Geld regiert die Welt
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Bildquelle: stockcake

Australien: Das Geschäft der Autohersteller mit dem Verkauf biometrischer Daten

Die NGO Choice ging der Frage nach, welche der populären Autohersteller in Australien die Daten ihrer Kunden weitergeben.

Die Erhebung der Verbraucherschutzorganisation Choice betrifft nur den Markt in Australien. Trotzdem ist es erschütternd, dass drei Viertel der dortigen Autohersteller Kundendaten sammeln und mit fremden Unternehmen teilen. Noch schlimmer ist, dass das Vorgehen völlig legal ist. Experten fordern schon seit längerer Zeit in Australien nach einer Reform der Datenschutzgesetze, um die Privatsphäre der Autofahrer besser schützen zu können.

Im Februar machte die NGO die Geschichte eines Mannes aus Queensland bekannt. Dieser bekam von einem Toyota-Händler für ein Auto, was keinen Meter fuhr, keinen einzigen Cent erstattet. Er hatte Bedenken, weil man ihm zum Zeitpunkt des Kaufes nicht über die Datensammelleidenschaft des Herstellers aufgeklärt hatte. Die Story nebst zahlreichen Reaktionen der Leser brachte die Mitarbeiter von Choice auf die Idee, den einheimischen Markt einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Autohersteller in Australien: Wer sammelt was?

Toyota gab an, man speichere den Aufenthaltsort der so genannten „Drive Pulse“ Daten. Dabei wird auch das Fahrverhalten inklusive Gas gaben, bremsen etc. aufgezeichnet. Die Daten teilt Toyota mit Unternehmen, die mit ihnen zusammenhängen. Dazu kommt eine externe Firma zur Datenanalyse.

Ford sammelt ebenfalls fleißig Fahrerdaten und gibt sie an Dritte weiter, so beispielsweise an „mit ihnen verknüpfte Unternehmen und Auftragnehmer„. Nach eigenen Angaben verkauft dieser Autohersteller aber keine Kundendaten an Dritte.

MG gab auf Anfrage bekannt, dass man Daten sammelt und diese mit einer Reihe externer „Dienstleister“ teilt. Dies soll angeblich stets der „Aufrechterhaltung der Funktionalität“ der Fahrzeuge dienen. Allerdings hält nicht nur Choice diese Klausel für vage. Außerdem weigerte sich die Pressestelle, auf die wiederholten Bitten um Klarstellung genauer einzugehen, was damit gemeint ist. Unklar ist auch weiterhin, unter welchen Umständen es zur Weitergabe kommt.

Autohersteller

Nutzerdaten zu Werbezwecken weitergegeben

Der Autohersteller Mazda antwortete, dass man „Sprachverbrauchsdaten“ sammelt und diese mit Dienstleistern und nicht genannten Dritten teilt. Man weigerte sich aber, dies trotz mehrerer Rückfragen zu erläutern. Die Firma Mazda gibt sogar Daten zu Werbezwecken an Dritte weiter.

Noch prekärer ist allerdings die Sammlung und Auswertung der Stimme der Fahrerinnen und Fahrer. Cyberkriminelle könnten sich beispielsweise damit als die Fahrer ausgeben, was einen Identitätsdiebstahl ermöglichen würde, sollten die Aufnahmen der Stimmen gehackt werden oder anderweitig an Dritte gelangen.

Autohersteller speichern die Stimme der Fahrer

Choice

Kia schrieb auf Anfrage, dass man Daten aus ihrer Nutzung der Spracherkennungstechnologie sammelt. Man teilt diese mit Cerence, einem Drittanbieter von automobilen Sprach- und KI-Innovationsprodukten. Cerence, ein in den USA ansässiges Unternehmen, ist nach eigenen Angaben ein „globaler Branchenführer“ für KI-gestützte Interaktionen im Transportwesen.

Hyundai, gehört der gleichen Muttergesellschaft wie Kia. Das Unternehmen teilt ebenfalls die Spracherkennungsdaten mit Cerence.

Tesla sammelt kurze Videoclips und Fotos

Tesla. Dieser Autohersteller sammelt Daten zu Sprachbefehlen und sogar „kurze Videoclips und Bilder“, die die Kamera an Bord des Fahrzeugs aufnimmt. Tesla gibt auch einige Daten an Dritte weiter. In der Datenschutzerklärung des Unternehmens versichert man den Fahrern, dass die Daten „datenschutzfreundlichen Techniken“ unterworfen seien, die nicht mit der Identität oder dem Konto verknüpft seien. Wie die Anonymisierung konkret funktionieren soll, führt Tesla nicht aus.

Eine Anonymisierung der biometrischen Daten ist momentan nicht möglich

Die Expertin für Kryptographie, Dr. Vanessa Teague, vom College of Engineering, Computing and Cybernetics der Australian National University, hält die Aussagen von Tesla & Co. für nichts als Beschwichtigungen. Die Beteuerungen der Unternehmen, dass man biometrische Daten in irgendeiner Weise anonymisiert weitergegeben könne, sei ihrer Ansicht nach „völliger Unsinn“. Es sei für die Autohersteller schlichtweg nicht möglich, die Videos oder Stimmen an Drittfirmen zu übermitteln, ohne dass man die Betroffenen weiterhin identifizieren kann.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.