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Foto markusspiske, thx! (CC0 Public Domain)

Getty Images: Fotografin verklagt Bilderdienst auf 1 Milliarde Dollar

Als Reaktion auf besonders dreiste Geschäftspraktiken verklagt die Fotografin Carol Highsmith Getty Images auf nicht weniger als 1 Mrd. Dollar.

Auf nicht weniger als die stolze Summe von 1 Mrd. Dollar verklagt die Fotografin Carol Highsmith die Bildagentur Getty Images. Nachdem Highsmith von Getty Images wegen der unrechtmäßigen Nutzung eines ihrer eigenen (!) Fotos abgemahnt wurde, entdeckte sie außerdem 18.000 weitere, ihrer eigentlich rechtefreien Fotos, auf Getty Images, die von dem Bildportal seit Jahren als deren eigene verkauft werden.

Die amerikanische Bildagentur Getty Images wurde 1995 von Mark Getty und Jonathan Klein gegründet. Das Archiv soll mehr als 80 Millionen Bilder und Illustrationen sowie mehr als 30.000 Stunden Filmaufnahmen umfassen. Getty Images gehört seit 2012 zur amerikanischen Beteiligungsgesellschaft The Carlyle Group und damit zu einer der internationalen Firmen, die Franz Müntefering vor einiger Zeit als „Heuschrecken“ bezeichnet hat.

Gemeinfreie Fotos im Portfolio von Getty Images

Carol Highsmith bereist als ambitionierte Fotografin alle Regionen des nationalen Territoriums der USA. Ihre Passion sieht sie vor allem darin, mit ihrem Lebenswerk ein möglichst umfassendes Bild des Landes zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu dokumentieren, wobei die Aufnahmen sowohl Landschaften, Architektur bis hin zum alltäglichen Leben in Stadt und Land als auch die Menschen an ihren Arbeitsplätzen zeigen. Ihre Sammlung ist inzwischen schon auf über 100.000 Fotos angewachsen. Über die Library of Congress stellt sie diese der Öffentlichkeit zur freien Nutzung kostenlos zur Verfügung.

Wie sich nun herausgestellt hat, verlangt Getty Images für die Bereitstellung von 18.000 Bildern aus der Highsmith-Sammlung seit Jahren Lizenzgebühren. Diese Gebühren können pro Bild auch gerne bis zu 500 Dollar gehen. Zusätzlich mahnte das Unternehmen Nutzer ab, die diese eigentlich rechtefreien Bilder verwendeten. Ironischerweise war auch die Fotografin selbst unter den „Opfern“ dieser Abmahnwelle (sie erhielt im Dezember ein Schreiben von Getty Images, in dem sie wegen Verletzung von Nutzungsrechten eine Gebühr von 120 Dollar zahlen sollte), denn ihre Bilder wurden natürlich auch auf der Webseite ihrer Stiftung „This is America! Foundation“ gezeigt, über die ihre Arbeit finanziert wird und wurden so Gegenstand dieser Abmahnung.

Allerdings wurde Highsmith sich nun gerade dadurch erst des Problems bewusst, denn das Unternehmen kennzeichnete die Bilder in seiner Datenbank weder als freie Werke, noch wurde beispielsweise der Name der Urheberin (Carol Highsmith) erwähnt. Im Gegenteil: Die Firma behauptete im Grunde, das Copyright an diesen Bildern zu besitzen – mit allen Folgen. So wurde Nutzern, die die Fotos auf ihren Webseiten einsetzten, Rechtsverletzungen vorgeworfen und Strafgebühren aufgedrückt. Highsmith hatte sich aber nie von den Urheberrechten an ihren Fotos getrennt. Ohne ihre Zustimmung darf die Bildagentur deswegen keine Lizenzgebühren für ihre Bilder verlangen.

Fazit

Die Urheberin Carol Highsmith dürfte bei ihrer Forderung auch deshalb völlig zurecht in die Vollen gegangen sein, weil die Bildagentur nicht einfach nur Rechte verletzte, sondern sich auf Kosten der Allgemeinheit schamlos bereicherte, denn gerade Getty ist dafür bekannt, peinlich genau darauf zu achten, ob die von dem Unternehmen vermarkteten Bilder auch an keiner Stelle im Netz rechtsverletzend eingesetzt werden. Die Rechtsabteilung reagiert umgehend, wenn z.B. im Internet ein unlizenziert genutztes Bild gefunden wird. Gerade dieses äußerst dreiste Vorgehen ärgerte Highsmith am meisten. Ihr eigentlicher Streitwert belief sich „nur“ auf 468.875.000 Dollar.

Da aber ein Fotograf (Daniel Morel) nach einer unrechtmäßigen Nutzung eines Fotos 1,2 Millionen Dollar an Getty Images zahlen musste, erhöhte Highsmith den Streitwert nun auf satte eine Milliarde Dollar. Man könnte es in diesem Fall auch als den misslungenen Versuch eines Unternehmens bezeichnen, noch aus etwas Geld machen zu wollen, das eigentlich kostenlos ist, denn die Sache ist offensichtlich „nach hinten losgegangen“.

Nun bekommt der Bildvermarkter Getty Images, der so lange gleich reihenweise Rechnungen (bzw. Abmahnungen durch die Kanzlei Waldorf Frommer) auch an deutsche Seitenbetreiber geschickt hat wegen dem Vorwurf einer illegalen Nutzung von Getty-Bildern, einmal selbst die Folgen von Urheberrechtsverletzungen zu spüren anhand dieser saftigen Schadensersatzforderung. Sonst waren sie immer nur selbst dran mit dem Einkassieren hoher Forderungen. Gut 2.000 Euro pro Bild kostet bei ihnen die Nutzung angeblich illegal verwendeter Fotos laut Spiegel online. Wer nicht zahlt, den mahnt man ab.

Reihe von Missverständnissen?

Bei Getty Images stellt man sich derzeit erst einmal ahnungslos. Bevor die Klageschrift eintraf, habe man nie vernommen, dass es hier ein Problem geben könnte. Nun will man die Angelegenheit untersuchen. In einem Statement teilt die Agentur mit, dass die Klage geprüft werde. „Wir glauben, dass sie auf einer Reihe von Missverständnissen beruht, die wir hoffentlich recht bald mit der Klägerin klären können“, heißt es. Sollte dies nicht möglich sein, werde sich Getty Images energisch verteidigen. Es sei übliche Praxis für Bildbibliotheken, Zugang zu öffentlichen Inhalten zu gewähren und diese zu verbreiten. Dies sei ein wichtiger Unterschied zur Durchsetzung von Urheberrechten.

Der Fall könnte zum Exempel für Unternehmen werden, die mit allen möglichen Mitteln Urheberrechtsansprüche durchsetzen. Selbst dann, wenn sie gar keine Rechte an dem Produkt – in diesem Fall Bilder – besitzen.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.