An US-Flughäfen werden Gesichtserkennungssysteme vermehrt eingesetzt. Doch das Ganze ist nicht nur eine Frage der anfallenden Kosten.
Die biometrische Technologie der Gesichtserkennungssysteme breitet sich auf Flughäfen in den Vereinigten Staaten und weltweit aus. Die Fluggesellschaften und Grenzschutzbehörden wollen die Art und Weise verändern, wie wir uns dort von A bis Z bewegen.
Schöne neue Welt der Überwachung
Wäre die Einführung der Gesichtserkennungssysteme nicht so teuer, hätte man sie in den USA wohl schon flächendeckend an den Flughäfen eingeführt. Sobald dies geschehen ist, muss man keinen Flugschein oder Ausweis mehr vorlegen, um ins Innere des Flughafens zu kommen. Alleine die Aufnahme des Gesichts ist dafür schon ausreichend. Nach Meinung mehrerer Experten könne man die Mitarbeiter größtenteils abschaffen. Die Gesichtserkennung beobachte dann die Reisenden bei der gesamten Tour. So also bei der Gepäckabgabe, beim Einsteigen, beim Betreten der Lounge, beim Kauf von zollfreien Artikeln und bei anderen Gelegenheiten.
Wendepunkt dieses Jahr erreicht?
Laut Henry Harteveldt, einem Analysten für die Reisebranche bei Atmosphere Research, könnte das Jahr 2023 den „Wendepunkt“ für den weit verbreiteten Einsatz biometrischer Daten im Flugverkehr darstellen. Zeitraubende Flughafenrituale wie die Sicherheitskontrolle, das Abstellen des Gepäcks bei der Gepäckannahme und sogar das Einsteigen in ein Flugzeug könnten schon bald nur noch mit dem Gesicht durchgeführt werden. Das Vorgehen soll Wartezeiten und Stress für die Reisenden verringern. Es optimiert natürlich auch die Möglichkeiten, die Menschen ohne Ausnahme und anlasslos zu überwachen.
Flughäfen investieren zunehmend in die Installation der Gesichtserkennungssysteme
Wie die New York Times berichtet, haben in den USA die Behörden und großen Fluggesellschaften bereits zunehmend in Gesichtserkennungstechnologie investiert. In Übersee installieren immer mehr internationale Flughäfen biometrisch gestützte elektronische Gates und Selbstbedienungskioske bei der Einreise und beim Zoll. China hat längst nachgezogen. Es dürfte auch in Europa bald soweit sein.
Experten versuchen zu hinterfragen, wie derartige Systeme trainiert werden. Wer das Analysieren des eigenen Gesichts ablehnt, wird dies von den Systemen negativ betrachtet? Führt dies von der längeren Wartezeit einmal abgesehen, zu weiteren Nachteilen bei der Abfertigung? Wie reagieren die Behörden darauf? Viele Menschen werden sich machtlos fühlen und den Scan über sich ergehen lassen.
430 US-Flughäfen bis 2026 mit Gesichtserkennungssystemen
In den USA kann schon jetzt schneller reisen, wer am PreCheck-Programm der Einwanderungsbehörde TSA. teilnimmt. Dafür muss man persönlich vorsprechen, Dokumente vorlegen und seine Fingerabdrücke abgeben. Die Behörde experimentiert schon seit dem Jahr 2019 mit Gesichtserkennungssystemen. Nach eigenen Angaben löscht man die Fotos der Passiere nach dem Transfer, doch wer kann das überprüfen? Niemand.
Das Verfahren wird bereits an 30 Flughäfen eingesetzt, weitere 400 sollen in den nächsten zwei Jahren innerhalb der USA folgen. Die Leitende Direktorin für Kontrollpunkttechnologie der TSA, Melissa Conley, sagt, dass die man die Gesichter damit zuverlässig erkennen kann. Ihre Maschinen werden außerdem im Gegensatz zu menschlichen Kontrolleuren niemals müde ihrer Arbeit nachzugehen.
Gesetz entstand nach den Attentaten vom 11. September 2001
Der wachsende Einsatz von Gesichtserkennungssystemen geht auf ein Mandat des Kongresses aus dem Jahr 2001 zurück. Das Gesetz entstand nach dem 11. September 2001. Es schreibt die Einführung eines Systems vor, mit dem alle Reisenden bei der Ein- und Ausreise in die Vereinigten Staaten mit biometrischer Technologie identifiziert werden können. 2023 hat man schon 113 Millionen Einreisende mit dem biometrischen System gescannt. In den nächsten zwei Jahren soll das System flächendeckend eingeführt und eingesetzt werden, obwohl es Milliarden Dollar verschlucken wird.
Fotos der Ausländer speichert man 75 Jahre lang
Wer in die USA reist, muss seine biometrischen Daten schon jetzt zwingend abgeben. Eine Sprecherin der CBP, der US-Behörde für den Grenzschutz, gab gegenüber der NYT bekannt, es gebe Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes. Fotos amerikanischer Bürger löscht man innerhalb von 12 Stunden. Aber die Fotos der Menschen aus dem Ausland speichert man bis zu 75 Jahre lang. Auch dabei stellt sich die Frage nach der weiteren Verwendung der Aufnahmen.
Bis 2026 wollen voraussichtlich 70 Prozent der Fluggesellschaften weltweit irgendeine Form der biometrischen Identifizierung einsetzen. Rund 90 Prozent der Flughäfen investieren derzeit in diese Technologie. Am Frankfurter Flughafen setzt man bereits Gesichtserkennungssysteme ein.
Das Missbrauchspotenzial ist schlichtweg zu groß
Kritiker vertreten die Meinung, dass die Bequemlichkeit der Technologie das hohe Missbrauchspotenzial nicht aufwiegt. Das geht von uneingeschränkter Überwachung bis hin zu unbeabsichtigten Auswirkungen wie der Aufrechterhaltung von Diskriminierung aufgrund von Rasse oder Geschlecht. Cody Venzke von der NGO ACLU sagte, die Regierung habe noch keinen Bedarf für die Gesichtserkennungstechnologie an Flughäfen nachgewiesen.
Venzke befürchtet in Hinblick auf den Datenschutz ein „nukleares Szenario„. „Die Gesichtserkennungstechnologie könnte die Grundlage für ein wirklich robustes und weit verbreitetes Überwachungs- und Verfolgungsnetzwerk der Regierung sein. Diese Technologie könnte dazu verwendet werden, Sie automatisch und heimlich von Ort zu Ort zu verfolgen, während Sie Ihren Tag verbringen, und ein wirklich detailliertes Mosaik über alles in Ihrem Leben zu erstellen„, sagte Venzke.
ACLU will flächendeckenden Einsatz der Gesichtserkennungssysteme aufhalten
Die ACLU unterstützt einen im November letzten Jahres im US-Kongress eingebrachten Gesetzesentwurf mit dem Namen Traveler Privacy Protection Act. Unter Berufung auf Sicherheitsbedenken und möglicher Rassendiskriminierung würde der Gesetzentwurf das laufende Gesichtserkennungsprogramm der TSA stoppen. Für eine Wiederaufnahme müsste der Kongress vorher zustimmen.