Abwehrzentrum
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In Planung: Abwehrzentrum gegen Falschmeldungen

Im Hinblick auf die Bundestagswahl 2017 soll im Vorfeld ein Abwehrzentrum gegen Falschmeldungen entstehen, damit es zu keiner Wahlbeeinflussung kommen kann.

Wie Spiegel Online berichtet, will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ein Abwehrzentrum zur „Bekämpfung politischer Desinformation“ einrichten wegen der Zunahme von Falschnachrichten in sozialen Netzwerken. Für gezielte Falschmeldungen hält Thomas de Maizière vor allem Russlanddeutsche und Türkischstämmige anfällig.

Innenministerium will Abwehrzentrum gegen Fake-News aufbauen

Die Mitarbeiter von Innenminister de Maizière hätten bereits einen umfangreichen Maßnahmenkatalog erarbeitet, „wie falschen Nachrichten und erfundenen Zitaten auf Facebook, Twitter und anderen sozialen Medien beizukommen ist“. Gemäß Spiegel Online ist die Rede von einer „Bedrohungslage“: Digitale Medien würden grundlegend neue Desinformationskampagnen ermöglichen.

Etabliert werden soll das „Abwehrzentrum gegen Desinformation“ im Bundeskanzleramt. Dabei soll das Bundespresseamt die Führung dieser neuen Einrichtung übernehmen. Dementsprechend wäre dann Steffen Seibert, der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, für den Kampf gegen Fake-News verantwortlich. Das Bundespresseamt hat derzeit mehr als 500 Mitarbeiter.

„Mit Blick auf die Bundestagswahl sollte sehr schnell gehandelt werden.„, heißt es in einem Schreiben des Innenministeriums. Den Parteien werde nahegelegt, sich noch vor den nächsten Landtagswahlen auf Grundregeln des Wahlkampfes zu einigen und zwar ohne den Einsatz von Social Bots, die massenhaft Einträge bei Diensten wie Twitter oder Facebook automatisch generieren würden, oder Fake News hervorbrächten. „Die Akzeptanz eines postfaktischen Zeitalters käme einer politischen Kapitulation gleich“, schreiben die Beamten.

Als besonders anfällige Bevölkerungsgruppen hebt das Schriftstück Russlanddeutsche sowie türkischstämmige Menschen hervor. Bei ihnen solle eine „Intensivierung der politischen Bildungsarbeit“ erfolgen mit dem Ziel, die Medienkompetenz zu stärken, da sie „für ausländische Hasspropaganda besonders anfällig sind aufgrund besonderer Interessen ausländischer Staaten“.

Österreich vollzog Kehrtwende

Auch in unserem Nachbarland Österreich gab es ein solches Gesetz. Es existierte dort bereits seit 1975 ein Paragraf, der die „Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte“ unter Strafe stellte. Allerdings wurde dieser zum Jahreswechsel 2015 auf 2016 außer Kraft gesetzt, berichtete derStandard.at. Die Erfahrungen in Österreich hätten gezeigt, dass ein entsprechender Paragraf „in der Praxis keinen Anwendungsbereich findet“, zog Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium Bilanz. Eine Expertengruppe habe die Aufhebung des Paragraphen empfohlen, der in den vergangenen 20 Jahren zu keiner einzigen Verurteilung geführt habe. „Ich wüsste auch nicht, ob es eine kluge Entscheidung wäre, gegen derartige Phänomene strafrechtlich vorzugehen“, sagt Pilnacek. Besser sei eine gesellschaftliche Debatte sowie Widerrede gegen Falschmeldungen.

Auch Bitcom-Chef Bernhard Rohleder kritisiert das neue Projekt. Er warnt vor einer Ausweitung staatlicher Kontrollen. Rohleder spricht sorgenvoll von einem „Zensurmonster“. Bezogen wird das im Spiegelbericht auf das Plädoyer des Justizministers Heiko Maas, das volle Strafmaß von fünf Jahren Haft für öffentliche Verleumdung auszuschöpfen. Dementsprechend wurde bereits ein Straftatbestand „Desinformation“ in die Diskussion eingebracht.

Kritik kam ebenso vom Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall. Er meinte zu dem Bericht: „Das riecht nach Zensur“. Eine Behörde dürfe nicht darüber entscheiden, was wahr oder unwahr sei.

Fazit

Die künftige Einrichtung eines „Abwehrzentrum gegen Desinformation“ spiegelt die Befürchtungen der Bundesregierung wider, dass die Bundestagswahl 2017 durch Falschmeldungen im Internet bzw. in den sozialen Netzwerken beeinflusst werden könnte. Bereits im Januar 2016 haben gezielt gestreute Falschmeldungen schon für Unruhe in den sozialen Netzen gesorgt: Damals verbreiteten russische Kreise, unter anderem das russische Staatsfernsehen, das Gerücht, dass in Berlin Migranten ein 13 Jahre altes Mädchen aus einer deutsch-russischen Familie vergewaltigt hätten. Russische Medien warfen den deutschen Ermittlern vor, dass Verbrechen gezielt zu vertuschen. Die Polizei kam schließlich zu dem Schluss, dass die Vergewaltigung nicht stattgefunden hat.

Google und Facebook waren zuletzt im US-Wahlkampf ins Visier der Kritik geraten, weil über die Internetanbieter immer wieder Falschmeldungen in Umlauf gebracht und verbreitet wurden. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte zunächst den Einfluss manipulierter Nachrichten auf die Wahl des Rechtspopulisten Donald Trump zum künftigen US-Präsidenten dementiert. Später änderte sein Unternehmen aber die Richtlinien.

Bildquelle: geralt, thx! (CC0 Public Domain)

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.