Die Veelvo Communications Ltd. will nach intensiven Vorbereitungen den Markt zum Schutz von Online-Piraten & anderen Szene-Websites erobern.
Anfang nächsten Jahres starten unter der Domain veelvo.com neue Angebote für den digitalen Untergrund. So zumindest ist es geplant. Update: Mittlerweile hat man die Pforten des Online-Shops schon geöffnet.
Mittelfristig will man auch als CDN-Dienstleister auftreten, was den Nebeneffekt hätte, dass dadurch der tatsächliche Server-Standort der Kunden verschleiert wird. Wir wurden neugierig und haben uns kürzlich bei der Geschäftsführung von Veelvo erkundigt.
In letzter Zeit gehen die Juristen der Alliance for Creativity and Entertainment (ACE) gezielt u.a. gegen Cloudflare, das wohl bekannteste Content Delivery Network (CDN), vor. Wer als zahlender Cloudflare-Kunde bei der Registrierung verräterische Bankverbindungen oder andere sensible Daten angibt, geht ein enormes Risiko ein.
Eine richterliche Anfrage später springt man im wahrsten Sinne des Wortes über die Klinge. Natürlich muss das illegale Angebot zunächst auf dem Radar der Rechteinhaber beziehungsweise Behörden aufgetaucht sein.
Cloudflare kann die vor einem US-Gericht erzwungene Preisgabe der Kundendaten nicht ohne weiteres verhindern. Voraussetzung ist allerdings, dass der Antragsteller der außergerichtlichen Einigung klare Hinweise auf rechtswidrige Tätigkeiten vorlegen kann, die der CDN-Kunde begangen haben soll.
Veelvo als kugelsicherer IT-Dienstleister?
Daneben haben sich die Anwälte, die im Auftrag der ACE agieren, für ihre DMCA-Vorladungen bekanntlich noch Webhoster und Domain-Registrare vorgenommen. Wie gesagt: Wenn man keinen Strohmann oder einen Dienst zur Verschleierung der Angaben eingeschaltet hat, schnappt die Falle zu.
Andererseits ist es ohne CDN oder andere Schutzmechanismen trivial, den tatsächlichen Serverstandort ausfindig zu machen. Sofern dieser bekannt ist, versuchen Ermittlungsbehörden oder Rechteinhaber im nächsten Schritt den Webhoster bzw. Registrar unter Druck zu setzen. Veelvo Communications will künftig dabei helfen, das zu verhindern.
Als Schutz vor einer Lokalisierung der Server nutzen manche Szene-Websites Blazing Fast als Alternative. Konkurrenz ist auch hier von Vorteil. Der Kampf um Marktanteile belebt das Geschäft, sorgt für Einfallsreichtum der Wettbewerber und drückt im Idealfall sogar die Preise. Doch die Marktmacht von Cloudflare ist im Graubereich offenbar gigantisch.
Wir haben diese Woche den Gründer von Veelvo gefragt, was die Szene von seinem Dienst erwarten darf. Er teilt uns mit:
Also, Veelvo ist eigentlich ein altes Projekt von mir. Es wurde 2017 gegründet, aber ab Ende 2019 mussten wir ja leider eine kleine Zwangspause machen. Wir sind also gerade dabei, die Firma und die Infrastruktur neu aufzubauen.
Generell ist Veelvo der typische Hosting Provider – jedoch mit dem Fokus auf Privacy und Neutralität. Das Hauptangebot besteht aus Domains, Dedicated Server, vServer und unserer Colocation.
Wir arbeiten derzeit auch an einem CDN, das eine gewisse Cloudflare-Alternative anbieten soll. Bestandteil ist natürlich eine effektive DDoS Protection.
Derzeit bieten wir noch keine Produkte öffentlich an, da einfach vieles noch im Aufbau ist.
Veelvo CEO gegenüber Tarnkappe.info
Ausgewählte Kunden testen derzeit lediglich einzelne Produkte.
Veelvo Short Facts:
● Standort: London, UK
● Rechtsform: Limited Company
● Gegründet: 2017
● Eigentümer & Geschäftsführer: Tom Funken
● Team: 3 Personen
● Produkte: Domains, vServer, Dedicated Server, Colocation, CDN- & DNS-Hosting
● Server Standorte: UK, NL, CH, SE & US*
- die USA ist aktuell nur für ausgewählte Produkte geplant, wie zum Beispiel das CDN- oder DNS-Hosting.
Geplantes Startdatum unserer Angebote:
● Domains = Januar 2023
Tom Funken
● vServer = Februar 2023
● Dedicated Server = Januar 2023
● Colocation = Februar 2023
● CDN = Mai 2023
● DNS Hosting = März 2023
„Unsere interne Policy ist der von Cloudflare wohl sehr ähnlich.“
Gründer Tom Funken ergänzt, dass zwei Personen früher beim Cyberbunker tätig waren. „Veelvo ist aber kein Nachfolger-Projekt.“ Die Firma gab es schon, bevor Funken beim CyberBunker angefangen hat und verfolgt andere Ziele und Policies.
„Wir sind kein Bulletproof Hoster, wir verstehen uns nicht als Szene-Hoster. Wir haben auch ein aktives Abusemanagement, auch wenn wir hier so neutral wie möglich sein wollen. Je nach Produkt und Fall ist unsere interne Policy (Firmenpolitik) der von Cloudflare wohl sehr ähnlich.
Veelvo kein Nachfolgeprojekt vom CyberBunker
Kundendaten haben wir auch kaum, die wir herausgeben könnten. Mehr als ein Name und eine E-Mail- Adresse werden wir nicht anfragen. Einzige Ausnahme ist, wenn jemand beispielsweise mit PayPal bezahlen will. Dann werden die Daten ja zwangsweise an uns übertragen. Sprich, der Kunde entscheidet wie viele und welche Daten er mit uns teilen will.
Ausgerechnet England als Hauptsitz?
Doch selbst wenn England nicht mehr Teil der EU ist, die Wahl des Firmenhauptsitzes erscheint in Anbetracht der Wahl der künftigen Kunden doch recht gewagt zu sein. Tom Funken erläutert uns die Hintergründe:
„Es gibt diverse Gründe, wieso wir uns für Großbritannien (GB) entschieden haben. Zu dem Zeitpunkt, als die Firma ursprünglich gegründet worden ist, ging es hauptsächlich darum eine Jurisdiktion zu finden, die gut mit meinem digitalen Nomaden-Dasein harmoniert.
Jetzt haben wir uns dazu entschieden, am Ort zu bleiben, weil London noch immer unsere Anforderungen erfüllt. Und die Position, in der sich GB seit dem Brexit befindet, hat auch in einigen Punkten Vorteile.
Hinzu kommt, dass es ist nicht unser Ziel ist, Gesetze zu umgehen. Alles, was wir machen, ist eng mit unseren Anwälten besprochen und geplant. Daher befürchten wir keinerlei Probleme mit der britischen Justiz.
„Alles, was wir machen, ist eng mit unseren Anwälten besprochen“
Auch ein Grund ist, dass uns ein Sitz in einem respektierten westlichen Land mehr Kontrolle und Einfluss gibt. In der Regel gehen Abuse- und Behörden-Anfragen an uns. Wir von Veelvo bearbeiten diese selbst und können uns auch rechtlich dagegen wehren, wenn wir sie für unangemessen erachten.
Eine Briefkastenfirma auf den Seychellen oder in Belize wird in der Regel übergangen. Als Betroffener hat man daher eher selten die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen.“ In Belize werden mittlerweile sogar private Räumlichkeiten, wie die des früheren Betreibers von Helix durchsucht, wenn die Anschuldigungen schwerwiegend genug sind.
Behörden legen sich die Anklage zurecht, wie sie sie brauchen!
Funken schließt seine Argumentation ab:
„Na ja. Zu guter Letzt habe ich ja gelernt, dass sich so mancher Staatsanwalt (StA) die Begründung so zurecht legt, wie er will. Ob die Firma in DE oder NL ist, ob die Server in DE oder NL sind, oder ob der Verantwortliche in DE lebt oder nicht. Man (die Behörde) sucht sich halt das heraus, was dem StA am besten passt. Also lediglich die Firma in ein anderes Land zu verlegen, schützt uns nicht zwingend vor rechtlichen Schritten.“
Gestolpert sind wir über den Veelvo-DDoS-Schutz übrigens bei der brandneuen deutschsprachigen Streaming-Website kiste.to. Wer gezielt danach sucht, wird weitere CDN-Testkunden aus dem Szene-Umfeld entdecken. Der weitere Verlauf dürfte in jedem Fall spannend werden. Sofern sich etwas Interessantes entwickelt, melden wir uns auf jeden Fall wieder via Blog oder im Forum.
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