Ein Mädchen mit Headset zockt online.
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Bildquelle: ELLA DON, Lizenz

Manipulative Designtricks im Gaming: Verbraucherschützer mahnen fünf Spielehersteller ab

Manipulative Designtricks im Gaming gefährden die Spieler. Der vzbv zeigt, wie Spielehersteller tricksen. Fünf Anbieter wurden abgemahnt.

Im digitalen Zeitalter hat sich das Gaming zu einem milliardenschweren Markt entwickelt. Doch die Unterhaltung steht offenbar schon längst nicht mehr im Fokus der Bemühungen. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg steigen auch die problematischen Entwicklungen. Gemeint sind unter anderem manipulative Designtricks bei der Entwicklung der Spiele, die man gezielt auf die psychologischen Schwächen der Nutzer ausrichtet. Eine aktuelle Untersuchung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) beleuchtet, wie weitreichend diese Praktiken inzwischen sind. Es mangelt vor allem an effektiven Schutzmechanismen. Einige Entwickler bzw. Publisher halten sich zudem nicht an die bestehende Rechtslage.

Fünf Anbieter wegen manipulativen Designtricks im Gaming abgemahnt

Immer häufiger nutzen Spieleentwickler sogenannte „Dark Patterns“. Sie sollen die Spieler zu einem Verhalten verleiten, das sie sonst womöglich nicht an den Tag legen würden. Dazu gehören beispielsweise aggressive Kaufanreize, bewusst unübersichtliche Menüs, Belohnungen für das tägliche Einloggen oder ein künstlich erzeugter Zeitdruck. Diese Gestaltungselemente hat man absichtlich darauf ausgelegt, das Verhalten der Gamer subtil zu beeinflussen. Es geht darum, mit den psychologischen Tricks möglichst viel Geld aus ihnen herauszuholen. Besonders problematisch: Selbst Kinder und Jugendliche werden gezielt angesprochen und zu vermehrten Ausgaben verleitet, obwohl sie besonders schutzbedürftig sind.

Game over vorerst nur für fünf Spielehersteller

Die fünf innerhalb der Studie untersuchten Online-Spiele sind Fortnite, Roblox, Clash of Clans, Monopoly Go und Subway Surfers. An die Betreiber dieser Spiele verschickte der vzbv eine Abmahnung. Vier der fünf eingeleiteten Verfahren haben die Empfänger der Abmahnung bereits durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgeschlossen. Einzig gegen die Online-Plattform Roblox erhob der vzbv eine Klage. In den USA zahlte der Fortnite-Entwickler Epic Games bereits unter anderem wegen der Nutzung von Dark Pattern eine Rekordstrafe in Höhe von 245 Millionen Dollar.

Minderjähriger, Computerspiel

Tricksereien besonders bei Free-to-Play-Modellen verbreitet

Die Untersuchung des vzbv zeigt, dass gerade das Gaming mit kostenlosen Einstiegsangeboten (Free-to-Play) häufig mit aggressiven Monetarisierungsstrategien arbeiten. Während der Zugang kostenlos ist, werden die Spielerinnen und Spieler später mit Angeboten zu kostenpflichtigen Zusatzfunktionen oder kosmetischen Items konfrontiert. Dazu kommt das Problem, dass sie ab einem bestimmten Zeitpunkt ohne Geldausgabe beim Gameplay keinen merklichen Fortschritt mehr erreichen können. Die Spieler sind begeistert und möchten das positive Erlebnis nicht beenden. Oder aber sie sind ohne Kosten mit ihrer Figur schlichtweg nicht konkurrenzfähig, wodurch ihre Bereitschaft steigt, Geld für für die Fortsetzung eines positiven Spielverlaufs auszugeben.

Die Verbraucherschützer bemängeln zudem die mangelnde Transparenz, weil man den Nutzern nicht klar aufzeigt, wie viel Geld sie bereits im Laufe der Zeit ausgegeben haben. Das wäre mit Sicherheit abschreckend, weswegen man darauf lieber verzichtet. In der Folge verschwimmt die Grenze zwischen spielerischer Herausforderung und bezahlter Bevorzugung – was ebenfalls gewollt sein dürfte.

manipulative Designtricks im Gaming, Game over
Game over? Leider ist dieses Spiel noch lange nicht vorbei! Grafik stammt vom Verband BEUC.

Verbraucherschutz: Mangelnde Regulierung aufgrund großer juristischer Lücken

Trotz der massiven Auswirkungen hinkt die Gesetzgebung in Deutschland und der EU der Realität hinterher. Der vzbv kritisiert, dass Anbieter kaum reguliert werden und sich viele außerhalb der EU befinden, wodurch rechtliche Schritte erschwert werden. Zwar gibt es erste Initiativen auf europäischer Ebene, doch bisher ist unter dem Strich noch nichts Handfestes passiert.

Forderungen des vzbv an Politik und Wirtschaft

Um die Gamer besser zu schützen, spricht sich der vzbv für klare gesetzliche Vorgaben zur Transparenz und Fairness in digitalen Spielen aus. Dazu gehören unter anderem verbesserte Kennzeichnungspflichten, kindgerechte Schutzmechanismen und verbraucherfreundliche Standardvorgaben für In-App-Käufe. Auch die App Store-Betreiber Apple und Google müssten als Gatekeeper stärker in die Pflicht genommen werden, um manipulativen Apps keinen Vorschub zu leisten.

EU-Kinder geben im Durchschnitt monatlich 39 Euro für Spiele aus!

Bereits im September 2024 prangerte der Verbraucherverband (Bureau Européen des Unions de Consommateurs, kurz BEUC) und Mitgliedsorganisationen aus 17 Ländern bei den EU-Behörden die unlauteren Praktiken führender Videospielunternehmen an. Laut den von BEUC angeführten Statistiken geben europäische Kinder pro Monat im Durchschnitt 39 Euro für Spiele aus. Die Tatsache, dass Minderjährige am meisten spielen und sie Manipulationen nur schwerlich erkennen können, macht sie für die Spieleindustrie zu geradezu perfekten Opfern. Ob die Kampagne „Game Over“ von BEUC & Co. die manipulativen Designtricks im Gaming beenden können, bleibt freilich abzuwarten.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.