Spiegelbest stellt Popcorn Time vor, eine Anwendung, die Torrents streamt. Er argumentiert, dass ein solcher Stream laut Rechtssprechung legal sei.
Stellt euch vor, ihr könntet eure Lieblingsfilme – knackscharf und knickfrisch – einfach so in eurem Fernseher einschalten zu jeder Zeit, oder auf eurem Tablet an jedem Ort. Dabei drohen weder Abmahnungen noch Offlinks. Könnt ihr euch nicht vorstellen? Na, dann gebt euch einen Ruck, denn was ihr nicht für möglich haltet, ist bereits Realität. Popcorn Time ist Realität.
Nennt sich ‚Popcorn Time‚ und wird als ‚Netflix für Piraten‘ bezeichnet und wurde im März vorgestellt: TorrentFreak.
Kurz zur Vorgeschichte: Ein paar clevere Jungs haben eine Anwendung entwickelt, die Torrents in einen Stream übersetzt. Das ist an sich keine große Sache, da die Teile nur in die Reihenfolge gesetzt werden müssen. (In primitiver Form gab es diese Möglichkeit bereits.) Die Idee jedenfalls ist eingeschlagen wie eine Bombe!
Lustigerweise haben europäische Gerichte wie auf Absprache festgestellt, dass Streaming legal ist: Link. Ihr seht, in ganz Europa haben Richter Kinder mit ausgefallenen Geburtstagswünschen ;)
Ihnen – den Betreibern von Popcorn Time – wurde schnell klar (gemacht), dass sie sich in aller Unschuld mit einer milliardenschweren Industrie angelegt hatten. Vernünftigerweise haben sie umstandslos und zeitnah ihr Projekt verlassen … nicht ohne es open source zu machen und es damit an die ganz harten Jungs weiterzureichen. Es kam, wie es kommen musste: Die Rechteindustrie hat nun Gegner, die sich nicht einschüchtern lassen. Zahlreiche Projekte um ‚Popcorn‘ herum sind fertig oder kurz vor der Fertigstellung.
In der Praxis ist Popcorn Time in der Anwendung unglaublich simpel. Googlet mal eine der Apps: ‚time4popcorn‘. Ihr kriegt einen Ordner, in dem eine Klick-mich-Datei ist. Und schon geht es los! Eine Torrentseite mit ordentlicher Qualitätskontrolle stellt die Torrents im Hintergrund zur Verfügung. (Abuses von Torrents sind nicht möglich, da die Dateien nicht an einem Ort, sondern dezentral vorliegen.) Im Hintergrund dürften verschiedene Seedboxes arbeiten. Daher sind immer alle Filme on.
Da die Dateien via p2p weitergereicht werden, seid ihr also Downloader (= Empfang) und zugleich Uploader (= Weitergabe). Wie ihr wisst, sind bei Torrents Abmahnungen nicht selten. Nun ist es aber so, dass am Ende kein Download steht – wie beim normalen Torrent – sondern ein Stream, der nicht anders zu bewerten ist als der Besuch einer Webseite. Es findet – nach meiner Meinung – kein Upload, sondern ein Upstream statt.
Kürzlich hat es ein Popcorn für Musikstreams gegeben: TorrentFreak. Anders als bei den Filmen (und bei den E-Books) steht aber mit Spotify ein Angebot zur Verfügung, gegen das sich ein solches Musik Popcorn erstmal durchsetzen muss. Es wird sehr interessant sein zu sehen, ob die Musikpiraten über ihr Popcorn Time wieder zurückkommen werden. Spotify hat den meisten von ihnen die Existenzgrundlage geraubt, wenn ich den Berichten glauben darf.
Auch E-Books können gestreamt werden. Jeder Anbieter, der nicht riskieren will, dass ’seine‘ Ebooks flächendeckend befreit werden, muss die überlassenen Titel streamen. Man darf sie also niemals in completto zur Verfügung stellen. Ich denke aber, dass die Verlage ein echtes ‚Spotify für Ebooks‘ nicht zustande bringen werden. (Readfy und Skoobe sind lächerlich eingeschränkt.) Ich persönlich halte die deutschen Buchleute für zu dumm, andere halten sie für zu feige: Es kommt auf dasselbe heraus.
Kommt ein Popcorn Time für E-Books?
Ihr werdet also beizeiten ein Popcorn Time für E-Books sehen, da immer mehr Nutzer unterwegs auf Smartphones und Tablets lesen. Dann können wir die Abuses, ihr könnt die Abmahnungen vergessen. Ich fürchte, die Verlage werden jeden Tag bedauern, den sie auf der Suche nach einer legalen Alternative wie Spotify vertan haben.
Ein Popcorn für E-Books wird kommen – nicht von uns, aber es wird kommen, das ist gewiss!
Wir stehen an einer Zeitenwende: Aus Filesharing wird Streamsharing!
P.S.: Ich habe mit Lars eine Diskussion gehabt. Er hat mir einen Link von der Kanzlei Rasch geschickt.
Dazu muss ich sagen, dass ich die Aussagen des Rechtsanwaltes für falsch halte. Ich habe mir einen kompletten Film angeschaut, und es ist nichts auf meinem PC gespeichert worden. Wenn der Film sich nicht selbst gelöscht hat, dann war alles sukzessive als ‚flüchtige Kopie‘ zwischengespeichert worden und gelöscht, nachdem ich Popcorn geschlossen habe. Ein Download kam nicht zustande. Jedenfalls nicht dort, wo ich suchen müsste.
Ich bin aber kein Experte und lasse mich gerne von echten (!!) Experten belehren. Bis zur Klärung empfehle ich, Popcorn mit einem VPN zu nutzen. … wobei ich meine, dass VPN für Filesharer sowieso Bürgerpflicht ist.
Bildquellen shutterstock & Pixabay, thx!
Update: Nach den heftigen Kommentaren hat Spiegelbest einen klärenden Artikel nachgelegt.
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