Der satirische Monatsrückblick der Tarnkappe, diesmal unter anderem über die Vorratsdatenspeicherung und Sicherheitsprobleme bei Knuddels.
Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter – doch das bedeutet noch lange nicht, dass der September nicht seinen ganz eigenen Reiz hätte. Vielerorts scheint nach wie vor die Sonne, so mancher begrüßt womöglich, dass es nicht mehr ganz so heiß ist, und für unseren Lars wurde der September sogar zum Monat der Liebe. Was sagt unsere Glosse dazu?
Angesichts dieser Idylle kann man dem anstehenden goldenen Oktober doch voller Zuversicht entgegen blicken – oder? Leider nein. Neben all den schönen Gefühlen herrschen leider die üblichen finsteren Mächte. Welche bösen Overlords und brutal inkompetenten Möchtegern-Bond-Schurken im vergangenen Monat unsere Nachrichten beherrschten, zeigt unser satirischer Monatsrückblick.
Neues aus der Gesetzes-Gruft
Passend zur düsteren Jahreszeit und dem Nahen von Halloween machte wieder ein Zombie von sich reden: die Vorratsdatenspeicherung. Schon einmal abgeschafft und x mal als verfassungsfeindlich eingestuft, reckte diese Maßnahme immer wieder ihr untotes Haupt. Aktuell steht sie in Deutschland zwar im Gesetz, wird aber nicht umgesetzt, weil so manchem mittlerweile vielleicht doch dämmert, dass das alles nicht so einfach ist mit den Wiedergängern.
Passend dazu soll jetzt der EuGH die deutsche Vorratsdatenspeicherung prüfen. Wahrscheinlich wird er, wie schon zig Gerichte vor ihm, zu der Erkenntnis kommen, dass dergleichen verfassungswidrig ist und individuelle Rechte unverhältnismäßig einschränkt. Nur wird das leider niemanden beeindrucken, denn wenn es das täte, wäre die Vorratsdatenspeicherung schon seit zehn Jahren tot und begraben. So aber gibt es halt einen Zombie für Halloween und dazu passend den Verdacht, dass bei unseren Politikern relativ wenig „Brains“ zu futtern sind. Na dann Mahlzeit.
Die 90er haben angerufen, sie wollen ihre Schlagzeile zurück
Wo wir gerade bei Wesen etwas älteren Baujahrs sind: Wer von euch kennt eigentlich noch Knuddels? Die betonte Niedlichkeit schon des Namens dürfte ja im Zeitalter von Bällebädern, Flausch und My Little Pony durchaus wieder für ein Revival geeignet sein. Dennoch handelt es sich bei dem Chat-Dienst um ein Angebot aus der Zeit, als man noch mit Modem einwählte, einen ganzen Stapel AOL-CDs zuhause hatte (ohne besonderen Grund, denn genutzt wurden die Dinger ja meines Wissens nicht) und die neueste CD der Spice Girls auf dem Discman hörte. In der Schulpause wurde dann trotz Verbot heimlich auf Knuddels gechattet (zumindest von den meisten – diejenigen unter uns, die schon damals ein wenig „darker and edgier“ waren, ergötzten sich ebenso verbotenerweise an den Missgeschicken der Happy Tree Friends).
Unsere Eltern jedenfalls waren über unsere Abenteuer bei Knuddels nicht unerheblich besorgt, stand doch in der Computerbild, dass Minderjährige auf gar keinen Fall (!!!) irgendwelche Informationen per Internet preisgeben sollten. Und was in der Computerbild stand, war für die Generation der „Digital Immigrants“ eindeutig Serious Business. Oder etwa nicht? Der Monatsrückblick klärt auf.
Nun sieht es, 19 Jahre nach der Gründung von Knuddels, so aus, als hätten unsere Altvorderen womöglich recht gehabt: durch eine Sicherheitslücke wurden die Daten von 1,8 Millionen Benutzern geleakt. Wohl dem, der dort eben keine relevanten Daten hinterlegt hatte. Daraus allerdings zu schließen, dass in Computerbild womöglich doch nicht nur Quatsch stand, würde eindeutig zu weit führen. Ihr kennt das ja mit dem blinden Huhn. Alternative Moral der Geschichte: schaut mehr Happy Tree Friends!
Glosse September – Zensur-Protest-Zensur
Kommen wir von den Hobbies pubertierender 90er-Kinder zu denen kontrollsüchtiger Politiker. Ganz oben auf der Liste: Zensur. Blöd nur, dass darüber manche Aktivisten gar nicht erfreut sind. Zum Glück gibt es dagegen ja ein probates Mittel: Zensur. Wird sich zu laut über eine neue Zensur-Infrastruktur beschwert, blockiert man einfach die Beschwerden. Da soll noch einer sagen, Probleme ließen sich nicht mit der Denkweise lösen, die sie verursacht hat…
Ein Lama aus der Vergangenheit
Das Lama ist wieder am Start. Wo wir übrigens vorhin von 90er-Throwbacks sprachen: kürzlich tauchte eine neue WinAmp-Beta auf. That really whips the llama’s ass, wie wir damals zu sagen pflegten. So langsam sollten wir wohl unsere Buffalos und Knöpf-Trainingshosen wieder aus dem Keller holen. Diejenigen von uns, die auf dem Land leben, können sogar noch die Original-Geschwindigkeit damaliger Internet-Zugänge genießen, denn mit dem Breitband-Ausbau ist das ja bekanntlich in Deutschland so eine Sache…
Monatsrückblick – Ein echtes Arbeitspferd
Kommen wir im Monatsrückblick von Lamas zu Pferden – genauer gesagt trojanischen Pferden. Deren Einsatzbereich soll jetzt erheblich erweitert werden (sozusagen ein Vielseitigkeits-Reitwettbewerb). Hieß es anfangs noch, die Staats-Malware sei allenfalls für Terrorismus und organisierte Kriminalität gedacht, wurde anschließend der Einsatzbereich schrittweise erweitert. Neueste Idee der Mächtigen: mit dem Staatstrojaner gegen Drogendelikte (natürlich nur die, die nicht im Bundestag stattfinden). Demnächst an diesem Ort: Staatstrojaner gegen Falschparken, Schwarzkopien, regelwidrige Abfallentsorgung und zu laute Musik nach 22 Uhr. Selbstverständlich nur zum Wohle der Nationalen Sicherheit und in streng kontrollierten Einzelfällen.
Winter is Coming
Angesichts dieser beunruhigenden Zombie-Horden schon im September dürfen wir gespannt sein, was uns erst im Oktober erwartet. Eins steht fest: langweilig wird es nicht. Der satirische Monatsrückblick wird sich der Sache zum gegebenen Zeitpunkt annehmen. Bis dahin bleibt uns treu, passt auf euch auf und viel Spaß mit den Happy Tree Friends!
Eure Annika Kremer