Indymedia Linksunten
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Indymedia Linksunten: KTS-Razzia war rechtswidrig

Die Razzia in der KTS am 25. August 2017, im Zusammenhang mit der Schließung der Plattform Indymedia Linksunten, war rechtswidrig.

Einhergehend mit dem Verbot der linksradikalen Plattform Indymedia Linksunten durchsuchte die baden-württembergische Polizei am 25. August 2017 den KTS „Kulturtreff in Selbstverwaltung“ nach Material des Vereins. Wie der KTS mitteilte, fand die Razzia damals rechtswidrig statt. Zu dem Urteil gelangte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.

Mit den Worten „Der Weiterbetrieb der Seite ist ab sofort eine Straftat“ hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Anfang 2009 gestartete linksextremistische Internetplattform „linksunten.indymedia.org“ am 25.08.2017 verboten. In der Begründung für das Vorgehen gegen die Website hieß es, das Portal laufe »nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider«. Sie richte sich gegen die »verfassungsmäßige Ordnung«. Gemäß dem Innenminister wäre Indymedia Linksunten „die bedeutendste Internetseite für gewaltbereite Linksextremisten in Deutschland“.

Indymedia Linksunten: Anwendung von Vereinsrecht stieß auf Kritik

Begründet hat man das Verbot damals mit einem Paragraph des Vereinsgesetzes. Es umfasste das Verbot, die Internetseite zu betreiben sowie sonstige „Internetpräsenzen des Vereins“. Dabei war Indymedia Linksunten kein Verein, sondern wurde von einem globalen Netzwerk von Medienaktivisten betrieben. Die Betreiber haben die Behörden als Verein eingestuft, obwohl es formal gar keinen solchen gab. Den Weg über das Vereinsverbot begründete Thomas de Maizière damit, dass es schwierig sei, gegen einzelne Artikel auf der Plattform strafrechtlich vorzugehen, da diese in der Regel anonym veröffentlicht würden. Daher hätten Behörden kaum Möglichkeiten, gegen die Autoren zu ermitteln.

KTS Logo
Logo vom Verein KTS

Mit dem Verbot des deutschen Ablegers des weltweiten Netzwerkes Indymedia Linksunten sollte dem Minister zufolge der „dahinter stehende Verein“ zerschlagen werden. Zudem sollten auch die Gelder eingezogen werden. Somit handelt es sich, auch wenn Linksunten.Indymedia nicht in ein Vereinsregister eingetragen ist, dem Bundesinnenministerium nach faktisch um einen Verein, dessen Mitglieder keine schriftlichen, sondern lediglich mündliche Verträge schließen mussten.

Durchsuchung des Vereins zog Proteste nach sich

Zeitgleich mit dem Verbot von Indymedia Linksunten, auch am 25. August 2017, haben Ermittler in Freiburg Wohnungen von vermeintlichen Betreibern der Webseite, darunter auch den KTS, mit dem Ziel durchsucht, Vereinsvermögen sicherzustellen sowie Beweismittel zu finden und zu beschlagnahmen. In der KTS stellte das LKA Baden-Württemberg Schlagstöcke, Elektroschocker, Zwillen und Butterflymesser, jedoch keine Schusswaffen sicher. Neben Technik konfiszierten die Beamten in den durchsuchten Wohnungen und in dem KTS zudem große Geldbeträge. Gegen die Maßnahmen hat man rechtliche Schritte eingeleitet. Auf die Aktion folgten sowohl bundesweit, als auch internationale Solidaritätsbekundungen mit den von der staatlichen Repression betroffenen Menschen und Projekten.

Der KTS teilte damals mit, von der Beschlagnahme betroffen waren „verschiedene Theatergruppen, KünstlerInnen, Konzert-VeranstalterInnen, der Umsonst- und Infoladen sowie Werkstätten und Büros umweltpolitischer, antifaschistischer und libertärer Gruppen.

linksunten.indymedia

Die KTS leidet bis heute nicht nur finanziell unter den Razzien und Beschlagnahmungen. Beispielsweise fehlen im offenen Internetcafé, das von vielen unterschiedlichen BesucherInnen genutzt wurde, bis heute sämtliche Computer“.

Wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg heute urteilte (Beschluss vom 12.10.2020, 1 S 2679/19), war die Razzia in der KTS Freiburg am 25. August 2017 rechtswidrig. Der Verwaltungsgerichtshof habe in einem Behördenzeugnis des Landesamtes für Verfassungsschutz, worauf sich die Durchsuchung stütze, keine ausreichende Grundlage für diesen schwerwiegender Grundrechtseingriff gesehen.

In der Folge hat man die Durchsuchung für rechtswidrig erklärt. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Der KTS resümiert nach dem Urteil

„Nach drei Jahren hat also das oberste baden-württembergische Verwaltungsgericht letztinstanzlich festgestellt, dass die KTS Freiburg am 25. August 2017 nicht hätte durchsucht werden dürfen. Denn die KTS ist kein „Vereinsheim“ von Indymedia linksunten und das beschlagnahmte Geld auch nicht „Vereinsvermögen“ eines Vereins, den das BMI überhaupt erst konstruiert hat. Der KTS-Anwalt hat nun die Herausgabe aller beschlagnahmten Gegenstände sowie des beschlagnahmten Geldes gefordert.“

Die Seite Indymedia Linksunten ist nach dem Verbot nicht mehr aktiv. Aber unter linksunten.indymedia.org findet man das Archiv der Seite mit allen alten Einträgen.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.