Willkommen im neuen Wilden Westen: TikTok-Clip hochgeladen, Abmahnung kassiert.
Willkommen im neuen Wilden Westen: TikTok-Clip hochgeladen, Abmahnung kassiert.
Bildquelle: DALL·E

IPPC Law mahnt TikTok- und Instagram-User ab: Abzocke im Namen von B1 Recordings?

Die Kanzlei IPPC Law mahnt TikTok- und Instagram-User im Namen von B1 Recordings wegen Musiknutzung ab. Was steckt eigentlich dahinter?

Urheberrechtsverletzungen auf Social Media? Aktuell mahnt die Kanzlei IPPC Law massenhaft im Auftrag von B1 Recordings ab mit dem Vorwurf einer unlizenzierten Musiknutzung auf TikTok und Instagram. Wer ist betroffen? Welche Titel sind gefährlich? Und wie kann man sich wehren?

In der Social-Media-Welt geht’s oft schnell zur Sache – viral, laut und oft auch juristisch brisant. Ein weiterer Player auf dem Abmahnmarkt: die Berliner Kanzlei IPPC Law. Im Namen der B1 Recordings GmbH verschickt sie derzeit an TikTok-Nutzer und zudem wegen Musik zur Untermalung von Fotos und Reels an Instagram-User Abmahnungen. Angeblich wegen Urheberrechtsverletzungen durch unerlaubte öffentliche Zugänglichmachung einer Tonaufnahme über einen gewerblichen genutzten Social-Media-Account.

Damit ist die Kanzlei IPPC Law nicht nur im Filesharing-Abmahn-Bereich aktiv. Doch was steckt wirklich dahinter? Handelt es sich um legitimen Schutz geistigen Eigentums oder um die nächste große Abmahnwelle, bei der Kasse gemacht wird? Wir haben uns die Vorgehensweise – und die konkreten Songs – genauer angesehen.

Abmahnfalle Social Media: IPPC Law mahnt TikTok- und Instagram-User ab

Laut Berichten mehrerer Rechtsportale (u.a. anwalt.de und aid24.de und anwalt.de, April 2025) mahnt die Berliner Kanzlei IPPC Law derzeit vermehrt Social-Media-User ab. Vorgeworfen wird ihnen die unerlaubte Nutzung von Musikstücken aus dem Portfolio der B1 Recordings GmbH – einem Sublabel von Sony Music. Betroffen sind vor allem gewerbliche Accounts auf Plattformen wie TikTok und Instagram – oft kleinere Content Creator, Freelancer oder kleine Unternehmen, die ahnungslos in die Abmahnfalle tappen. Die Forderungen umfassen:

  • Unterlassungserklärung
  • Zahlung von Schadensersatz
  • Erstattung von Anwaltskosten

Welche Musiktitel werden konkret abgemahnt?

Anders als bei früheren Wellen wird diesmal nicht auf Mainstream-Hits abgemahnt, sondern auf teilweise weniger bekannte Songs, bei denen die Rechte schnell übersehen werden. Laut aktuellen Meldungen stehen unter anderem folgende Tracks konkret im Abmahn-Fokus:

  • „Pedro“ von Jaxomy x Agatino Romero x Raffaella Carrà (W&W Remix) auf Instagram sowie das „Racoon Meme Video“
  • „Prada“ von Cassö, Raye und D-Block Europe
  • „Push Up“ von Creeds

Wie ein Jurist beim Portal Anwalt.de mitteilte kam es dabei sogar zu horrenden Forderungen:

„Das waren etwa für die unberechtigte Nutzung des Songs „Pedro“ von Jaxomy x Agatino Romero x Raffaella Carrà (W&W Remix) einmal bis zu 27.500,00 € und teils „nur“ 16.500,00 €. So entstehen Anwaltsgebühren in Höhe von ca. 1.500,00 € bzw. 1.200,00 €. Durch diese (unserer Meinung nach) zu hohe Berechnung des Streitwertes sind auch die hieraus resultierenden Anwaltskosten zu hoch.“

WBS.LEGAL berichtete:

„Die Kanzlei IPPC Law verlangt so für ein verwendetes Musikstück (z.B. den Song Pedro der Künstler Jaxomy x Agatino Romero x Raffaella Carrà oder den Song Push Up von Creeds der Rechteinhaber B1 Recordings GmbH) teilweise bis über 5.000,00 Euro als Schadenersatz.“

Influencer aufgepasst: Musik in Posts wird immer mehr zur Kostenfalle

Besonders brisant: Viele Betroffene berichten, dass sie gar nicht wussten, dass ihre Accounts als „gewerblich“ eingestuft werden könnten. Ein zentrales Problem der aktuellen Abmahnwelle ist dabei eine oft schwammige Grenze zwischen privater und geschäftlicher Nutzung. Folglich stellt sich die Frage, wann gilt ein Social-Media-Account als „gewerblich“? Nach gängiger Rechtsprechung gelten Accounts dann als gewerblich, wenn etwa:

  • regelmäßige Werbung für eigene oder fremde Produkte erfolgt,
  • Einnahmen generiert werden (z.B. durch Affiliate-Links oder Kooperationen),
  • eine gewisse Professionalität und Gewinnerzielungsabsicht erkennbar ist.

Gerade kleinere Influencer und Content Creator geraten so ins Visier – selbst wenn sie nur gelegentlich Werbelinks teilen oder versuchen ihre Reichweite zu monetarisieren.

Grundsätzlich problematisch bei der Musiknutzung ist, dass Plattformen wie Instagram oder TikTok zwar Musikbibliotheken bereitstellen. Allerdings dürfen Unternehmen diese Musik oft nicht einfach nutzen. Das liegt daran, dass viele Musiklizenzen der Plattformen nur die private Nutzung abdecken – für gewerbliche Accounts fehlt oft eine erforderliche Zusatzlizenz. Musikstücke mit der entsprechenden CC-Lizenz hingegen sind auch für die gewerbliche Nutzung erlaubt. Wer also als gewerblicher Nutzer Musik auf Instagram oder TikTok einbindet, kann trotz Nutzung der Plattform-Tools eine Urheberrechtsverletzung begehen.

IPPC Law mahnt TikTok- und Instagram-User ab: Abzocke im Namen von B1 Recordings
IPPC Law mahnt TikTok- und Instagram-User ab: Gewinnmaximierung im Namen von B1 Recordings?

IPPC Law und B1 Recordings: Schutz geistigen Eigentums oder Abmahnindustrie?

Offiziell geht es IPPC Law und B1 Recordings natürlich um den Schutz urheberrechtlicher Interessen. Schließlich kann die unlizenzierte Nutzung von Musik tatsächlich eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Doch Kritiker werfen IPPC Law vor, eine regelrechte „Abmahnindustrie“ zu betreiben. Dabei entsteht der Eindruck, dass gezielt nach Verstößen gesucht wird, um daraus lukrative Forderungen zu generieren.

Die Methode ist bekannt: Schnell ein Song im Hintergrund eines kurzen TikTok-Videos? Zack – Abmahnung im Briefkasten. Die Drohkulisse der hohen Streitwerte und der teuren Gerichtsverfahren sorgt dafür, dass viele Betroffene lieber klein beigeben und zahlen.

Wie sollten Betroffene reagieren?

Wer eine solche Abmahnung erhält, sollte:

  • Keine voreiligen Zahlungen leisten.
  • Keine vorformulierten Unterlassungserklärungen unterschreiben.
  • einen Fachanwalt für Urheberrecht kontaktieren.

Oft lassen sich die geforderten Beträge erheblich reduzieren oder komplett abwehren. Auf Medienrecht spezialisierte Kanzleien kennen die Maschen und die Schwachstellen solcher Abmahnungen.

Fazit: Vorsicht auf Social Media – und keine Panik bei Abmahnungen

Die neue Welle von IPPC Law zeigt: Die Musiknutzung auf Social Media ist ein Minenfeld. Besonders gewerbliche Accounts sollten extrem vorsichtig sein, welche Sounds und Tracks sie verwenden. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte auf lizenzfreie Musik oder speziell freigegebene Tracks für die kommerzielle Nutzung setzen.

Allerdings sollte man sich auch nicht von fragwürdigen Abmahnmethoden einschüchtern lassen. Klar ist: Wer sich wehrt, kann oft Schlimmeres verhindern.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.