Mancher sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht!
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Bildquelle: Evan Dennis, Lizenz

Tarnkappe.info wegen Datenschutz-Verstößen beim LDI angezeigt

Der LDI behauptet, wir würden widerrechtlich die Straße filmen. Wir sollen 12 Fragen dazu beantworten. Ansonsten droht eine hohe Strafe.

Und wieder Post vom LDI, von Bettina Gayks Behörde. Gayk ist Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen.

LDI benötigt keine Beweise, um aktiv zu werden?

Die zuständige Mitarbeiterin kündigt uns im gestrigen Schreiben an, man habe sie darauf hingewiesen, dass auf unserem Grundstück, Lohplatz 14 in Bergisch Gladbach, eine oder mehrere Kameras angebracht seien. Dem Anzeigenersteller ist offenbar der Eindruck entstanden, dass die Kameras die öffentlichen Flächen vor dem Haus filmen würden. „Verantwortlich für den Einsatz der optisch-elektronischen Einrichtung sollen Sie sein“, heißt es im Schreiben weiter. Man vermutet meinerseits einen Verstoß gegen Artikel 55 i.V.m Arti. 58 Abs. 1 lit. a und e der EU-weit gültigen DS-GVO.

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LDI NRW: Noch ein Liebesbrief aus Düsseldorf?

Bei Zuwiderhandlung droht eine Geldbuße von bis zu 20.000 Euro

In einer ausführlichen datenschutzrechtlichen Stellungnahme werden wir um die Beantwortung von 12 Fragen gebeten. Insbesondere hinterfragt man, ob auf die Erstellung der Aufnahmen mit Schildern hingewiesen wird. Im Brief nennt man eine von der Videoüberwachung betroffene Person, die man namentlich nicht erwähnt.

Sollte ich die Fragen vom LDI nicht pünktlich, falsch oder unvollständig beantworten, müssen wir mit einer Geldbuße von bis zu 20.000 Euro rechnen. Alternativ stände der Behörde noch die Möglichkeit offen, bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes aus 2021 als Strafmaß zu nehmen. Indizien legt man im Brief keine vor, Beweise ebenso wenig. Offenkundig hat uns mal wieder jemand ärgern wollen und zeigte mich als Person bei der Düsseldorfer Datenschutzbehörde an.

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LDI-Mitarbeiterin erreichbar, aber überfragt

Beim heutigen Telefonat teilte mir die zuständige Sachbearbeiterin mit, vor Montag könne sie zu der Sache nichts sagen. Sie würde daheim arbeiten und hätte keine Akten dabei. Die Telefonnummer ihres Büros wurde aber direkt bis zu ihrem Home Office umgeleitet. Warum das so gehandhabt wird, erklärte sie mir auch nicht. Wenn ich jemanden erreichen kann, die Person aber über keinerlei Informationen verfügt, nützt mir das herzlich wenig.

Ohne Videokamera keine Videoüberwachung möglich

Ich habe auf eine ausführliche Beantwortung der 12 Fragen verzichtet. Ich habe der Dame vom LDI per E-Mail mitgeteilt, dass ich gerne wissen möchte, wer für diese Anzeige verantwortlich ist. Außerdem existiert hier in diesem Haushalt keine einzige Videokamera. Nur ein Notebook im Wohnzimmer verfügt über eine eingebaute Webcam, die aber nicht auf die Straße zeigt.

Zudem habe ich wahrlich andere Dinge zu tun, als mich mit einem Smartphone vor dem Fenster zu postieren, um irgendwelche Aufnahmen zu erstellen. Den dafür erforderlichen Ständer, um nicht andauernd präsent sein zu müssen, besitze ich auch nicht. Und ehrlich gesagt, hier gäbe es zudem nicht viel zu filmen. Unsere Straße ist verkehrsberuhigt, weil dies eine Sackgasse ist. Etwa 20 Hausnummern hinter unserem Haus ist für Autofahrer der Weg zu Ende. Bis auf wenige Anwohner und ein paar Hundebesitzer, die ihren Vierbeiner ausführen, ist hier nichts und niemand zu sehen. Soll ich wirklich 24/7 Aufnahmen vom Beton der Straße anfertigen lassen? Das wäre sinnlos.

Anzeigenersteller stellt immerhin seine Fantasie unter Beweis

Ehrlich gesagt, die Düsseldorfer LDI-Behörde hatte ich nicht auf dem Schirm. Eigentlich hätte ich ja schon längst mit einer neuen Durchsuchung der örtlichen Polizei gerechnet. Die Wetten mit meinem Anwalt laufen schon seit über zwei Jahren. Da wir beide darum gewettet haben, dass ich in 2021 oder spätestens in 2022 durchsucht werde, haben wir bis dato beide verloren. Das darf gerne so bleiben! Im Frühjahr diese lächerliche Anzeige, ich hätte den Facebook-Account meines Ex-Arbeitgebers hacken wollen und nun sowas. Was kommt denn noch alles?

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Lars Sobiraj kommentiert:

Es ist schon krass, dass eine Landesdatenschutzbehörde ohne die Vorlage eines einzigen Beweises aktiv wird. Da könnte ja jeder hingehen und jemanden beim LDI bezichtigen, er richte seine Kamera auf die öffentlichen Gehwege. Wenn das schon ausreichend für eine schriftliche Befragung und Androhung einer hohen Strafe ist, so halte ich das Vorgehen für überaus traurig. Gibt es die Unschuldsvermutung beim LDI nicht mehr?

Was kommt als nächstes ohne jede Beweisführung? Vorwürfe zu Steuervergehen? Andere Straftaten, die wir hier begangen haben sollen? Die letzte Kommunikation mit dem LDI hatte wenigstens Hand und Fuß. Man konnte uns mithilfe eines Online-Analysetools mehrere Verstöße gegen die DSGVO nachweisen, die wir natürlich zeitnah beseitigt haben. Ein Cookie-Banner war nicht ausreichend konfiguriert, die Datenschutzerklärung war nicht auf dem neuesten Stand, um nur zwei Beispiele zu nennen. Aber jetzt hat die Behörde laut dem eigenen Schreiben rein gar nichts in der Hand. Man wurde nach Eingang der Hinweise eines Denunzianten dennoch aktiv. Das öffnet Nachahmern doch Tür und Tor.

Sieht so unsere schöne neue digitale Welt aus? Dritte ärgern auf Knopfdruck? Und das mit Hilfe der Datenschutzbehörde des Landes? Mein Glückwunsch, LDI !!!

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.