Laut einer Studie des Max-Planck-Institut über das Nutzungsverhalten der Deutschen ergab, dass die Hälfte nichts für Musik und Filme ausgibt.
Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb erfasste in Kooperation mit dem Munich Center for Internet Research das Verhalten und die Einstellungen von deutschen Internetnutzern bezüglich urheberrechtlich geschützter Inhalte. Dafür hat man im Zeitraum vom 6. Mai 2017 bis einschließlich 3. Juli 2017 insgesamt 5.532 deutsche Verbraucher ab 12 Jahren befragt. Und dies teils online, teils in persönlichen Interviews zu ihrem Online-Nutzungsverhalten hinsichtlich der folgenden urheberechtlich geschützten, kreativen Inhaltsarten. Es ging um Musik, Filme, TV-Programme und Serien, Computersoftware, E-Books, Videospiele sowie E-Paper-Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften, um repräsentative Ergebnisse zu bekommen. Ziel war es dabei, aussagefähige Statistiken für Entscheidungsträger zur Verfügung zu stellen.
Nutzungsverhalten der Befragten überraschend
Im Ergebnis der Studie zeigte sich, dass deutsche Internetnutzer ab 12 Jahren vor allem Musik, Filme, TV-Programme und Serien über das Internet konsumieren. Rund 27 Prozent gaben an, in den letzten drei Monaten Musik über das Internet gehört zu haben. Gefragt nach der Nutzungsform, überwiegt bei Bewegtbildinhalten das Streaming und nicht das Herunterladen. Eine öffentliche Weitergabe in Form von Filesharing erfolgt in erster Linie bei Musik. Etwa 3 Prozent der Befragten bekannten sich dazu, Musikinhalte in den letzten drei Monaten öffentlich weitergegeben zu haben.
Rund 32 % der deutschen Internetuser ab 12 Jahren nutzen mindestens eine der abgefragten kreativen Inhaltsarten und halten diese Nutzung für komplett legal. 10 % nutzen diese Inhalte ihrer eigenen Einschätzung nach teilweise auch illegal. Daneben halten 5 % der Internutzer ihren gesamten Inhaltskonsum für illegal. Die restlichen 53 % der Internetnutzer hingegen haben in den drei Monaten vor der Befragung keine der abgefragten Inhalte konsumiert. Mehr als die Hälfte der Onlinekonsumenten gab an, nichts für die Nutzung dieser Inhalte auszugeben. Nur etwa ein Viertel bezahlt für alle genutzten Inhalte. Die übrigen Online-Konsumenten nutzen einen Teil der Inhalte sowohl kostenfrei, während sie für einen anderen Teil bezahlen. Abmahnungen für angeblich illegales Online-Nutzungsverhalten haben in Deutschland in den letzten zwei Jahren rund 2 % der Internetuser erhalten
Die Hälfte will grundsätzlich kein Geld für Inhalte ausgeben
21 % der Befragten mit teilweisem illegalen Nutzungsverhalten geben an, dass sie auf illegales Online-Verhalten verzichten würden, wenn dieses besser von legalem Online-Verhalten abzugrenzen wäre. Als problematisch erscheint die offenbar in Deutschland weit verbreitete Unsicherheit bei der Unterscheidung von legalen und illegalen Online-Nutzungsformen. So sind rund 47 % der deutschen Internetnutzer nicht sicher, welches Online-Nutzungsverhalten als legal und welches als illegal einzustufen ist. Mögliche rechtliche Sanktionen oder angedrohte Einschränkungen des Internetzugangs im Falle von Urheberrechtsverletzungen spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Nutzer, die ihr Verhalten zumindest teilweise für illegal halten, sind jünger und zu einem höheren Anteil männlich.
Die bei der Befragung am häufigsten genannten Gründe für illegales Nutzerverhalten waren sowohl die Kostenfreiheit, als auch die Einfachheit bzw. Bequemlichkeit sowie die Schnelligkeit. Gemäß der Studie geben Online-Konsumenten von Musik und Bewegtbildinhalten in der Regel mehr als deutsche Durchschnittskonsumenten für ihre Interessensbereiche aus. Dies schließt physische Käufe und das Leihen, Fanartikel sowie Konzert- oder Kinobesuche mit ein. Konsumenten mit gemischt legalem und illegalem Online-Nutzungsverhalten tätigen sogar die höchsten Gesamtausgaben. Dieses Verhalten deutet folglich auf eine gewisse Zahlungsbereitschaft hin. Somit kann man die angegebenen Kostensenkungsmotive nicht mit den getätigten Ausgaben in Einklang bringen.
Fazit der Studie zum Nutzungsverhalten der Deutschen
„Erste Ergebnisse aus unserer Untersuchung weisen darauf hin, dass mit einfacheren, flexibleren und bequemeren Lösungen von Seiten der Anbieter urheberrechtsverletzendes Verhalten im Internet einzudämmen wäre. Insbesondere sollten Inhalte, die in anderen Ländern bereits genutzt werden können, auch in Deutschland schnell verfügbar gemacht werden. Damit würde man die vorhandene Zahlungsbereitschaft abschöpfen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass auch der Gesetzgeber durch die Schaffung eindeutiger, insbesondere verständlicher Regeln bezüglich legalem Nutzungsverhalten im Internet und durch entsprechende Informationen für Verbraucher einen Teil der Urheberrechtsverletzungen verhindern kann.“
Stellungnahme des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI):
Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzende des BVMI, äußert sich zu den Studien-Schlussfolgerungen verhalten. Er meint, man solle aus der Erhebung zur „Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet durch deutsche Verbraucher“, aus der das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb diese Woche erste Ergebnisse vorgestellt hat, „keine falschen oder undifferenzierten Schlüsse zu ziehen. […] Wenn man jedoch eine ‚Vereinfachung des deutschen Rechtsrahmens‘ und ‚einfachere, flexiblere und bequemere Lösungen von Seiten der Anbieter‘ fordert, um das urheberrechtsverletzende Verhalten im Internet einzudämmen, springt dies zu kurz“, kritisiert er. „Die Unternehmen der Musikbranche – wie auch vieler anderer Kreativbranchen – sind im digitalen Raum mit einer sehr breiten Palette legaler Angebote vertreten. Von kostenlosen bis zu Premium-Konfigurationen. Unsere eigenen repräsentativen Umfragen zu Musikinhalten ergeben, dass 80 Prozent der Deutschen die legalen Angebote ausreichend finden, um Musik im Internet zu kaufen oder zu nutzen, 56 Prozent haben sogar ihr perfektes legales Angebot bereits gefunden.“, so Drücke weiter.
Drückes Lösung gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet wäre daher die Folgende. „Man sollte doch viel eher schauen, wie wir als Gesellschaft es schaffen, im Sinne aller Beteiligen, illegalen Plattformen die Finanzierung zu entziehen. Indem es mit einer neuen Bundesregierung zum Beispiel endlich gelingt, Werbung auf illegalen Seiten zu bekämpfen. In der letzten Legislaturperiode ist das leider gescheitert. Im Jahr 2018 mal wieder auf die Branche zu zeigen, anstatt auf diejenigen, die Geld mit illegalen Angeboten verdienen, klingt wie eine Zeitreise zurück zum Anfang des Jahrtausends.“
Bildquelle: geralt, thx! (CC0 Public Domain)
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