Die CISCO-Tochter OpenDNS musste sich mehreren Gerichtsurteilen beugen und sperrt nun zahlreiche Nutzer in Frankreich und Portugal aus.
Im Mai bestätigte ein französisches Gericht die Klage des TV-Senders Canal+. Man fordert von OpenDNS und anderen Proxy-Anbietern, die Umgehung bestimmter DNS-Sperren unmöglich zu machen. Man will so die bereits ergriffenen Maßnahmen gegen Piraterie verschärfen. Das Gericht wies in der Folge die Firmen Google, Cloudflare und CISCO an, ihre DNS-Einträge zu vergiften. Damit will man verhindern, dass diese Proxy-Dienste von Drittanbietern als Umgehungslösungen für bestehende Piratenseiten-Blockaden fungieren können. OpenDNS reagierte letzten Freitag, indem man einen Großteil der eigenen Nutzer aus Portual und Frankreich ausgesperrt hat.
OpenDNS entschuldigt sich für die Unannehmlichkeiten
Im Support-Bereich von OpenDNS schrieb einer der Mitarbeiter als Erklärung:
„Aufgrund einer gerichtlichen Anordnung in Frankreich gemäß Artikel L.333-10 des französischen Sportgesetzes und einer gerichtlichen Anordnung in Portugal gemäß Artikel 210-G(3) des portugiesischen Urheberrechtsgesetzes ist der OpenDNS-Dienst für Nutzer in Frankreich und bestimmten französischen Gebieten sowie in Portugal derzeit nicht verfügbar. Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten.“
Im Jahr 2023 zog der Fernsehsender Canal+ vor ein französisches Gericht, um eine Anordnung zu erwirken, die von den lokalen Internetanbietern verlangte, mehr als 100 illegale Piraten-Sport-Streaming-Seiten zu sperren. Das französische Gericht entsprach dem Antrag. Internetdienstanbieter wie Orange, SFR, OutreMer Télécom, Free und Bouygues Télécom müssen technische Maßnahmen ergreifen, um den Zugang zu Footybite.co, Streamcheck.link, SportBay.sx, TVFutbol.info und Catchystream.com sowie zu Dutzenden anderen Seiten zu verhindern. Die Webseiten sind aber mittlerweile unter den genannten URLs nicht mehr erreichbar.
Da die Internetdienstanbieter ihre eigenen DNS-Resolver für die Verwendung durch ihre eigenen Kunden haben, musste man sie so konfigurieren, damit sie nicht authentische Antworten liefern. Nur so konnte man den Zugang zu den fraglichen Websites verweigern. Es war unvermeidlich, dass einige der ISP-Kunden ihre Browser umkonfigurierten, um DNS-Server von Drittanbietern zu verwenden, darunter die von Cloudflare, Google und OpenDNS (CISCO).
Canal+ nimmt DNS-Anbieter ins Visier
Um diese Umgehungen zu verhindern, hat Canal+ letztes Jahr rechtliche Schritte gegen drei beliebte öffentliche DNS-Anbieter – Cloudflare (1.1.1.1), Google (8.8.8.8) und Cisco (208.69.38.205) – eingeleitet. Man fordert ähnliche Sperrmaßnahmen, wie sie bereits von französischen Internetanbietern gemäß Artikel L333-10 des französischen Sportgesetzes eingeführt wurden.
Das Pariser Gericht hat daraufhin im Mai diesen Jahres zwei Anordnungen erlassen. Diese betreffen die Spiele der Premier League und der Champions League. Das Gericht wies Google, Cloudflare und die CISCO-Tochter an, Maßnahmen zu ergreifen, um französische Internetnutzer daran zu hindern, ihre Dienste für den Zugriff auf rund 117 Piraten-Domains zu nutzen. Google hatte bereits angedeutet, dass man der Aufforderung nachkommen würde. Kürzlich kam auch OpenDNS dieser Aufforderung nach. Allerdings wohl nicht in der Weise, wie Canal+ oder das Gericht es erwartet hatten.
OpenDNS sperrt die meisten aus Frankreich und Portugal aus
Die Forderungen von Canal+, die von Gerichten sowohl in Frankreich als auch in Portugal voll unterstützt werden, zwingen OpenDNS praktisch dazu, das ganze Internet zu manipulieren. Es ist verständlich, warum dies ein Problem für die Betreiber einer völlig neutralen Internet-Infrastruktur darstellt. Und dies nicht zuletzt, weil diese Anordnung mit ziemlicher Sicherheit nicht die letzte ihrer Art sein wird.
Die Kollegen von TorrentFreak bezeichnen die Vorgehensweise von OpenDNS als „mutigen Schritt„. Mit der Sperre drückt der Proxy-Anbieter zweifellos seinen Protest gegen die von den Gerichten geforderte Zensur des WWW aus.
Andererseits ist es verwunderlich, dass bislang nicht mehr Proxy- und auch VPN-Anbieter von den Rechteinhabern dazu gedrängt werden, ihre Dienste so zu konfigurieren, wie es die Fernsehsender oder andere Content-Hersteller wünschen. Doch das ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Dazu kommt: VPN-Anbieter ohne Niederlassung innerhalb der EU kann man juristisch nicht so einfach unter Druck setzen. Doch die meisten populären VPN-Firmen, die man aus der Werbung kennt, nutzen ihren angeblichen Offshore-Sitz nur als Werbegag. In Wahrheit verfügen sie über Büros und Mitarbeiter beispielsweise in den Niederlanden.
Eine der wenigen Ausnahmen ist zum Beispiel hide.me*. Die geben nicht nur vor, von Malaysia und somit abseits der EU betrieben zu werden. Die lassen sogar ihre Provisionszahlungen über den Finanzdienstleister Airwallex laufen. Wahrscheinlich damit niemand ihre echte Bankverbindung kennt.
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