Der Internetprovider Ziggo ist laut einem Urteil nicht verpflichtet, 377 mutmaßliche Filesharer zu verraten. Das verlangte ein Filmverleiher.
Der Kabelanbieter und Internetprovider Ziggo ist nicht verpflichtet, die Daten von 377 mutmaßlichen Raubkopierern zu übermitteln, wie nun ein niederländisches Berufungsgericht entschieden hat. Die Daten wurden vom Filmverleih Dutch Filmworks angefordert. Man hoffte, von den Anschlussinhabern Schadensersatz einfordern zu können.
Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass die Pläne des Unternehmens intransparent sind. Somit kann man nicht vollumfänglich entscheiden kann, ob die Datenschutzrechte vermeintlicher Piraten stärker sind als die Urheberrechte des Filmverleihers.
ISP Ziggo weigert sich ohne Gerichtsbeschluss Kundendaten weiterzugeben
In den letzten Jahren erhielten immer mehr Raubkopierer Abmahnbriefe von Anwaltskanzleien, die von großen Filmstudios beauftragt wurden. Niederländische Internetnutzer wurden von dieser Praxis verschont, aber die lokale Filmgesellschaft Dutch Filmworks (DFW) wollte dies ändern. Denn vor zwei Jahren erhielt die Filmgesellschaft von der niederländischen Datenschutzbehörde die Erlaubnis, die IP-Adressen von BitTorrent-Benutzern zu verfolgen, die raubkopierte Filme ausgetauscht haben. Das war jedoch nur die erste Hürde, denn der niederländische Internetprovider Ziggo weigert sich standhaft, Kundendaten ohne Gerichtsbeschluss weiterzugeben. DFW reichte eine Klage ein. Der Filmverleiher forderte die persönlichen Daten von 377 Anschlussinhabern bestimmter IP-Adressen ein. Die Personen waren angeblich an der illegalen Verbreitung des Films „The Hitman’s Bodyguard“ beteiligt.
DFW verlor den Fall und legte Berufung ein
Dutch Filmworks verlor diesen Fall, legte aber schnell Berufung ein. Das Urteil hatte man ursprünglich für diesen Sommer erwartet. Das Berufungsgericht hat die Urteilsverkündung wegen der Komplexität des Falles verschoben. Nach eingehender Prüfung hat das Gericht am 05. November sein Urteil bekannt gegeben. Das Berufungsgericht in Arnheim hat sich auf die Seite des Amtsgerichts gestellt und den Antrag auf Herausgabe der Kundendaten abgelehnt. In seinem Urteil erklärt das Gericht, dass es ein Gleichgewicht zwischen den Datenschutzrechten der Nutzer und den Eigentumsrechten der niederländischen Filmwerke finden muss.
Datenschutz wichtiger als Urheberrecht
In diesem speziellen Fall überwiegt das Urheberrecht nicht über die Datenschutzrechte der Internetnutzer. Dies liegt zum Teil daran, dass es ungewiss bleibt, was die Filmgesellschaft mit den erhaltenen personenbezogenen Daten zu tun gedenkt. Dutch Filmworks erklärte, dass sie entweder die Kunden warnen oder Schadensersatz verlangen können. Dies wolle man aber von Fall zu Fall entscheiden.
„Nach Ansicht des Berufungsgerichts führt dies zu einer Störung des rechtlichen Gleichgewichts, insbesondere in der Situation, dass ungewiss ist, ob der betroffene Ziggo-Kunde tatsächlich der Urheberrechtsverletzer ist“, ergänzt das Gericht und stellt fest, dass es sich bei dem betreffenden Teilnehmer um einen Dritten handeln kann.
Ziggo will Kunden vor unberechenbaren Handlungen Dritter schützen
Darüber hinaus bleibt unklar, wie hoch die vorgeschlagenen Vergleiche sein werden. In der Vergangenheit hat das Unternehmen einen ersten Wert von 150 EUR pro Verstoß genannt, aber diese Zahl könnte auch deutlich höher sein. Auch hier fehlt es an Transparenz, was zu mehr Unsicherheit über die möglichen Ziele führt. Nach Abwägung aller Beweise kommt das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass die vorherige Gerichtsinstanz die richtige Entscheidung getroffen hat. Auf der Grundlage der vorgelegten Informationen kann das Gericht dem Antrag auf Herausgabe der Daten mutmaßlicher Urheberrechtsverletzer nicht nachkommen.
„Es gibt keine klaren und nachvollziehbaren Kriterien, anhand derer eine Abschätzung der Folgen für die jeweiligen Ziggo-Kunden vorgenommen werden kann, wenn ihre Daten weitergegeben werden. Es kann nicht überprüft werden, ob die beabsichtigten Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung stehen, die sie dem DFW und dem Datenschutzinteresse des Ziggo-Kunden, dessen Privatsphäre verletzt wird, dienen.“
Darüber hinaus hat das Gericht die Filmgesellschaft zur Zahlung von 4.000 € an Kosten verurteilt. Ob Dutch Filmworks weiterhin gegen den Fall Berufung einlegen wird, ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unbekannt. Vorerst müssen sich Ziggo-Kunden jedoch keine Sorgen um ein Vergleichsschreiben von Dutch Filmworks machen.
Foto Felix Mittermeier, thx!
Tarnkappe.info