Malstreams, Screenshot
Malstreams, Screenshot
Bildquelle: bestreamwise.com

MalStreams – sinnfreie PR-Kampagne geht am Thema vorbei

In Großbritannien ist eine PR-Kamapagne namens MalStreams angelaufen, die angeblich die Verbraucher für das Copyright sensibilisieren soll.

„Free Streaming for Life“, nennt sich auch MalStreams, soll Londoner Pendler aufmerksamer machen. Die Anti-Piraterie-Kampagne knüpft an frühere an. MalStreams ist angeblich ein neuer Streaming-Dienst, der bei Pendlern, die den Londoner Bahnhof Paddington passieren, beworben wird. Dies soll die Aufmerksamkeit möglichst vieler Menschen erregen.

MalStreams als pädagogische Übung

Die Reisenden wussten nicht, dass es sich bei MalStreams um eine Piratenseite handelte. Die Veranstalter sprechen von einer „pädagogischen Übung„. Die Aktion organisierte das britische Amt für geistiges Eigentum (UKIPO), die Federation Against Copyright Theft (FACT) und die British Association for Screen Entertainment. Das Ganze wurde finanziert von Sky, der Premier League und anderen Geldgebern und Lobbyvereinigungen.

MalStreams

Zu den Gefahren, auf die man auf der eigens dafür eingerichteten Website hinweist, gehören illegale Streams und Apps, die über kostenlose Streaming-Websites, Apps und Geräte bereitgestellt werden. Sie setzen die Verbraucher dem Risiko aus, dass Kriminelle auf persönliche Daten zugreifen und Angriffe durch Malware durchführen. Die Seite warnt auch vor Betrug durch Datendiebstahl und vor dem Kontakt mit ungeeigneten Inhalten.

Kampagne basiert auf mehreren Vorläufern

Nachdem sich die Besucher durch eine Reihe von Geschäftsbedingungen geklickt haben, weist man sie darauf hin, dass es „MalStreams“ in Wirklichkeit gar nicht gibt. Doch die meisten Besucher haben sich den Hinweis gar nicht mehr durchgelesen. Die Marketing-Kampagne basiert auf der Aktion „Stream Safely“ der US-amerikanischen Cable and Telecommunications Association for Marketing (CTAM).

BeStreamwise, Malstreams

Sie erinnert auch an eine Kampagne von DirecTV GO in Brasilien aus dem Frühjahr 2022. Dafür entwickelte eine Werbeagentur ein Skript für ein 90-minütiges Fußballspiel mit fiktiven Spielern. Die durchschnittliche Verweildauer der Zuschauer betrug immerhin 19 Minuten. Das wäre Zeit genug, um Schadsoftware einzuschleusen oder, wie in diesem Fall, um die erwünschte Werbebotschaft zu transportieren. In den sozialen Medien wurde der brasilianische Beitrag mehr als neun Millionen Mal aufgerufen.

Laut einer von BeStreamWise / MalStreams zitierten Studie von DynData gibt jeder dritte illegale Streamer im Vereinigten Königreich (32 %) an, dass er oder jemand, den er kennt, Opfer von Betrug, Scams und Identitätsdiebstahl geworden ist. Dies deckt sich mit den Ergebnissen des UKIPO von 2022. Mit der Aktion will man laut Miles Rees (UKIPO) dafür sorgen, dass die Verbraucher die Risiken besser abschätzen können, die bei der Nutzung von illegalen Quellen entstehen können.

MalStreams: Lieber nichts bezahlen und sich dafür komplett ausziehen?

Diverse Passanten gaben freiwillig ihre Daten preis

Allerdings hat das Ganze mehr mit Datenschutz als mit Urheberrecht zu tun, weswegen die PR-Kampagne zumindest teilweise am Thema vorbei geht. Laut PiracyMonitor.org haben offenbar zahlreiche Teilnehmer freiwillig zahlreiche Daten von sich preisgegeben, um Fernsehinhalte kostenlos lebenslang konsumieren zu können. Das zumindest sollte jeden nachdenklich stimmen.

Im Video zu MalStreams zeigten sich tatsächlich einige Passanten interessiert, keinen einzigen Cent für den neuen Dienst ausgeben zu müssen und gaben dafür freiwillig ihre sensiblen Daten mit dem Smartphone ein.

Zu den Angaben, die man verlangte, gehört: Vor- und Nachname, Vorlieben, Anschrift, Name der genutzten legalen Streaming-Anbieter, Bankverbindung, Anzahl der Mitglieder im Haushalt, Telefonnummer und last, but not least die eigene E-Mail-Adresse. Offenbar geben so manche lieber die letzten Details von sich preis statt Geld in den Konsum von Streams zu investieren.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.