Polizei / Symbolbild
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Bildquelle: Hackman/Depositphotos, Lizenz

Piratenpartei: Polizeiaktion legt Dienste zeitweise lahm

Eine Polizeiaktion, die eigentlich eine Beschlagnahmung darstellen sollte, legte zeitweise Dienste der Piratenpartei lahm.

Die Polizeiaktion, angestoßen von der Staatsanwaltschaft München am Mittwoch, führte zur zeitweisen Abschaltung mehrerer Server. Auslöser waren mehrere als vertraulich eingestufte Dokumente der Polizei, welche das Sicherheitskonzept des G7-Einsatzes 2015 zum Thema hatten. Die sogenannten G7-Leaks waren auf der Plattform Indymedia zu finden. Ebenso nutzten die Whistleblower die CryptPad-Instanz der Piratenpartei zur Veröffentlichung von Material im Zusammenhang mit den G7-Leaks. CryptPad erlaubt Personen, kostenfrei und öffentlich Dokumente zu teilen.

Aufgrund der Beschlagnahmung, die neben der genannten CryptPad-Instanz auf einem Server auch einen zweiten Server beinhaltete, war auch ein weiterer unbetroffener Webserver der Piratenpartei ebenso wie das CryptPad für mehrere Stunden nicht zu erreichen. Die Piratenpartei betreibt die zweitgrößte CryptPad-Instanz direkt nach CryptPad selbst. Damit die Server nicht physikalisch beschlagnahmt werden mussten, entschied sich der Bundesvorstand der Piratenpartei dazu, eine 1:1-Kopie herauszugeben.

Herpertz: „Härte des Vorgehens für uns unverständlich“

Für Anne Herpertz, Vorsitzende der Piratenpartei Deutschlands, ist das Vorgehen der Polizei zu hart. Sie kommentiert:

Die Härte dieses Vorgehens ist für uns unverständlich. Statt auf uns zuzugehen hat uns die Polizei direkt die „Pistole auf die Brust“ gesetzt: Die Server mussten vom Netz genommen und uneingeschränkt alle Daten herausgegeben werden – oder die Server wären mitgenommen worden.

[…]

Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum die Staatsanwaltschaft veranlasst hat, die Daten von dem unbetroffenen Web-Server abzugreifen. Dort liegen unter anderem sensible Mitglieder-Daten. Für uns ist das anlassloses Datensammeln der Strafverfolgungsbehörden in verheerendem Ausmaß!

Anne Herpertz, Vorsitzende der Piratenpartei Deutschland

Die Piratenpartei überlegt derzeit, rechtliche Schritte einzuleiten und informiert derweil in Kooperation mit dem Datenschutzbeauftragten die Betroffenen über die polizeiliche Beschlagnahmung. Viel wird die Polizei vermutlich nicht mit den Daten anfangen können:

Durch die Verschlüsselung der einzelnen CryptPads kann die Polizei mit den gesicherten Daten faktisch nichts anfangen. CryptPad ist ein mit EU-Fördermitteln entwickeltes Zero-Knowledge-Projekt. Grundsätzlich ist es so konzipiert, dass Informationen bezüglich Nutzerdaten und Inhalten auch von administrativer Seite aus nicht festgestellt werden können. Das hätte die Polizei auf Nachfrage in wenigen Minuten erfahren können.

Stephan Erdmann, Generalsekretär der Piratenpartei

Beschlagnahmung bei der Piratenpartei passe ins Bild „allgemein tiefer Grundrechtseinschränkungen“

Auch der Europaabgeordnete der Piratenpartei, Dr. Patrick Breyer, sieht weitere Eskalationen im Kampf um Grundrechte. Er fügt hinzu:

Die nicht zielführende Beschlagnahmeaktion passt ins Bild allgemein tiefer Grundrechtseinschränkungen am Ort des Gipfels. Ein Ort wird lahmgelegt, friedliche Demonstrationen weitestgehend verboten, Grenzkontrollen wieder eingeführt, vermutlich massenhaft Kfz-Kennzeichen gespeichert und mit Überwachungstechnologie wie Drohnen und fehleranfälliger Gesichtserkennung gearbeitet. Auf der Grundlage des maximal repressiven bayerischen Polizei- und Versammlungsrechts wird ein Ausnahmezustand geschaffen, der Grundrechte missachtet. In einer Demokratie sollten wir den Mächtigen mit einem gesunden Misstrauen begegnen, nicht der Staat seinen Bürgern mit Generalverdacht.

Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei

Update vom 27.06.2022: Die Piratenpartei schließt eine Kompromittierung der Server nach dem polizeilichen Zugriff aus. Dies bestätigen eine Sprecherin von Dr. Patrick Breyer sowie der IT-Experte der Piratenpartei. Die Server wurden auf Backdoors etc. untersucht. Verdachtsmomente lägen nicht vor.