Die Autoren John Grisham und Scott Turow wenden sich in einem aktuellen Beitrag an die US-Politik. Sie soll die Online-Piraten stoppen.
John Grisham ist bekannt von Werken wie „Der Klient“, „Die Jury“, „Die Akte“, „Die Firma“ und viele mehr. Turows bekanntestes Buch ist „Aus Mangel an Beweisen“. Das Buch erschien auf dem deutschsprachigen Markt vom Verlag Droemer Knaur. Beim Newsportal „The Hill“ wenden sich die beiden Juristen und Verfasser unzähliger Rechts-Thriller nun an die Öffentlichkeit. Sie wollen den US-Kongress zum Handeln bewegen.
John Grisham & Scott Turow vs. Kiss Library
Als studierte Juristen und Autoren von Justiz-Romanen sei es ihnen nicht fremd, dass man viel Geduld brauche, um schließlich vor Gericht so etwas wie Gerechtigkeit zu erfahren. Dennoch hätten sie sich nicht vorstellen können, auf welche Hindernisse sie bei ihrer Klage gegen das illegale E-Book-Netzwerk Kiss Library stoßen würden.
Dies war ein berüchtigtes ukrainisches Netzwerk von E-Book-Piraten, das seit Jahren vom geistigen Eigentum Dritter lebte. Laut Grisham und Turow haben die Piraten die US-Autoren und -Verlage um Hunderttausende Dollar „beraubt„. Wir haben vor Jahren ebenfalls beschrieben, wie die Betreiber der Kiss-Library mit DMCA-Löschaufforderungen umgegangen ist. Unser Gastautor vermutete schon vor vier Jahren, die meisten seien ohne Umweg im Mülleimer gelandet.
Kiss Library war ein riesiges Netzwerk bestehend aus gut frequentierten Piratenseiten, zu denen kisslibrary.net, kissly.net, thekissly.net, libly.net, cheap-library.com und viele andere Domains gehörten. Diese Websites sahen ähnlich wie LUL.to wie ganz legitime E-Book Shops aus, wo man unzählige digitale Bücher kaufen konnte. Allerdings bestand ihr Portfolio aus Millionen schwarzkopierter E-Books, bei denen man zuvor den Kopierschutz entfernt hatte.
Eine Rekordsumme, die wahrscheinlich nie bezahlt wird
Am 20. Dezember 2021 erwirkten Grisham und Turow gemeinsam mit zehn anderen Autoren, Amazon Publishing und Penguin Random House einen Sieg vor Gericht. Doch die Verurteilten erschienen dort gar nicht erst. Das US-Bezirksgericht für den westlichen Bezirk von Washington gab den Klägern in allen Punkten Recht und sprach ihnen für jeden Anklagepunkt der Urheberrechtsverletzung 150.000 Dollar zu, den höchsten gesetzlich zulässigen Betrag. Insgesamt lautet die Summe somit 7,8 Millionen US-Dollar.
Doch das Inkasso der Forderung wird sich wahrscheinlich als so kompliziert erweisen, wie die Identifikation der Tatverdächtigen. Diese hatten ihre Spuren mit gefälschten Angaben und mehreren Domainwechseln verwischt. IT-Forensiker verfolgten die Spur der digitalen Krümel bis zu zwei Personen in der Ukraine: Rodion Vynnychenko und Artem Besshapochny.
Tatverdächtige haben ihre Spuren verwischt
Das nächste Problem war die Zustellung der Dokumente. Nach langwierigen Ermittlungen, die sich verzögerten, weil dem ukrainischen Gericht die Mittel für die Zustellung fehlten, konnten beauftragte ukrainische Anwälte und private Ermittler den Aufenthaltsort der Kriminellen schließlich herausfinden. So gelang die Aufdeckung der Anschrift von Rodion Vynnychenko. Dieser weigerte sich dennoch mehrfach, die von der ukrainischen Regierung zugestellte Vorladung anzunehmen.
Der zweite Angeklagte, Artem Besshapochny, behauptete, es habe sich um eine Verwechslung gehandelt. Dabei sprachen alle Beweise gegen ihn und es lag bereits ein Urteil der Weltorganisation für geistiges Eigentum wegen früherer Urheberrechtsverletzungen vor. Für Grisham und Turow steht an erster Stelle, dass man das umfangreiche Kiss-Library-Netz abschalten konnte. Das betrifft auch alle ehemaligen Mirrors, die die ukrainischen E-Book-Piraten aufgezogen hatten. Dies war für sie „ein entscheidender Sieg (…) und ein starkes Signal an alle Raubkopierer, dass sie in den USA verklagt werden können und werden.“
Wer muss die Kosten für die Rechtsdurchsetzung tragen?
Der Zeit- und Kostenaufwand für die Klage zeigt jedoch, wie absurd es ist, die Durchsetzung von Anti-Piraterie-Maßnahmen den Urhebern zu überlassen. Der Verband Authors Guild setzt sich im Kongress für mehr Mittel für die strafrechtliche Verfolgung von Online-Piraten ein.
Die Autoren fordern den Kongress außerdem dazu auf, ein Gesetz zur Zensur der Suchmaschinenergebnisse zu erlassen. Man solle Bing, Google & Co. daran hindern, Links zu berüchtigten ausländischen Piraterieseiten zu setzen, was diese von sich aus abgelehnt haben. Derartige Maßnahmen würden Autoren und anderen Urhebern die enormen Kosten ersparen, die entstehen, wenn sie Kriminelle wie Kiss Library außerhalb der eigenen Landesgrenzen verklagen wollen.
Grisham und Turow vertreten in ihrem Artikel die Ansicht, Piraterie sei grundsätzlich ein „kriminelles Vergehen“. Sie finden, die Regierung ihres Landes sollte es auch endlich als solches behandeln.