Firefox will mehr als nur „browsen“. Mit der verschlüsselten Sofortsuche startet Mozilla sein Comeback als Datenschutz-Rebell.
Der einstige Datenschutz-Held Firefox testet mit einem neuen Feature die verschlüsselte Sofortsuche und greift damit Google frontal an. Die neue Funktion soll den Nutzern das Surfen erleichtern und gleichzeitig deren Privatsphäre stärken. Mit dem datenschutzfreundlichen Protokoll Oblivious HTTP soll Schluss sein mit Tracking und Profilbildung. Der Befreiungsschlag in Sachen Datenschutz lässt jedoch nicht über die Frage hinwegtäuschen: Wie privat ist „Privacy by Design“, wenn Werbung mitmischt? Ein Blick hinter die Kulissen von Mozillas neuem Datenschutz-Experiment.
Mit „Encrypted Instant Search“ greift Mozilla wieder an
Mozilla startet mit der verschlüsselten Sofortsuche tatsächlich ein Comeback, das seinem rebellischen Ruf gerecht werden könnte. Der Browser, der einst als Gegenentwurf zu Googles Datensammelmaschine galt, meldet sich mit einem radikal neuen Konzept zurück, einer End-to-End-verschlüsselten Sofortsuche direkt in der Adresszeile. Sie garantiert keine Weiterleitung zu Suchmaschinen, kein Tracking und keine Identifizierung.
Die Technik dahinter: Oblivious HTTP
Das Herzstück bildet das Privacy-Protokoll „Oblivious HTTP“, das Suchanfragen anonymisiert und verschlüsselt über sogenannte Relays leitet. Damit soll endlich technisch möglich werden, was Konzerne seit Jahren versprechen, aber nie lieferten, nämlich schnelle Suchergebnisse ohne Überwachung. Das von Mozilla und Fastly entwickelte Protokoll stellt sicher, dass Nutzeridentität und Suchinhalt strikt voneinander getrennt bleiben. Es fungiert als digitaler Sichtschutz, der verhindert, dass jemand beide Informationsseiten miteinander verknüpfen kann.
Mozilla sieht hier zwar die Suchanfrage, kennt aber nicht die IP-Adresse des Nutzers. Umgekehrt weiß der Relay-Server von Fastly, über den der Datenverkehr läuft, zwar die IP-Adresse, aber nicht den Inhalt der Suche. Ein technisches Schachspiel gegen das Tracking, das in dieser Form einzigartig ist.
Mozilla beschreibt das System als „Privacy-first“-Ansatz, der den Grundsatz „Wir wollen nicht wissen, wer du bist“ auf technischer Ebene erzwingt. Damit positioniert sich Firefox deutlich gegen Google Chrome, wo jede Suchanfrage letztlich ein Datenpunkt mehr im Werbeprofil ist.
Doch da war noch was: Werbung in der Adressleiste
Während Datenschützer schon applaudieren, regt sich zugleich Skepsis in der Community. Denn Mozilla will mit der neuen Funktion gesponserte Inhalte integrieren. Offiziell natürlich „kontextbezogen“ und „privacy-friendly“. Doch die Grenze zwischen nützlicher Information und bezahlter Beeinflussung bleibt fließend.
Schon 2021 hagelte es Kritik, als Firefox ähnliche Werbeexperimente testete, etwa mit den umstrittenen „Sponsored Tiles“ im neuen Tab-Bereich. Vertrauen ist schnell verspielt, gerade bei einer Community, die den Browser wegen seiner Werbefreiheit nutzt.
Mozilla setzt mit Firefox ein Zeichen in der Browser-Welt
Mozilla kämpft seit Jahren mit sinkenden Nutzerzahlen. Der neue Ansatz soll Relevanz und Reichweite zurückbringen und zeigen, dass Firefox noch Innovationsgeist besitzt. Gleichzeitig könnte die Funktion ein neues Standardmodell für anonyme Suchvorschläge im Web setzen.
Mit dem KI-basierten Atlas-Browser von OpenAI steht zudem ein neuer Konkurrent in den Startlöchern. Mozilla versucht, sich zu behaupten, mit einem klaren Fokus auf Ethik statt auf Algorithmus. Wenn das Experiment gelingt, könnte Firefox wieder zum Datenschutz-Pionier werden. Scheitert es, bleibt das Feature nur ein weiteres Kapitel im Überlebenskampf eines einst rebellischen Browsers.
Laut Mozilla wird die verschlüsselte Sofortsuche zunächst in den USA getestet, bevor sie schrittweise in weiteren Regionen verfügbar sein soll. Der Rollout erfolgt im Laufe des kommenden Jahres, abhängig von Performance und Nutzerfeedback.
Firefox-Browser: zwischen Datenschutz und Dollarzeichen
Mozilla will beweisen, dass Privatsphäre und Komfort kein Widerspruch sind. Mit der verschlüsselten Sofortsuche macht Firefox einen großen Schritt in Richtung selbstbestimmtes Surfen. Doch sobald „sponsored results“ ins Spiel kommen, könnte das Gleichgewicht kippen. Die Herausforderung besteht darin, Privatsphäre zu verkaufen, ohne sie zu verraten.


















