Höchstgericht
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Schweden: Höchstgericht lehnt Gefängnisstrafe für Piraterie ab

Das Höchstgericht in Schweden hat in einem aktuellen Urteil festgestellt, dass Piraterie kein Verbrechen sei, das eine Gefängnisstrafe rechtfertigen würde.

Schwedens Höchstgericht hat in einem Fall zum Thema Urheberrechtsverletzung nun eine wichtige Entscheidung erlassen. Statt dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Haftstrafe zu folgen, hat sich der Gerichtshof gegen eine Gefängnisstrafe ausgesprochen: Gefängnis stelle keine angemessene oder nur im Ausnahmefall angemessene Strafe für dieses Vergehen dar. Diese Entscheidung wirkt somit zugleich richtungsweisend für künftige Fälle zum Thema Urheberrechtsverletzungen, berichtet TorrentFreak.

Höchstgericht lehnt Höchststrafe für Piraten ab

Der Trend in den letzten Jahren ging dahin, dass Staatsanwälte Verstöße gegen Urheberrechtsverletzungen als schwerere Straftaten angesehen haben, die oft mit dem Diebstahl physischer Güter vergleichbar waren. In vielen Fällen sowohl in den USA, als auch in Europa bedeutete das für Urheberrechtsverletzer, dass sie auch durchaus mit Gefängnisstrafen rechnen mussten.

Nun hat das schwedische Höchstgericht ein Urteil aus der Vorinstanz bestätigt. Diese hatte bereits festgestellt, dass Haft keine adäquate Strafe für geringfügige oder mittelschwere Urheberrechtsverstöße sei und auch nicht im Rahmen des juristischen Vorgehens gegen Filesharer angenommen werden sollte.

In dem Fall ging es um einen 50-jährigen Betreibers eines privaten Torrent-Trackers mit dem Namen „Biosalongen“. Die Seite wurde 2013 von den örtlichen Behörden eingestellt, der Betreiber verhaftet und angeklagt. Ihm wurde zur Last gelegt, mindestens 125 TV- Shows sowie Filme über die Website angeboten zu haben, darunter Rocky, Alien und Star Trek. Nachdem der Mann zunächst für nicht schuldig plädiert hatte, wurde der Fall vor Gericht gestellt.

Biosalongen bis 2013 online

Im Sommer 2015 verurteilte ihn das Berufungsgericht in Göteborg wegen Urheberrechtsverletzungen zu acht Monaten Gefängnis. Gegen dieses Strafmaß legte er jedoch Berufung ein. Unterstützung erhielt er von der Staatsanwältin My Hedström, die höchstrichterlich geklärt haben wollte, wie das Strafmaß für diese Art von Straftaten letztlich ausfällt. Sie wollte Gewissheit darüber, ob Bußgelder und Bewährungsstrafen geeignet sind. Oder doch eine Haftstrafe für Piraten angebracht wäre, wie die meisten Urheberrechtsinhaber sie verlangen.

Der Oberste Gerichtshof (Höchstgericht) hat nun seine Entscheidung erlassen. Im Mittelpunkt der Frage, die sich das Höchstgericht gestellt hat, steht die Länge bzw. der „Wert“ der Strafe („Penal value“), wie das International Law Office erläutert: „Ob ein Verbrechen mit Gefängnis bestraft werden soll, wird in der Regel auf der Grundlage seines Strafmaßes bestimmt. Wenn der Strafwert weniger als ein Jahr beträgt, sollte die Inhaftierung ein letzter Ausweg sein.“

Urheberrechtsverletzungen kein Kapitalverbrechen

Somit werden Strafen mit einem „Strafwert“ von unter einem Jahr als geringfügig angesehen. Außer es liegen besondere Gründe vor, die eine Haft dennoch erforderlich machen. Da im vorliegenden Fall ein „Strafwert“ von sechs Monaten vorlag, sei auf Basis dieses Zeitraums auch keine Freiheitsstrafe gerechtfertigt. Gemäß dem Urteil dürfe das Höchstgericht generell keine Richtwerte bzw. Empfehlungen vorgeben, dass man solche Verstöße mit Haft ahndet. Auch muss man künftig den Grad der Schwere einer Straftat wesentlich stärker in Betracht ziehen.

Nach einer Analyse des Urteils von Henrik Wistam und Siri Alvsing der Lindahl-Anwaltskanzlei stellt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs eine generelle Änderung der bisherigen Rechtsprechung zu Strafen wegen illegalem Filesharings dar. Als Vergleich führen sie den Fall von The Pirate Bay an. Hier wurden die drei Angeklagten – Peter Sunde, Fredrik Neij und Carl Lundström – noch zu Gefängnisstrafen von acht, zehn bzw. vier Monaten verurteilt. Weiterhin meinen sie: „Der Oberste Gerichtshof (Höchstgericht) hat jetzt die Sicht auf den „Strafwert“ einer Straftat gelenkt. Dies ist eine willkommene Entwicklung. Obwohl Rechteinhaber möglicherweise von einer strengeren Sichtweise und einer Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung eher profitieren würden.“

Bildquelle: Poposky, thx! (CC0 1.0 PD)

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Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.