Auswertungen von EncroChat-Daten zogen stadtweite Razzien in der Hauptstadt nach sich. Es soll um Drogen in „nicht unerheblicher Menge“ gehen.
Am Mittwochmorgen führten Datenauswertungen des Krypto-Messengerdienstes EncroChat in Berlin gleich in mehreren Bezirken, unter anderem in Neukölln und Schöneberg, zu Razzien. Wegen des Verdachts auf bandenmäßigen, illegalen Einfuhrschmuggel waren 200 Einsatzkräfte der Polizei seit 6 Uhr im Einsatz. Ermittler vollstreckten zwei Haftbefehle und setzten mehrere Durchsuchungsbeschlüsse um. Eine Sprecherin der Polizei informierte die Berliner Morgenpost über die Beteiligung eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) der 14. und 15. Einsatzhundertschaft sowie des K44.
Ein Ermittlungsverfahren führte in Berlin zu Durchsuchungen in der Bülowstraße, Neuköllner Straße und zwei Objekten in der Karl-Marx-Straße. Dabei soll es zu Beschlagnahmen von Sachgegenständen gekommen sein. Mindestens zwei Personen wurden festgenommen.
15 Prozent der EncoChat-User stammen aus Berlin
Oberstaatsanwalt Thorsten Cloidt leitet eine Schwerpunktabteilung, die Beamte zu Jahresbeginn bei der Berliner Staatsanwaltschaft ins Leben riefen, um die mit dem EncroChat-Hack einhergehende Datenflut zu bewältigen. Im Mai dieses Jahres gab er bekannt, allein in Berlin wären rund 1,6 Millionen Chatnachrichten mit knapp 750 Usern aufzuarbeiten. Damit stammten „mit etwa 15 Prozent überproportional viele EncroChat-User aus Berlin“, veranschaulichte Cloidt. Entsprechend hätte die Berliner Staatsanwaltschaft bisher in 40 Fällen Anklage erhoben.
Trotz Anonymitätszusagen kamen Ermittler an Chat-Daten
EncroChat Handys wurden den Kunden als Garant für perfekte Anonymität angepriesen. Allerdings stellten französische Ermittler fest, dass EncroChat auch über einige Server in der Stadt Lille verfügte. Entgegen der Zusagen vonseiten des Herstellers gelang es Spezialisten infolgedessen, das Chatnetzwerk zu knacken. Demgemäß schleusten die Beamten über den Server Schadsoftware auf sämtliche EncroChat-Handys.
So gelang es, die Daten unbemerkt von den Geräten abzufangen und auf einen anderen Server auszuleiten. Infolge wurden die Daten mit europäischen Ermittlern geteilt, darunter auch das deutsche Bundeskriminalamt.
Hack ließ Zweifel an Rechtmäßigkeit der EncroChat-Daten-Verwertung aufkommen
War es vorher noch fraglich, ob die EncroChat-Datenauswertung auch vor Gericht Bestand haben würde, so entschied der Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe diesbezüglich. Er beschloss unter Bezugnahme auf eine Entscheidung von Anfang März dieses Jahres, dass deutsche Strafbehörden Daten, die Ermittler aus der Überwachung der Kommunikation mittels EncroChat gewonnen hatten, verwerten dürfen. Allerdings muss die Voraussetzung erfüllt sein, dass die Daten zur Aufklärung schwerer Straftaten dienen.