Online-Überwachung
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Bildquelle: pxfuel

Kids Online Safety Act (KOSA): US-Zensur durch die Hintertür

Der US-Kongress stimmt bald über den Kids Online Safety Act (KOSA) ab. Wenn er durchkommt, dürfen Behörden durch die Hintertür zensieren.

Das Herzstück des geplanten KOSA-Gesetzes ist eine umfangreiche „Sorgfaltspflicht„. Diese will die US-Regierung den Betreibern jeder Website, App, jedem sozialen Netzwerk, Forum und Videospiel auferlegen.

Gemeint sind sogar kleinste Foren, die im Bedarfsfall sofort Maßnahmen ergreifen müssen, sollten Inhalte auftauchen, von denen die Politiker glauben, dass sie bei Minderjährigen „Ängste, Depressionen oder Drogenmissbrauch hervorrufen und andere schädliche Verhaltensweisen fördern können“.

KOSA will Minderjährige vor schädlichen Inhalten schützen

Der Gesetzentwurf macht jedoch Ausnahmen. KOSA nimmt Internetdienstanbieter, E-Mail-Dienste, Bildungseinrichtungen und andere bestimmte Einrichtungen wie Schulen, Nachrichtenportale, Bibliotheken und gemeinnützige Organisationen von den strikten Anforderungen aus.

Das Problem: Natürlich könnte fast jeder Inhalt in diese Kategorien passen. Das gilt beispielsweise für Diskussionen über wahrheitsgemäße Nachrichten von den Geschehnisse in der Welt. Also News über Drogenmissbrauch, häusliche Gewalt, Kriege, Waffengewalt oder der globale Klimawandel.

KOSA

Doch wie soll man damit umgehen? Im schlimmsten Fall, so befürchtet die Organisation EFF, könnten somit die Generalstaatsanwälte aller Bundesstaaten und die Federal Trade Commission (FTC), Klagen gegen Forenbetreiber, Games, Websites oder Apps einreichen, die nach Ansicht der Regierung die Liste der schlechten Dinge, die Kinder online beeinflussen könnten, nicht verhindern oder zumindest abschwächen.

Der Kids Online Safety Act ist ein Gummiparagraf

Ein Gummiparagraf. Deswegen wird es zweifelsohne zu berechtigten Meinungsverschiedenheiten darüber kommen, was an Inhalten neutral, gut, schlecht oder schädlich sein soll. Die Zensur in dem Gesetzentwurf ist so offensichtlich, dass er mit voller Wucht auf die berechtigte Wut der großen US-Technologieunternehmen stoßen wird. Denn an ihnen bleibt die Arbeit hängen und das Risiko, verklagt zu werden. Auch bleibt abzuwarten, ob der Kongress dabei bleibt, die Inhalte von Nachrichtenorganisationen dauerhaft von der geplanten Zensur auszunehmen.

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Foto: Lars Sobiraj.

… und öffnet der staatlichen Zensur Tür und Tor

Realistisch betrachtet gibt es unter dem Kids Online Safety Act gar keine Möglichkeit, nicht zu zensieren. Websites, die ernsthafte Diskussionen über psychische Probleme, Sexualität, Geschlechtsidentität, Drogenmissbrauch oder eine Vielzahl anderer Themen führen wollen, müssen Minderjährige bitten, die Seite zu verlassen. Wenn ein Kind die Regeln einfach ignoriert, wird früher oder später der neue US-Zensurhammer zuschlagen. In dem Fall müsste man Altersüberprüfungen vornehmen oder das Risiko möglicher Klagen auf sich nehmen.

Die Mitglieder des US-Kongresses sind nicht dazu qualifiziert, den Bürgerinnen und Bürgern vorzuschreiben, was sie lesen sollen. Weder Kindern noch Erwachsenen, weder online noch offline. Man sollte es Generalstaatsanwälten nicht erlauben, Bücher zu entfernen, weil sie deprimierend wirken oder Drogenmissbrauch fördern könnten. Nach Meinung der EFF sollte man ihnen auch nicht eine derartige Zensurbefugnis für das Internet zugestehen.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.