Doom im Weltraum
Doom im Weltraum
Bildquelle: sora.chatgpt.com

Doom im Weltraum: Game auf einem ESA-Satelliten lauffähig

Doom im Weltraum? Kein Problem! Das Spiel funktioniert dank Ubuntu sogar außerhalb der Erde auf einem OPS-SAT-Satelliten der ESA.

Der Ego-Shooter aus dem Jahr 1993 ist dafür bekannt, dass er auf fast jeder erdenklichen Hardware der Welt funktioniert. Doom im Weltraum? Das war bisher undenkbar. Jetzt wissen wir, dass sogar das möglich ist. Doom war einst auf mehr Computern installiert als Windows. Das Game gilt als einer der ersten Ego-Shooter überhaupt. Die Software funktioniert per Videotext, im Notepad, auf einer smarten Lampe und auf mehreren modernen Digitalkameras. Auch ein Schwangerschaftstest ist dafür geeignet. Angeblich will man Doom sogar auf Quantencomputern zum Laufen bringen. Stellt sich nur die Frage, ob die Leute wirklich nichts Besseres zu tun haben!?

Doom im Weltall – nichts ist unmöglich!

Vor kurzem hat Doom den Sprung ins Weltall gewagt, es passierte die letzte Grenze. Ólafur Waage, ein leitender Softwareentwickler aus Island, der jetzt in Norwegen arbeitet, erklärte auf dem Ubuntu Summit 25.10, wie er dazu kam, die vielleicht bisher ausgefallenste Portierung des Spiels zu entwickeln: Doom läuft auf einem echten Satelliten im Orbit, dem OPS-SAT-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation, kurz ESA.

Doom ist eine einfache Portierung

OPS-SAT, gilt als eine Art „fliegendes Labor” zum Testen neuartiger Bordcomputertechniken. Er war mit einem experimentellen Computer ausgestattet, der etwa zehnmal leistungsfähiger war als die Norm für Raumfahrzeuge. Waag erklärte: „OPS-SAT war das erste seiner Art und diente dazu, die drastisch verbesserten Missionskontrollfähigkeiten zu demonstrieren, wenn Satelliten mit leistungsfähigeren Bordcomputern fliegen können. Es ging darum, den Fluch der zu großen Risikoscheu bei millionenschweren Raumfahrzeugen zu brechen.” Wenn man vom Risiko spricht: Der Satellit wurde schon im Jahr 2024 wieder außer Dienst gestellt.

Ubuntu Summit

Open Source seit 1997

Doom kam 1993 von id Software für MS-DOS heraus. Das Spiel ist bereits seit dem Jahr 1997 Open Source. Wenige Wochen später fing Ólafur Waage an, den Ego-Shooter unter Linux zu spielen. Es ist eine naheliegende Wahl für die Portierung auf ein Raumfahrzeug, da sein C-Code vergleichsweise einfach ist.

Das Ausführen von Doom im Orbit war einerseits eine Herausforderung hinsichtlich der Portabilität und zum anderen wegen der Einschränkungen der Weltraumhardware und der Missionskontrolle. Der integrierte ARM-Dual-Core-Cortex-A9-Prozessor war zwar für Weltraumcomputerhardware, die in der Regel stromsparend und strahlungsgehärtet ist, ein Highlight. Doch der Prozessor war selbst für irdische Verhältnisse langsam.

Doom, Screenshot

Waage entschied sich für Chocolate Doom 2.3, eine beliebte Open-Source-Version von Doom. Diese ist nämlich mit der Ubuntu 18.04 Long Term Support (LTS)-Distribution kompatibel, die bereits auf OPS-SAT lief. Außerdem, so Waage, „haben wir uns für Chocolate Doom 2.3 entschieden, weil es Bibliotheken für 18.04 gibt – das war die letzte Version, die tatsächlich kompiliert werden konnte.“ Die aktuelle Version wäre hingegen 3.1.1 gewesen.

Die Aktualisierung von Software im Orbit ist extrem schwierig. Von daher achtete er darauf, so wenig Code wie möglich hochzuladen. Doch das war aufgrund der wenigen externen Abhängigkeiten kein großes Hindernis. Zunächst führte Waage das Weltraum-Doom auf der Erde aus. Aber auf derselben Hardware, die sich im Orbit befand. Es bedurfte einiger Feinabstimmungen, aber es funktionierte gut. Dann, wenige Tage nach Weihnachten 2019, führte Waage Doom erfolgreich auf dem Satelliten aus.

Im Weltraum gibt es keine Spielkonsolen

Natürlich waren einige Dinge gegenüber dem üblichen Doom-Erlebnis anders. Einerseits gab es auf dem Satelliten keine Grafiken. Alle Grafiken mussten per Software erstellt werden. Selbst nach der Optimierung war die Bildrate nicht gerade berauschend, wie der Softwareentwickler erzählt. „Aber hey, es war besser, als Doom in SQL zu spielen.“ Als Experiment verglich Waage die Abweichung aufgrund der Streustrahlung im Weltraum. Dann gab es für die Spielerei wenigstens einen wissenschaftlichen Bezug.

Doom
Grafik: Don Ivan Punchatz

Waage beschrieb den Prozess: „Wir haben die RNG-Tabelle (Random Number) riesig gemacht und überprüft, ob einzelne Ereignisse das Gameplay beeinflussen könnten. In der Simulation ja, im Weltraum leider nein. Aber das war unser eigentlicher Plan für das Projekt; manchmal funktionieren Experimente nicht, aber genau dafür gab es OPS-SAT.

Das einzige Anzeichen dafür, dass Doom zunächst im Weltraum lief, war ein einzelner Log-Eintrag. Also nutzte das Team die Kamera des Satelliten, um Echtzeitbilder der Erde aufzunehmen, und tauschte dann die Mars-Skybox von Doom gegen tatsächliche Satellitenfotos aus. „Die Idee war, einen Screenshot vom Satelliten zu machen und diesen als Himmel zu verwenden, alles in Software gerendert unter Verwendung der auf 256 Farben beschränkten Palette des Spiels“, erklärte Waage.

„Es lief wunderbar. Es läuft auf Ubuntu.“

Selbst dies brachte unerwartete Schwierigkeiten mit sich: „Der Versuch, all diese schönen Farben mit diesen Farben zu zeichnen“, sagte Waage, „wird wahrscheinlich nicht auf Anhieb funktionieren. Aber wir haben Gradiententests und NASA-Demofotos ausprobiert. Es erforderte einiges an Feinarbeit.“ Letztendlich erhielten sie statt eines fantastischen Mars als Himmelshintergrund eine gut aussehende, echte Erde am Himmel des Spiels. Das Spiel selbst funktionierte einwandfrei. Schließlich sagte Waage: „Es lief wunderbar. Es läuft auf Ubuntu.“ Warum also das Ganze? Nun, erstens, weil wir es können und es cool ist.

OPS-SAT-Satellit der ESA
Grafik der OPS-SAT Nanosatellitenkonfiguration mit ausgefahrenen Solaranlagen.
Links die Vorderansicht, rechts die Rückansicht. Bildquelle: ESA, thx!

Projekt sollte internationale Zusammenarbeit und Anpassungsfähigkeit von Open-Source Software demonstrieren

Ihr wollt einen besseren Grund hören? Okay, Waage erklärte, dass solche Projekte nicht nur zum Spaß dienen, aber natürlich auch. Sie demonstrieren die Anpassungsfähigkeit von Open-Source-Software in Kombination mit Weltraumhardware und die internationale Zusammenarbeit, die die moderne Forschung vorantreibt. Die Mission von OPS-SAT bestand speziell darin, die Hürden für Experimente im Orbit zu senken und kreative Überschneidungen zwischen Software-Engineering und Weltraumwissenschaft zu ermöglichen. Was hätte sich da besser angeboten als eine Portierung von Doom?

Waage fasste zusammen: „Die Mission besteht darin, es jedem zu erleichtern, innovative Experimente vorzuschlagen und durchzuführen. Doom zu spielen mag trivial erscheinen, aber es beweist unsere Infrastruktur und weckt globales Interesse für zukünftige Missionen.“ Seitdem hat auch das polnische Unternehmen KP Labs das Spiel Doom erfolgreich auf ihrem Satelliten Intuition-1 ausgeführt. Dabei wurde die Leopard Data Processing Unit des Unternehmens verwendet, um Doom auszuführen und gleichzeitig hyperspektrale Bilder der Erde aufzunehmen.

KP Labs: Doom im Weltraum, auch auf dem Satelliten Intuition-1.

Doom im Weltraum: neue Hardware = neue Herausforderungen

Für nächstes Jahr ist ein weiterer Start des OPS-SAT VOLT-Satelliten geplant. Dieser Satellit konzentriert sich auf die Quantenkommunikation. Dennoch hofft der Softwareentwickler Waage, Doom auch darauf portieren zu können, um ganz neue Höhen zu erreichen. Die Reise von Doom in den Orbit inspiriert weiterhin sowohl die Weltklasse-Technik als auch die Internetkultur.

Waage schließt seinen Vortrag mit folgenden Worten ab: „Außerdem macht es immer noch unglaublich viel Spaß, es zu spielen, wenn man Spaß an altmodischem, sinnlosem Dämonenvernichten hat.“ Dem kann man nur zustimmen.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.