 2012 bis zum ersten Quartal 2024 haben diverse Rechteinhaber 909 Anträge gestellt. Davon allerdings nur 11 in den ersten drei Monaten des Jahres 2024.

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S2CPI: Anzahl der Websperren seit 2012 stark rückläufig.

Mehr als ein Drittel der Sperr-Anträge scheitert

Obwohl die Einzelheiten nicht öffentlich sind, hat die S2CPI laut TorrentFreak seit dem Start 24 Anträge auf Websperren abgelehnt. Vier davon wurden im ersten Quartal 2024 abgelehnt, weil sie sich über die Registrierung einer Website beschwert hatten. Allerdings war auf der zu sperrenden Website kein Zusammenhang mit irgendwelchen Urheberrechtsverletzungen erkennbar. Es ist schon interessant, dass das spanische System recht anfällig zu sein scheint.

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Von den 909 Anträgen, die beim S2CPI seit der Gründung eingegangen sind, wurden 335 aus verschiedenen Gründen geschlossen. Diese hingen alle mit dem Verhalten der Rechteinhaber zusammen. Unter anderem haben Rechteinhaber ihre eigenen Anträge zurückgezogen. Es ging auch um fehlerhafte Anträge ohne Korrektur oder solche mit einer unzureichenden Begründung. Andere Anträge scheiterten, weil die betreffende Piratenseite schon gar nicht mehr existierte. Oder aber die S2CPI wurde schon im Vorfeld aktiv und hat die rechtswidrigen Inhalte entfernt.

Die EU-Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, die Namen der gesperrten Domains zu veröffentlichen. Trotz der jüngsten Kontroversen mit dem italienischen Sperrsystem Piracy Shield und einer deutlichen Verringerung der Transparenz kommt kein Land an die detaillierte Berichterstattung Italiens in Bezug auf sein System zur regelmäßigen Sperrung von Websites heran. Spanien könnte in dem Punkt viel mehr tun.

Trotzdem ist deren System immer noch transparenter, als in den meisten anderen EU-Ländern. Die Mitarbeiter der S2CPI hoffen offenbar, dass sie aufgrund der vielen verbreiteten Sperren Internet-Anbieter, Werbe-Vermarkter, elektronische Zahlungsdienste und andere Online-Anbieter davon überzeugen können, mit ihnen zu kooperieren.

Spanien: Web-Sperren ohne Richtervorbehalt

In einigen Ländern spielt die gerichtliche Aufsicht über DNS- und sonstige Web-Sperren immer noch eine Rolle. Aber in Dänemark, Deutschland (CUII), Portugal und seit kurzem auch in Spanien werden Verhaltenskodizes zwischen Rechteinhabern, Internet-Diensteanbietern und anderen interessierten Parteien vereinbart, um das Site-Blocking auf administrativer Basis zu regeln. Das hat natürlich den Nachteil, dass kein Richter dafür sorgt, dass die gesetzlichen Vorgaben überprüft und auch eingehalten werden.

Sackgasse

Gegenmaßnahmen der spanischen Online-Piraten

Rechteinhaber melden Ersatzdomains, Proxy- und Spiegelseiten oder die zunehmende Einrichtung von Subdomäins durch Piratenseiten, deren Hauptdomain normalerweise bereits gesperrt ist. Dem letzten S2CPI-Bericht zufolge hat der technische Ausschuss, der die Unterzeichner des spanischen Verhaltenskodexes vertritt, Ende Dezember 2023 wöchentlich etwa 132 Berichte zu mehr als 848 Domains eingereicht. Zusammen waren es mindestens 3.972 Subdomains. Die Freude der Admins darüber, dass ihre Piraten-Seite wieder erreichbar war, hielt in Spanien demzufolge nur für kurze Zeit an.

Im Vergleich zu anderen Ländern, beispielsweise Italien, ist die Sperrung von Hauptdomains in Spanien jedoch relativ gering. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts enthält die Hauptsperrliste Italiens (nicht Piracy Shield) genau 4.000 Domains. Vom Umfang her am nächsten kommt die dänische Liste, die derzeit 783 Domains enthält.

S2CPI versucht Online-Dienste zur Kooperation zu bewegen

Die endgültige Liste der Domains, die die S2CPI veröffentlicht hat, ähnelt in gewisser Weise der britischen Liste der rechtsverletzenden Websites. Sie soll in erster Linie Werbetreibende davon abhalten, mit diesen Websites Geschäfte zu machen. Sie sieht aber auch die Sperrung von Internetanbietern vor. Zu den gesperrten Websites gehören im Biz bekannte Gesichter wie der Klon des Streaming-Portals Cuevana oder die Schattenbibliotheken Library Genesis und Z-Library. Aber auch die P2P-Indexer 1337x, DonTorrents, LimeTorrents, The Pirate Bay und viele andere.

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Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.