Spiegelbest war Pressesprecher von Torboox und baute einen illegalen Spenderkreis auf. Hier unser Interview mit dem Egozentriker.
Spätestens nachdem im Juni letzten Jahres DIE ZEIT und der Tagesspiegel zeitgleich ein Interview mit ihm veröffentlicht haben, hatte der Buchpirat Spiegelbest erreicht, was er wollte: Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit für seine illegale Download-Seite Torboox und natürlich auch die volle Aufmerksamkeit des Börsenvereins, der seitdem die GVU nach ihm und den anderen beiden Hintermännern fahnden lässt.
Spiegelbest im Gespräch
Torboox (TB) bot den Nutzern zunächst umsonst und später für € 3,33 monatlich eine illegale Flatrate von über 42.000 E-Books an. Nach eigenen Angaben wurden damit in der letzten Phase bis zu 33.000 Euro Umsatz monatlich „erwirtschaftet“.
Weitere Hintergründe zum Thema E-Book-Piraterie sind hier verfügbar.
Das Leben ist auch im digitalen Untergrund voller Gegensätze: Obwohl die Person, die sich Spiegelbest (oder Bernd Fleisig) nennt, tagsüber Bücher verkauft, opfert sie ihre Freizeit, um langfristig die Grundlage ihres eigenen Arbeitsplatzes oder sogar des eigenen Ladenlokals zu zerstören. Eine tiefere Logik hinter dieser Vorgehensweise ist nicht erkennbar. Die Aussage, das Spiegelbest (SB) Einzelhändler für Bücher ist, kann aber sie muss natürlich nicht stimmen. Neben vielen wahren und authentisch klingenden Statements werden auch immer wieder Nebelkerzen geworfen, um eine Identifikation und Strafverfolgung zu erschweren. Wer sich die Antworten unseres Interviews durchliest, muss stets versuchen zwischen Wahrheit und Verschleierung zu unterscheiden.
In den letzten Monaten ist es um den ehemaligen Pressesprecher sehr still geworden. Die Zeiten sind so schnelllebig, die Mainstream-Presse hat ihr Interesse am Thema längst verloren. Das könnte sich aber schon bald ändern, sobald Torboox zurückkehrt oder sich herausstellen sollte, dass doch jemand vom Torboox-Team etwas mit dem Konkurrenten lul.to (Lesen & Lauschen) zu tun haben sollte.
Kurzer Rückblick: Kurz vor Weihnachten 2013 wurde behauptet, dass das illegale E-Book-Portal Torboox angeblich von Hackern übernommen wurde. Vielen Beobachtern erschien der Hack der Server durch die Real Warez Alliance wenig wahrscheinlich. Es ist vielmehr anzunehmen, dass den Betreibern das Vorhaben zu heiß wurde. Es wäre auch möglich, dass es zu einem Streit kam, weswegen die Übernahme vorgetäuscht wurde. Die Folgen für die Abonnenten der E-Book-Flatrate waren wenig erfreulich: Anstatt die bereits eingesammelten Gelder zu erstatten, ging Torboox einfach vom Netz. Auch ihre Gelder verschwanden für immer im digitalen Nirwana. Direkt nach der Downtime wurde die Durchführung von Wartungsarbeiten verkündet. Später verschwand TB im Anonymisierungs-Netzwerk Tor als auch im Web komplett von der Bildfläche.
Seit Ende Januar dieses Jahres wird die Rückkehr des Projekts verkündet, weitere Informationen sind nicht verfügbar. Auch die Rolle des „Pressesprechers“ bleibt im Dunklen. Unter ebookspender.me betreibt Bernd Fleisig ein Forum, wo Gelder zum „Befreien“ von E-Books gesammelt werden. Befreien heißt, dass die vom Spenderkreis ausgesuchten E-Books angeschafft werden, um sie von allen digitalen Spuren (Wasserzeichen) oder technischen Schutzmaßnahmen (DRM) zu befreien. Wer wissen will, was es Neues zum Downloaden gibt, kann alle neuen Titel bei spiegelbest.me sehen. Der Blog von Spiegelbest zog zwischenzeitlich auf die Internet-Adresse ebookspender.blogspot.de um. Den Blog benutzt der Buchpirat seit jeher als Aushängeschild und PR-Werkzeug. Wenn man so will, ist der Blog eine Art deutschsprachiger Ableger von Torrentfreak.
Ironie des Schicksals: Bernd Fleisig beschwerte sich kürzlich auf seinem Blog (www.spiegelbest.me/?p=2677) wegen mehrerer unmoralischer Anfragen im Forum myGully.com. Dort wollte ein „buchfan23“ die Filehoster-Links zu diversen Werken geschenkt bekommen, statt die verlangten fünf Euro monatlich zu bezahlen. Nicht nur die Kritik der anderen Filesharer, auch die Häme mancher Autoren war ihm sicher.
Spiegelbest: Buchpiraterie als soziales Projekt.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Du gibst an, dass Du Bücher als Einzelhändler vertreibst. Ist es nicht paradox gleichzeitig ein Buchpirat zu sein?
Spiegelbest: Es gibt genug Händler, die tagsüber Lebensmittel verkaufen und abends Lebensmittel spenden. Ist das paradox? Ich sehe Buchpiraterie als ein soziales Projekt.
Rückfrage: Nun ja, Lebensmittel kann man nur ein Mal herstellen und verkaufen, bei E-Books sieht das anders aus. Machst Du damit nicht dein eigenes Geschäftsmodell kaputt?
Spiegelbest: Zuerst mal: die Thalia macht ‚mein‘ Geschäftsmodell kaputt. Wie lange wird es inhabergeführte Buchläden denn noch geben!? Wunschdenken muss man sich finanziell erlauben können. Fakt ist: Die Ebooks sind gekommen, um die Papierbücher abzulösen, ob ich nun den Buchpirat mache oder nicht.
»Die Zeit der Preisschildchen ist vorbei, aber das Geld für Bücher ist noch da.«
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Was reizt Dich überhaupt so sehr an dem Thema?
Spiegelbest: Ich habe privat viel geschrieben. Es ist ein Hobby von mir, wie andere malen oder in einer Band spielen. Ich arbeite halt gern mit Texten. Und ein Scanner – so hab ich angefangen – arbeitet mit Texten. Mein Traumberuf wäre wohl Lektor oder Agent, aber dazu hat es nicht gereicht (Anmerkung der Redaktion: Als sogenannte „Scanner“ werden Personen bezeichnet, die z.B. mithilfe eines Flachbettscanners Bücher in eine Grafik- oder PDF-Datei verwandeln.)
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Sprechen wir mal über Dein Ego: Wie wichtig ist Dir Aufmerksamkeit?
Spiegelbest: Ich persönlich bin sehr uneitel und habe kein Problem damit, anonym zu sein. Aber ich bin ‚Spiegelbest‘. Und als solcher eine Marke, wenn du so willst. Ich treibe die Buchpiraterie voran. Ich bin weniger egomanisch als sehr zielstrebig. Und wenn du zurückblickst, habe ich aus Nichts sehr viel gemacht.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Oder ist der wahre Antrieb für Dein Hobby, dass mehrere Buchvorschläge von Dir von diversen Verlagen abgelehnt wurden?
Spiegelbest: Das ist übrigens eine Anekdote, die ich selbst erzählt habe. Es ist was Wahres dran. Ich war sehr enttäuscht, dass niemand meine Erzählungen lesen wollte. So fing es wohl an. Es ist tatsächlich so, dass ich in einer Thalia gestanden habe und mir vornahm, diese ganzen ignoranten Buchketten zu Fall zu bringen. Das war aber, nachdem ich die Ebook Szene entdeckt hatte! Ich bin kein Träumer, mir war klar, was da möglich war! Und wenn ich mich umschaue … fallen die Buchketten.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Gibt es im Internet neben der Identität Spiegelbest überhaupt Raum für die Person dahinter?
Spiegelbest: Nein, denn damit hätte ich sofort die allergrößten Probleme. Viele der ‚privaten‘ Dinge, die ich preisgebe, sind entweder gelogen oder irreführend. Das gehört zum Berufsbild eines Buchpiraten.
» Ich persönlich bin sehr uneitel (…) «
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Was sagst Du zu den Gerüchten eine Frau zu sein? Dein Schreibstil ist durchaus weiblich.
Spiegelbest: Das Lustige ist, dass es tatsächlich eine Geschlechtertrennung gibt. Die wirklichen Macher, die Betreiber und Antreiber, denen ich begegnet bin, waren alle Männer. Woran das liegt, weiß ich nicht. Bei unseren Aktiven im engsten Kreis sind wiederum sehr viele Frauen, bestimmt 80%. Wer wie eine Frau viel Wert auf soziale Kontakte legt, kommt auf die wirklich schwachsinnigen Ideen vermutlich nicht … Nebenbei: Was ist ein ‚weiblicher‘ Schreibstil? Ich hab Gedichte geschrieben, stimmt! Aber Heinrich Heine war ein Mann oder?
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Deine Sprachwahl wirkt meistenteils feminin weil wenig dominant und sehr variationsreich. Es ist schwer, das im Detail zu erläutern. Es ist mehr ein Gefühl, welches beim Lesen rüber kommt. Andere Frage: Wieso hast Du versucht den Börsenverein zu erpressen? Drehte es sich bei dieser Nötigung lediglich um den Wunsch einer guten Schlagzeile in der Presse?
Spiegelbest: TorBoox war Monopolist bei den Ebooks und kontrollierte die Szene damals. Der Börsenverein hätte in einem engen Zeitfenster einen Deal mit uns machen können. Jetzt ist alles zu spät: Die Szene hat sich verzweigt und wird auch nie wieder monopolisiert werden können. Der Börsenverein hatte die Wahl: Entweder mit einem TorBoox reden oder mit ganz viele TorBooxs nicht reden.
„Und wenn ich mich umschaue … fallen die Buchketten.“
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Ist die Frage, ob sich auf Dauer nicht so oder so Nachahmer von Torboox gefunden hätten. Wie schafft es ein Autor, dass seine preiswerten und DRM-freien Werke nicht umsonst verbreitet werden? Oder allgemeiner ausgedrückt: Was müssten Verlage oder Autoren tun, damit ihre Werke wieder gekauft werden?
Spiegelbest: Es gibt keine Möglichkeit: Ebooks sind Freebooks. Gekauft wie Papierbücher werden sie nicht. Den Autoren bleibt nur eins: Den Gesetzgeber fragen, ob er ihnen Geld gibt wie den Museen, den Theatern und den Bademeistern.
Rückfrage: Der Vergleich hinkt: Ein Bademeister verrichtet eine Dienstleistung, indem er die Badegäste vor gesundheitlichen Schäden bewahrt. Wieso sollen die Steuerzahler für E-Book-Autoren aufkommen? Nur weil man die illegale Verbreitung schlecht bis gar nicht verhindern kann? Oder weil Du möchtest, dass es legal ist?
Spiegelbest: Halten wir fest: Weder du noch ich noch der Börsenverein kann die illegale, mithin unentgeltliche Verbreitung von digitalen Büchern verhindern. Wenn also die Autoren einen gesellschaftlichen Nutzen schaffen wie ein Bademeister oder ein Wissenschaftler, dann muss der Staat diese Tätigkeit entgeltlich fördern.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Warum zerrst Du die E-Book-Szene so sehr an die Öffentlichkeit? Gäbe es ohne Deine PR nicht mehr Zufriedenheit aufseiten der Verlage?
Spiegelbest: Klar, es hat eine echte Jagd auf uns gegeben. Aber wir haben eine Entscheidung gesucht, ehe sie uns gesucht hat. Ich bin immer davon ausgegangen, dass es keine Koexistenz von Buchpiraten und Buchverlagen geben kann. Da ist mir lieber, wir geben das Tempo in der Auseinandersetzung vor als der Gegner! Wir haben es mit einer Milliardenbranche zu tun – damals noch in Blüte und Lobbyspeck. Ich mag es nicht, wenn die Initiative nicht von mir ausgeht. Außerdem hatten wir ja nichts zu verlieren!
Meine Popularität war nützlich…
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Aber die PR-Offensive ging doch von dir aus. Wie dem auch sei: Wie kam es eigentlich zur Gründung von Torboox? Welche Idee bzw. Konzept steckte ursprünglich dahinter?
Spiegelbest: Ich war damals der wohl bekannteste Buchpirat. Als solcher war ich nützlich. Ich hol mal aus: Die Ebooks sind interessant für Leute, die Konzepte oder Ideen ausprobieren wollen, weil es sehr kleine Dateien sind, die auf eine vergleichsweise überschaubare Nachfrage treffen. Du kannst also mit wenig Einsatz, deine Idee ausprobieren. Dabei geht es nicht um Ebooks. Sie sind nur Testmaterial, und ich war eben das Aushängeschild von diesen Ebooks. Das umfassendere Konzept hinter Torboox war, Filesharing aus dem Off, aus dem Tornetz zu betreiben, unsichtbar zu sein, damit unangreifbar. Das ging nur mit Ebooks. Sogar Torboox hat am Ende dem Tornetz ordentlich zugesetzt.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Wie viele zahlende Nutzer hatte Torboox am Ende? Welcher Umsatz wurde monatlich generiert? Wie viele Personen waren wirklich an dem Projekt beteiligt?
Spiegelbest: Dazu möchte ich nichts sagen. Es gab Statistiken, die wir öffentlich gemacht haben. Mehr wollten wir nicht preisgeben.
» Warum soll ich das Risiko eingehen, wenn mir an dem Geld nichts liegt? «
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Das ist nicht viel. Mit welcher Begründung bist Du denn tatsächlich aus dem Team von Torboox ausgeschieden?
Spiegelbest: Schau mal, wenn du Sozialabgaben hinterziehst, indem du eine Putzfrau beschäftigst, ist das Risiko überschaubar. Hinterziehst du Steuern im 4-stelligen Bereich, zahlst du nach, im 5-stelligen Bereich hast du ein großes Problem. Hinterziehst du Steuern im 6-stelligen Bereich, bist du schwerkriminell. Warum soll ich das Risiko eingehen, wenn mir an dem Geld nichts liegt? Wem daran was liegt, der soll auch das Risiko übernehmen? Ist doch fair? Ich mach jedenfalls nicht den Pressesprecher für Leute, die denken, sie können mit allem durchkommen.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Die Serverkosten wurden als Vorwand für die Einführung der Paywall angegeben, wie hoch waren die Kosten wirklich
Spiegelbest: Das war eine völlig verrückte Situation: Wir konnten die Server nicht mehr selbst bezahlen, als es auf € 300,00 zuging. Dann haben wir Paysafecards als Spenden gesammelt. Als die Serverkosten auf € 1.000,00 zugingen, haben auch die freiwilligen Spenden nicht mehr gereicht. Wir hatten ja über 1 Mio. Downloads im Monat, nicht zu vergessen! Uns fehlten vielleicht € 1.000,00, aber sie fehlten uns. Da war nichts zu machen. Und eine Paywall führst du für alle ein oder für keinen!
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Frage an Dich als Ideengeber der Bezahlschranke: Wo sind eigentlich die vielen Tausend Euro, die die boox.to-Nutzer insbesondere kurz vor dem Abschalten des Portals eingezahlt haben?
Spiegelbest: In zwei Bitcoin-Wallets – jedenfalls war das mein letzter Stand von Ende Oktober ;-)
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Jetzt wo Mt. Gox insolvent ist: Wurden die Einnahmen zwischenzeitlich von Bitcoin in eine haptische Währung zurückgetauscht?
Spiegelbest: Keine Ahnung weiß ich nicht. Aber ich glaube, auch wenn es mir keiner glaubt, dass die Bitcoins für ein neues Projekt verwendet werden. Zumindest der eine der beiden Betreiber – der eigentliche Macher – hat sich bemerkenswert wenig für niedere Weltlichkeiten wie Einbauküchen und Urlaubsreisen interessiert.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Warez gegen Geld war in der „Szene“ früher verpönt, heute ist es leider Normalität. Sind die heutigen Akteure nicht genau diejenigen, gegen die sich die ursprüngliche Szene aufgelehnt hat?
Spiegelbest: Ich komme nicht aus der ursprünglichen Szene. Aber wir kaufen Ebooks in großen Stil ein. Wenn ich früher einen Scan von einem Bestseller gepostet habe, da wurde ich quasi gefeiert. Das waren andere Zeiten! Es gibt heute jedes Buch in Papier und in Digital. Es gibt eine riesige Nachfrage. Jeder, der ‚ebook autor titel‘ googeln kann, findet uns. Das sind Zehntausende direkte Nutzer und Hunderttausende Leser in der privaten Lieferkette – nicht ein paar Dutzend Leute mit einem seltsamen Hobby!
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Ich komme aus der illegalen Amiga- und PC-Szene. Als ich mitbekommen habe, dass es schon Anfang der 90er zumeist um’s liebe Geld ging, bin ich nach einigen Monaten ausgestiegen und bin zur Demoszene gewechselt. Leider ging es viel zu selten um den sportlichen Wettkampf zwischen den damaligen Release-Groups. Die Menschen neigen dazu, ihre Vergangenheit zu idealisieren. Doch zurück zu Dir: Hältst Du das Vorgehen der heutigen Schwarzkopierer für kriminell? Hältst Du Dein eigenes Verhalten für kriminell?
Spiegelbest: Was würdest du sagen, wenn ich kein Deutscher bin? Es gibt Länder, da ist Downloaden und Uploaden legal, solange es kein Kommerz ist. Da hast du übrigens deine Erklärung, warum ich niemals Geld für Warez nehmen würde. Für mich werden die deutschen Gesetze, die Ebooks betreffen, von der deutschen Verlagslobby diktiert. Für mich sind die deutschen Buchpiraten fortschrittlich, weil die Gesetze rückschrittlich sind.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Gesetze von den Verlagen diktiert? Das würde ich so nicht sagen. Das Urheberrecht gibt es in der jetzigen Form schon weit länger, als es E-Books gibt. Was hast Du mit dem illegalen Portal lul.to zu tun?
Spiegelbest: Nichts. Ich habe auf meinem Blog Werbung für alles und jeden gemacht. Ich glaube aber, Lul.to wurde auch bei lars-sobiraj.de lobend erwähnt. In jedem Fall gehört solchen Anbietern wie Lul.to die Zukunft, denn sie scheffeln eine Menge Geld und haben sehr überschaubare Kosten. Lul.to ist eines von den vielen TorBooxs, die wir noch sehen werden. Es war ein Riesenfehler vom Börsenverein, mit dem einen Torboox damals nicht reden zu wollen.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Boox.to ist wieder im Web erreichbar. Was kannst (darfst?) du uns zu den Hintergründen erzählen? Wann geht die Seite wieder so richtig online?
Spiegelbest: Keine Ahnung, weiß ich wirklich nicht! Aber ich bezweifle auch, dass MT. Gox wieder online geht, wenn du verstehst, was ich meine;-)
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Wie erfolgreich verläuft Dein E-Book-Spenderkreis bisher?
Spiegelbest: Wir hatten immer schon Spender. Das Konzept ist nicht neu. Es sind teilweise die alten Nicks, die wir seit Jahren kennen. Es ist ein überschaubarer Erfolg. Niemand muss mehr Angst vor uns haben. Es ist ruhig geworden, leider … ;-)
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Wie viele Personen wurden damals tatsächlich von der Polizei als „Zeugen“ vorgeladen? Was passierte mit den Verdächtigen, kam es zu Bußgeldern oder mehr?
Spiegelbest: Das weiß ich nicht. Da war ich schon lange draußen, habe es auch nur – wie du – über die Pinnwand von Torboox erfahren.
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Da die Gefahr selbst raubkopiert zu werden groß ist, würdest Du heutzutage selbst versuchen ein Buch zu veröffentlichen? Wenn ja: Was wäre das für ein Buch?
Spiegelbest: Zuerst mal würde ich ein Buch veröffentlichen können – das war früher praktisch nicht möglich! Ich würde Leser finden, was für ein Erfolg! Und als Raubkopie würde ich noch mehr Leser finden. Hurra!
»Es wird bald, sehr bald keinen Straßenbuchhandel mehr geben.«
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Viele Leser und keiner will dafür bezahlen. Dazu sagst Du wirklich „Hurra“?!? Wie ergeht es den Verlagen und Selbstpublishern in zwei, fünf oder zehn Jahren? Wie wird sich der Markt verändern?
Spiegelbest: Es wird bald, sehr bald keinen Straßenbuchhandel mehr geben. Die Ebooks werden unter Preisdruck geraten. Am Ende werden sie einzeln nichts mehr kosten. Und dann wird es interessant! Es wird völlig unterschätzt, wie idealistisch und gut betucht viele Leser sind. Ich habe tolle Webauftritte von kleinen Verlagen gesehen und von Autorenkollektiven. Die Zeit der Preisschildchen ist vorbei, aber das Geld für Bücher ist noch da. Und da niemand mehr seine Energie darauf verwenden muss, Bücher zu befreien, kommt vielleicht ein ‚Spiegelbest‘ daher, der die Autoren nicht beklaut, sondern an der Hand nimmt und zu den Geldtöpfen führt. Wer weiß!?
Lars “Ghandy“ Sobiraj: Tja, dafür müsste sich zunächst in den Köpfen der Verlage so einiges ändern. Danke vielmals für Deine ausführlichen Antworten! Es wäre schön wenn sich die Urheberrechtsproblematik, die sich naturgemäß auf alle digitalen Bereiche ausdehnt, eines schönen Tages von selbst auflösen würde. Ich glaube nicht daran. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Vielen Dank an unsere Leser für die vielen eingereichten Fragen!
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