Kanalbericht von YouTube, dem Schöpfer des Content-ID-Systems
Kanalbericht von YouTube, dem Schöpfer des Content-ID-Systems
Bildquelle: dimarik, Lizenz

Content-ID: YouTube erfasst 757 Millionen Meldungen

Und obwohl im ersten Halbjahr 2022 mehr Rechteinhaber Zugang zu YouTubes Content-ID-System hatten, machten weniger Gebrauch davon.

Wie der neuste Transparenzbericht von YouTube zeigt, meldeten im ersten Halbjahr 2022 weniger Rechteinhaber mehr Urheberrechtsverletzungen über das Content-ID-System der Plattform. Dabei sind nur selten manuelle Eingriffe erforderlich. Doch nicht jeder hat Zugang zu dem System, da dieses ein enormes Missbrauchspotenzial bietet.

Weniger Rechteinhaber meldeten mehr Fälle über Content-ID

Als YouTube im vergangenen Jahr erstmals einen Transparenzbericht zum Urheberrecht vorlegte, zeigte sich, dass Rechteinhaber die allermeisten Rechtsverletzungen über das Content-ID-System der Plattform meldeten. Laut dem neusten Bericht der Google-Tochter hielt dieser Trend auch im ersten Halbjahr 2022 an.

Wie TorrentFreak berichtet, haben Hunderttausende von Unternehmen in diesem Zeitraum Urheberrechtsansprüche an YouTube übermittelt. Jedoch haben dafür nur 4.773 auf Content-ID zurückgegriffen. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem leichten Rückgang von rund 2,5 %. Und das trotz der Tatsache, dass heute mehr Rechteinhaber Zugang zu dem System haben.

Bei der Betrachtung der gemeldeten Fälle zeigt der Trend hingegen in die entgegengesetzte Richtung. Mit 757 Millionen Urheberrechtsverstößen gab es gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 einen Anstieg von etwa fünf Prozent.

Nur wenige manuelle Eingriffe erforderlich

Durch die hochgradige Automatisierung des Content-ID-Systems ist für 99 % aller Beschwerden kein menschlicher Eingriff erforderlich. Und das, obwohl nur ein kleiner Bruchteil der Rechteinhaber überhaupt Zugang zu dem System hat. Dennoch kann es bei diesem Prozess zu Fehlern kommen. Doch dafür hat YouTube einen Workaround.

„Für Videos, die bei der automatischen Identifizierung übersehen wurden, haben viele Content-ID-Partner die Möglichkeit, Ansprüche manuell geltend zu machen. Dieses Tool deckt zwar eine wichtige Lücke ab, machte aber weniger als 0,5 % der Content-ID-Ansprüche aus, die in der ersten Hälfte des Jahres 2022 gestellt wurden.“

YouTube

Das Missbrauchspotenzial von Content-ID ist enorm

Die manuellen Ansprüche haben jedoch einen entscheidenden Nachteil. Denn wie aus dem Transparenzbericht hervorgeht, werden diese doppelt so häufig angefochten.

Daraus könnte man schließen, dass die Content-ID-Filter sauberer und gewissenhafter arbeiten als die menschlichen Inhaltsprüfer. Ob das nun für Qualitätsmängel beim Personal oder für eine gute Software spricht, ist aber sicher Auslegungssache.

Dennoch gibt es auch zahlreiche YouTuber, die sich regelmäßig über falsche Kennzeichnungen ihrer Videos durch das System beschweren. Ebenso sind einige Rechteinhaber nicht gerade erfreut darüber, dass sie bisher keinen Zugang zu dem Tool haben.

Denn diesen bekommt bei Weitem nicht jeder. Das Missbrauchspotenzial dieses Systems ist schließlich enorm. So kann laut YouTube schon „eine einzige ungültige Referenzdatei in Content-ID Tausende von Videos und Nutzern betreffen und ihnen die Monetarisierung entziehen oder sie ganz sperren.

Wer auf Content-ID keinen Zugriff hat, kann stattdessen die Standard-DMCA-Webformulare oder das Copyright-Match-Tool verwenden. Obwohl diese nur etwa ein Prozent aller gemeldeten Inhalte auf sich verbuchen, ist ihr Einsatz im Vergleich zum Vorjahr immerhin um mehr als 30 % angestiegen.

Eine Anfechtung kann sich lohnen

YouTuber haben jedoch auch die Möglichkeit, Urheberrechtsansprüche anzufechten. Und davon Gebrauch zu machen, kann sich lohnen. Denn mehr als die Hälfte der 3.690.786 im Betrachtungszeitraum eingereichten Anfechtungen waren erfolgreich.

Innerhalb der 18 Monate, die alle drei Transparenzberichte, die YouTube bisher veröffentlicht hat, umfassen, hat die Plattform durch das Content-ID-System mittlerweile mehr als zwei Milliarden Meldungen bearbeitet.

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Über

Marc Stöckel hat nach seiner Ausbildung zum IT-Systemelektroniker und einem Studium im Bereich der technischen Informatik rund 5 Jahre als Softwareentwickler gearbeitet. Um seine technische Expertise sowie seine Sprachfertigkeiten weiter auszubauen, schreibt er seit dem Sommer 2022 regelmäßig Artikel zu den Themenbereichen Software, IT-Sicherheit, Datenschutz, Cyberkriminalität und Kryptowährungen.