Die russische Technologiebehörde Roskomnadzor hat alle Internet-Anbieter angeordnet, landesweit den Zugang zum Tor-Netzwerk zu sperren.
So langsam wird es ernst beim Thema Zensur in Russland. Die russische Behörde für Massenkommunikation hat die ISPs dazu aufgefordert, systematisch ihren Kunden den Zugang zum Tor-Netzwerk zu sperren. Die Sperre ist laut dem Tor Blog schon seit Anfang Dezember aktiv.
Online-Zensur in Russland die Regel statt der Ausnahme
Die Anordnung kam von Roskomnadzor und trifft das Tor-Netzwerk hart, denn etwa 15% aller Tor-Nutzer weltweit kamen bislang aus Russland. Täglich haben von dort mehr als 300.000 verschiedene Personen darüber im Netz gesurft und frei von staatlicher Kontrolle informiert. Von daher trifft die Zensurmaßnahme die zweitgrößte Besucherquelle des Netzwerks.
Nach Veröffentlichung des Blogbeitrages veranlasste man sogar die Sperre der Webseite des Tor-Netzwerks. Wer möchte, kann den Mirror der Seite nutzen, um sich weitergehend zu informieren. Es wird wohl nicht lange dauern, bis man auch diese Adresse sperren lässt.
Zensur vom Tor-Netzwerk mit einer Bridge umgehen
Der Tor Blog fordert alle Sympathisanten dazu auf, selbst eine Tor Bridge daheim zu installieren, um die Sperre zu erschweren. Bislang war man seit Start der Kampagne dazu in der Lage, mehr als 400 neue Zugangsstellen zum Tor-Netzwerk zu errichten. Die Bridges sind nicht öffentlich einsehbar, weswegen sie länger aktiv bleiben werden. Hinweise, wie man innerhalb Russlands trotzdem auf das Tor-Netzwerk zugreifen kann, sind hier verfügbar. Wie man selbst eine Bridge installiert, erklärt man hier.
Die Sperre der russischen Regierung kommt nicht überraschend. Bereits im September ordnete Roskomnadzor an, neben tausenden Webseiten auch sechs VPN-Dienste zu sperren. Darunter befinden sich auch die populären Anbieter NordVPN und ExpressVPN.
Im Fokus: Anonymisierungsdienste und regierungskritische Berichte
Auch der Kurznachrichtendienst Twitter hatte in den letzten Wochen reichlich Ärger mit der Behörde. Da man der Löschung von unerwünschten Inhalten nach Ansicht der Mitarbeiter nicht schnell genug nachkam, wurde die Nutzung der mobilen Twitter-App innerhalb Russlands extrem verlangsamt.
Nicht nur den Zugang zum Tor-Netzwerk ließ man in Russland sperren. Auf mehrere tausend Blogs von Oppositionellen und regierungskritische Medien kann man innerhalb des Landes sowieso schon seit längerer Zeit nicht mehr zugreifen. Alle Seiten hat man mit Hinweis auf Verstöße gegen geltendes Recht gesperrt. Das mag in einigen Fällen der Wahrheit entsprechen. Doch mit dieser Begründung nimmt man den Bürgerinnen und Bürgern zunehmend die Möglichkeit, sich auf unabhängigen oder im Ausland betriebenen Webseiten zu informieren.