Piracy Shield EU-Rechtskonformität
Funktioniert das Schutzschild gegen Piraterie wirklich einwandfrei?
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Piracy Shield EU-Rechtskonformität im Fokus – Tech-Giganten drängen auf Prüfung

Der Tech-Verband CCIA, dem große Konzerne wie Apple, Google & Co. angehören, bittet die EU die Piracy Shield EU-Rechtskonformität zu prüfen.

Bereits im Januar äußerte der Tech- und Telekom-Verband CCIA große Bedenken hinsichtlich des Einsatzes des „Piracy Shields“ in Italien. Man bat die Regierung, vom Gesetz Abstand zu nehmen und stattdessen das EU-Verfahren TRIS zu nutzen, was Handels­hemmnisse verhindern soll. Nun bittet die CCIA die EU-Kommission um ein Gutachten, um endgültig die Piracy Shield EU-Rechtskonformität zu prüfen.

CCIA

Der Computer & Communications Industry Association (CCIA) gehören die großen Fische der IT- und Telekommunikationsanbieter an. Dazu gehören Unternehmen wie Amazon, Apple, Cloudflare, das Dish Network, Google, Intel, Meta, Nord Security, Opera, Red Hat, Uber und X, um nur die prominentesten Vertreter zu nennen.

Das Piracy Shield-System hat man anfangs als „Todesstoß“ der italienischen Live-Sport-Piraterie angekündigt. Es sorgt zeitnah dafür, dass ISPs Websperren illegaler Anbieter durchführen müssen. Das Ganze geschieht so schnell, damit die Schwarzgucker die live übertragenen Sport-Events nicht mehr bis zum Ende anschauen können.

Doch bei der Masse und geforderten Geschwindigkeit der Sperren kam es auch zu einigen fehlerhaften Blockaden, weswegen plötzlich völlig unbeteiligte Webseiten nicht mehr erreichbar waren.

Piracy Shield EU-Rechtskonformität soll endgültig geprüft werden

Nach einem monatelangen Dialog fordert die Lobbyorganisation CCIA nun laut Torrentfreak ein ausführliches Gutachten der Europäischen Kommission. Man glaubt, die geplanten Änderungen wie beispielsweise extraterritoriale Lösch­anordnungen könnten möglicherweise gegen den Digital Services Act (DSA) der EU verstoßen.

iptv-piraterie

In der Eingabe heißt es, in Anbetracht der Auswirkungen auf den Binnenmarkt grenzüberschreitende Dienste und (die möglicherweise fehlende Wahrung der) Grundrechte sollte die Europäische Kommission eine detaillierte Stellungnahme im Rahmen des TRIS-Verfahrens abgeben. Das TRIS-Verfahren (Richtlinie 2015/1535) soll die Entstehung von Handelshemnissen innerhalb der EU verhindern.

Solche Eingaben können zu einer rechtlichen Prüfung führen, was (mit entsprechender Verzögerung) sogar die Rechtssprechung in Italien und in den anderen Mitgliedsländern betreffen würde, sollte die EU das italienische Modell für rechtskonform halten.

Kritikpunkte der CCIA am Piracy Shield

  • Es handelt sich um automatisch erstellte Sperren ohne jede manuelle Kontrolle, ob sie wirklich gerechtfertigt sind.
  • Es gibt während der Websperre keine kurzfristige Möglichkeit, die Sperr­anordnungen anzufechten oder abbrechen zu lassen.
  • Es ist keine unabhängige Überprüfung oder Berufung der Websperren vorgesehen.
  • Ein intransparentes Verfahren. Es verwehrt Internet-Anbietern und anderen Unternehmen die Möglichkeit, sich aktiv an der Gestaltung der Maßnahmen zu beteiligen.
  • Last, but not least bemängelt man die Unverhältnismäßigkeit und mangelnde Verfahrens­schutz­rechte.

Wahrscheinlich wird es einige Zeit dauern, bis die CCIA eine Antwort auf ihre Anfrage erhält. Fraglich wäre aber, was passiert, sollte die EU eine Piracy Shield EU-Rechtskonformität mit den bestehenden Gesetzen feststellen!? Das könnte bei der Prüfung schließlich auch herauskommen.

Das dürfte aber dafür sorgen, dass man in den anderen EU-Ländern umso schneller vergleichbare steuerfinanzierte Antipiraterie-Maßnahmen, also eigene Piracy Shields, einführt. Somit bleibt abzuwarten, ob sich der Interessenverband der Tech-Konzerne mit dieser Anfrage wirklich einen Gefallen getan hat.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.